Resonanzboden

Mit den Fingerspitzen taste ich die Gipsstege der Formen des Väterreliefs ab, die mit Schellack abgesperrt sind. Sie trennen die Scherben voneinander, die mit Pappmaché abgegossen, getrocknet und bemalt werden.

Leinöl, Terpentin, Spiritus aus den Regalen. Ölfarbtuben, Paletten, eingetrocknete oder ölweiche Pinsel. Gestern war das Relief Nummer 5 fertig bemalt. Die Klänge aus den wenigen Grundfarben, auf die ich mich beschränkt habe, erfüllen mich auf angenehme Weise, rücken den Alltag hinter einen Filter.

So hat auch er, je mehr ich die Kompositionen spüre, die Möglichkeit zu leuchten.

In den Buchmalereien spielt das Farbenpiano. Bögen aus der Hand führen in den Klang. Resonanzboden ist der sich ausweitende Erinnerungsraum.

Abrissgreifer | Biotope

Durch die anhaltende Konzentration auf die Reliefmalerei, komme ich doch zu einer anderen Qualität, die mir die Arbeit leichter macht. Gleichzeitig gibt es aber eine Form von Beschleunigung, die zusammen mit der Kontinuität eine Gravitation entstehen lässt, die wie ein Strudel wirkt. Alles, was nicht mit der zentralen Bewegung zutun hat, bleibt an der Peripherie zurück. Dann ist es Zeit, auf die Bremse zu treten.

Ich höre Bill Evans als spielerisch-ruhigen Solisten.

Ich vernachlässige die Arbeit an Rolle 8. Eine Weiterentwicklung wäre mir an dieser Stelle wichtig.

Im Restaurant gegenüber sitzt ein Mauereidechsenexperte mit Vertretern der Abrissfirma, die auf Teves Ost Arbeitet, beim Kaffee. Die Erschütterungen stören den Winterschlaf der Echsen… Die riesigen Greifer der Rückbaumaschinen und die Gewalt der Verdichtungszerstörung, stehen den gewachsenen Biotopen gegenüber, die auf den Brachflächen entstanden sind.

Verdichtung folgt Verdichtung

Die Reliefteile des Doppelportraits der Väter, die bereits fertig bemalt sind, will ich vor die große gespannte Leinwand im Atelier hängen. Wenn sie an Schnüren hängen, die am oberen Holm des Rahmens befestigt sind, kann ich sie in übereinander anbringen, um ihren Zusammenklang zu überprüfen. Gegebenenfalls ist dann noch ein malerisches Eingreifen möglich.

Auf den Nachbargeländen sind nun Abrissarbeiten im Gange. Das schafft eine ambivalente Stimmung zwischen Destruktion und Verdichtung. Der Rückbau relativ moderner Gebäude, die Dekonstruktion inspiriert mich dazu, die Arbeit zum Abriss des Palastes der Republik in Berlin, mir noch einmal vorzunehmen. Oben habe ich Figurenumrisse, angefüllt mit dem Stahlgebälk des Baus, aus den Siebzigerjahren, eingefügt. Sie stammen aus dem Jahr 2007 von Rolle 5.

Die Malerei geht kontinuierlich voran. Daneben interessieren mich aber andere Vorgehensweisen, die die Transparentpapierarbeiten von den vorhandenen gezeichneten Rollen, mit einbeziehen. Gerne würde ich das Material noch einmal auf Transparentpapier übertragen und auf die weißen Flächen, zwischen den Rasterpunkten, kleben. Kleinere Collagen, im Experimentalstadium, führen mich dahin.

Die Verdichtung der Stadt folgt meiner zeichnerischen Arbeit und meine Arbeit folgt ihr…

Rollenarchiv

In den alten Transparentpapierrollen, die mittlerweile wie ein Archiv meiner Arbeitsphasen sind und weit deutlicher bildnerische Schritte zur Erweiterung der Themen zeigen als die Buchmalereien, befinden sich immer wieder überraschende Details, die ich vergessen hat.

So spielte eine skythische Hirschfigur, die in der Hüfte um 180° gedreht ist, eine Rolle bei Loop, auch Auf- und Rückbau des Palastes der Republik. Ich habe diese Drehmitarbeit mit der liegenden 8 des Unendlichkeitszeichens gegenüber und gleichzeitig das Stahlgerüst des Baus genauso gedreht.

Den Tanzfigurenumriss, den ich bin 20.11. dieses Jahres, füllte ich es mit den Stahlgeflechten der Rückbaubilder an. Beim Aufrollen des Papier erscheinens Kombinationen mit indischen Architekturversätzen oder solchen, die in Wien eine Rolle gespielt haben, als ich die „Handprint Wien lief“ lief.

Auch eine Packpapierzeichnung, die ich vom Dach des Rohbaus aus, in Richtung Westen anfertigte, findet sich zwischen verschiedenen Figuren. Die programmatische Blickrichtung der Skizze, versteckt damals ich in meinem Soldatenspind zwischen Buchseiten.

Ich stelle mir diese ganzen Bilder zwischen den Rasterpunkten des großen Doppelporträts, innerhalb der weißen Flächen, vor.

Abstrakte Biografie

Auf den Transparentpapierrollen 5 und 6 habe ich Überlagerungssequenzen gefunden, in denen ich mich mit Figurationen des Rückbaus des Palastes der Republik beschäftigt habe. Damals verband ich den Vorgang, den ich für mich selbst, weil ich am Bau des Gebäudes beteiligt war, als Loop bezeichnete, mit Tanzzeichnungen und mit dem Projekt „Frankfurter Kraftfeld“. Eine dieser Tanzzeichnungen tauchte jetzt wieder auf (Collage / 20.11.), allerdings angefüllt mit der Manjurishree-Sequenz und mit dem neuen Scherbengericht.

Dieses Material spielt eine Rolle für das Väterprojekt, das auf Rolle 8, in den Buchmalereien und in der Bemalung der Reliefs fortgeführt wird.

In diesem Zusammenhang ging mir der Begriff „Abstrakte Autobiografie“ durch den Kopf.

Von Vinzenz bekam ich eine GPS-Spur aus Brüssel geschickt. So zeichnet auch er gehend. Das gefällt mir.

Lenin | Design

Auf meinem Zeichentisch liegt das Programmheft zu dem Stück „Macbeth“, das wir, in der Übersetzung von Heiner Müller, letztens im Berliner Ensemble gesehen haben. Das Heft ist in dem Design gedruckt, das der Intendant aus Frankfurt mit in die brandenburgischen Sümpfe genommen hat. Der hiesige Intendant, der auf ihn in Frankfurt folgte, behielt das äußere Erscheinungsbild der Druckwerke bei. Somit doppelt sich für uns nun das Lektürebild. Die Darsteller sind ausgetauscht, und wachsen wieder schnell an die Abonnentenherzen.

Die jungen Menschen, die jeden Morgen mit den Algorithmen aufwachen, schreiben über die Rezeption von Heiner Müllers Texten, über die Kritik daran und sein Verhältnis zu Lenins Schriften.

Diese werden mit Lust zitiert, in langen Passagen. Ich habe die dicken Wälzer mit den roten Ledereinbänden nur selten aus den DDR – Bücherregalen herausgenommen. Jetzt finden sich diese Wörter neu zwischen dem radikalen Modeton im Frankfurter Design. Die Worte klingen auch anders.

Gestern malte ich wieder fleißig und lange und rätsele darüber, wie ich die Pappformate des Väterportraits zusammenmontiere. Das soll locker sein, mit etwas Abstand, an Schnüren hängend…

Unschärfen | Routine

Die Malerei am 6. Relief habe ich nun vorläufig beendet. Das heißt, dass ich später noch ein paar Akzente setzen werde. Vorher aber beginne ich mit dem nächsten. Eigentlich will ich nun schnell mit dem ersten Exemplar des, aus 16 Teilen bestehenden, Reliefs fertig werden, damit ich mich an die anderen Techniken und Stile begeben kann, die bei den nächsten Doppelportraits eine Rolle spielen sollen. Wenn dies vorübergehend Routine einfließen lässt, will ich das hinnehmen und schauen, was sich daraus noch entwickelt. Geduld ist angesagt.

Die Buchmalereien zeigen, dass Geduld auch Freude machen kann. Die schwimmenden Unschärfen treten wie Nebel zwischen die harten Kanten der Frottagen und ihrer Strichverstärkungen. Das möchte ich in die nächste Reliefmalerei einführen. Die Scherben können sich in Wolken auflösen. Das nächste Exemplar, die Nummer 7, eignet sich für dieses Vorgehen weniger, weil dieser Teil des Rasterpotraits nur aus wenigen Punkten besteht. Aber die 8, mit der ich weitermalen werde, bietet mehr Scherbenflächen, die in dieser Weise gestaltet werden können.

Gestern war unsere Gärtnerin Vanessa da. Wir beschäftigten uns mit den Kräutern und einer Pflanze, die ich seit zwei Jahren in meinem Gärtchen habe und noch nicht identifizieren konnte. Sie heißt Topinambur, hat hohe Stengel, gelbe Blüten und essbare Wurzelknollen, sagt die Expertin. Ich erntete ein paar Kilo und möchte sie gerne in meiner Küche verarbeiten.

Alchemie

Alchimistenküche – ein paar Blättchen vom indischen Schellack mit etwas Bienenwachs in ein kleines Glas mit Spiritus streuen, die Espressomaschine summt auf der Herdplatte und die Ölfarben für die Reliefmalerei versuche ich mit Schellack zu mischen, um dann kalte, helle, grünblaue Töne entgegen zu setzen.

Glenn Gould zeigt mir, wie man Spannungsbögen aufbaut und Räume mit Bewegungen, seiner Stimme und den Instrument schafft.

Mich erinnert das an die Mönche in Ladakh, ihre Handbewegungen, während der Zeremonien, ihre tiefen Stimmen und die Rhythmen der großen Trommeln.

Das Schamanische des Pianisten.

Gleich kommt die Gärtnerin, mit der wir etwas mehr Wildnis über den Beton und die Steine, die sich in den letzten hundert Jahren hier auf Teves West angesammelt haben, bringen wollen.

Malerei am Relief Nummer 6 des ersten großen Väterportaits gestern. Heute will ich daran weiterarbeiten. Ein neuer Rechner stahl mir gestern eine Menge Zeit, die ich eher dafür aufwenden wollte.

Gewalt beobachten

Gestern arbeitete ich lange am 6. Relief des großen Väterportraits. Dabei muss ich mich etwas disziplinieren, um dieses Exemplar in etwa dem Stil zu beenden, in dem ich es begonnen habe. Die Experimente gehen weiter und sind schon an anderen interessanten Arbeitsweisen angekommen, die mich aus der „nostalgischen“ Lasurmalerei herausführen werden.

Die Collagen, Überlagerungssequenzen und Rückgriffe auf älteres Material, bilden neue Gestaltungsräume für die Arbeit am nächsten Portraitexemplar.

Manchmal kann ich kleinere Wutausbrüche beobachten, die sich an meinen Installationen im freien Raum draußen vor dem Atelier, Platz verschaffen. Man könnte das als allgemeinen „normalen“ Vandalismus betrachten. Mir scheint aber, dass die Hinwendung zu gewalttätigen Verhaltensweisen, die in der Gesellschaft zu beobachten ist und verschiedene Gründe hat, nun bis in meine nähere Peripherie vordringt.

Die beobachtende Position ist luxuriös, kann nur aus einer stabilen Situation gelingen. Sie folgt aus beständiger Produktivität, die ich manchmal etwas abbremsen muss, um mich nicht zu überfordern.

Kombinierend verdichten

Einen verästelten Zweig begann ich vor einiger Zeit mit Pappmache zu ummanteln. Schicht um Schicht ist bisher getrocknet und bildete eine pflanzenartige Kleinskulptur. Am vergangenen Wochenende habe ich gerade Kanten und Flächen hinzugefügt, die einen Kontrast zu den fließenden Formen bilden. Nun können Reliefteile des Väterprojektes addiert werden.

Der Debütroman der holländischen Autorin Lize Spit „Und es schmilzt“ hatte in einer Bühnenfassung in den Kammerspielen Premiere. Ein anstrengender Abend nach einer anstrengenden Arbeitswoche. Die Reduktion eines Romanstoffes für die Bühne müsste einen Mehrwert an Textdichte erzeugen. Das geschieht meist nicht. Regie und Schauspielerleistungen waren dennoch geschlossen und reich an Qualitäten.

Die Umrissfiguren der Tanzzeichnungen von 2003 konfrontierte ich weiter mit dem neuen Scherbengericht. Es entsteht auf Rolle 8, wie auch die Sequenzen mit den Kombinationen aus Tanzfiguren und Splitterflächen.

Ansonsten beschäftigte ich mit den Aufnahmesessions von „Highway 61 Revisted“. Die Methoden der Songgestaltung kann ich auf meine Collagenarbeit übertragen und die Konfrontation unterschiedlicher Themen und Stile pflegen. Ich hörte 20 verschiedene Einspielungen von „Like a Rolling Stone“, als Walzer, als Blues und so weiter.

Scherben aus dem Aushub

Höhepunkt der vergangenen Arbeitswoche war die Tanzzeichnung deren Figurenumrisse ich mit den, auf Rolle 8 durchscheinenden Sequenzen der Alchifigur und des neuen Scherbengerichtes, anfüllte.

Heute kommen Schüler in mein Atelier, die mit den Strukturen meiner Väterarbeit eigene Experimente machen sollen, aber auch, am Ende der Arbeit, ein ganzes großes Portrait in eigener Regie fertig stellen sollen.

In diesem Zusammenhang gehen mir die Beziehungen durch den Kopf, die ich mit dem, was ich seit vielen Jahren hier im Atelier zeichne und meiner Umgebung, eingegangen bin. Zunächst gibt es das Arbeitstagebuch, das ein Angebot für alle ist, die mit mir zutun haben, sich näher mit meiner Arbeit zu beschäftigen. Ich spüre bei meinen Gesprächpartnern auch oft ein Wissen von meinen künstlerischen Vorgehensweisen, worüber ich mit ihnen nicht gesprochen habe. Es gibt auch Stadtführungen durch das Viertel, die in meinem Atelier Station machen. Hier halte ich einen Vortrag über mein aktuelles Projekt und vergewissere mich dadurch selber über den Stand der Dinge. Die Ausstellung von Scherben aus einem Aushub auf dem Tevesgelände im MAK, war der Aufbau einer Beziehung des Untergrundes meiner Arbeitsumgebung mit dem Scherbengericht des Väterprojektes.

Solche Zusammenhänge gibt es mit verschiedenen Arbeitsbereichen der Stadtgesellschaft, wie Naturschutz, Bildung, Theater und Architektur.

Straffung der Produktion

Das Anfüllen der Figurenumrisse der Zeichnung aus dem Ballettsaal der Forsythecompany, mit Teilen des neuen Scherbengerichtes und der Figurensequenz aus Alchi, ist gut gegangen. Fast ist die Zeichnung ein wenig zu schön geraten, was ich versucht habe, mit der Collage oben, zu korrigieren. Durch die Konfrontation mit der zweiten Buchmalerei von heute, die ich an einer Stelle perforiert habe, um einen milchigen Durchblick auf die gestrige Collage zu bekommen, ist das Ornamentale etwas gekippt.

Der Versuch hingegen, der sich auf die Idee vom 12.11. bezieht, eine weitere Zersplitterung auf sehr dünnes Papier zu zeichnen, um sie dann auf die entsprechende Partie einer Scherbe des Reliefs mit Schellack zu kleben, misslang. Das lag daran, dass sich die Landschaft des Reliefs unter der Zeichnung, zu wenig abhob.

Es wäre notwendig dieses erneute Scherbengericht noch einmal zu modellieren.

Ich bin gebeten, meine stadtteilbezogene Arbeit seit dem Beginn des vorigen Jahres darzustellen. Diese Anforderung geht aus dem § 9 meines Mitvertrages hervor. Das ist eine Bitte, der ich gerne nachkomme. Es gibt nichts, was ich so gerne mache, wie meine Arbeit ordnend und knapp zu beschreiben. Das hat meistens eine straffende Wirkung auf die Produktion.

Scherbengerichte | Tanzfiguren

Auf Rolle 8 begann die Ausführung dessen, was mir in der Nacht zuvor durch den Kopf gegangen war. Eine modellierte und abgeformte Scherbe des 5. Reliefs, also aus dem 2. Scherbengericht, war die Vorlage einer Frottage. Die Graphitlinien wurden durch eine Rohrfederzeichnung verstärkt und durch die Rollüberlagerungen, aus denen die durchscheinenden Linien in die Umrisse gezeichnet werden, verdichtet. Teile davon sind oben in die Collage eingefügt. Dann zeichnete ich eine zweite Scherbe dazu und bearbeitete sie genauso, was auch zu Rückwirkungen auf der ersten führte.

Zwischen dem vorausgegangenen Motiv aus Alchi und der ersten angefüllten Scherbe entstand eine Lücke, in die genau eine Tanzzeichnung aus dem Ballettsaal der Forsythecompany vom Jahr 2003 passte. Es handelt sich um eine Gruppe von Umrissfiguren, die nun mit einer Mischung aus der schon überlagerten Alchifigur und den Linienverdichtungen dieses erneuten Scherbengerichtes von gestern angefüllt werden.

Diese Serie von Tanzfiguren wird mir immer wichtiger. Sie sind wie die schwebenden Textteile der Dylansongs, die von irgendwoher erscheinen und unvermittelt zwischen der Erzählung stehen. Ich finde, dass eine solche Zeichnung eine gegenständliche Verankerung bildet und einen anderen Reiz, der die Wahrnehmung korrigieren kann.

Methoden

In der Nacht gingen mir Ideen, die Techniken der Sequenzen auf den Transparentpapierrollen und die der Buchmalereien auf die Reliefs zu übertragen. Dabei könnten Frottagen der Formen durch die Überlagerungszeichnungen mit Rohrfedern und Tusche verdichtet werden. Dann eignen sich einzelne Scherben, die dann noch zweimal zersplittert wurden, als Collagenteile, die dann mit einer Schellackschicht aufgeklebt werden. Das sollte ich an kleineren Scherben erst einmal probieren, um zu schauen, ob es sich für größere Flächen eignet.

Gestern habe ich noch lang in den Abend an Der Manjurishree-Sequenz auf Rolle 8 gearbeitet. Einen Ausschnitt habe ich oben in die Collage eingefügt.

Es ist allerdings auch möglich, von den Strukturen der Reliefunebenheiten auszugehen, um sie als Anhaltspunkt für Verdichtungen anzusehen.

Am Abend las ich noch ein wenig über Produktionsmethoden von Bob Dylan. Das hat mich neu inspiriert. Das Zusammenfügen von scheinbar zusammenhangslosen Gegenständen, kann ich als Instrument ernsthafter Suche nachvollziehen.

Biennale

Nach einer knappen Woche in Venedig, wo wir uns die Biennale angeschaut haben, sind mir die Tätigkeiten hier im Atelier angenehm nah und wohltuend. Erstmalig wurde mir der Zuckerguss in der Lagunenstadt etwas zu viel, was natürlich mit am Tourismus, d.h. an der Vermarktung der Stadt liegt. Auch die Kunstwerke erreichten mein wirkliches Interesse nur an wenigen Stellen. Ich muss schauen, wie der Besuch nachwirkt, ob sich das Erlebnis der großen Ausstellung auf meine Arbeit auswirkt.

Meine Buchmalereien erscheinen mir eher schwächer, als brauchten sie einen Veränderungsschub.

Sehr angenehm, wie auch beim vorigen Mal, war das Wohnen nahe dem großen Kanal, mit einem atemberaubenden Blick von der Dachterrasse über die Dächer, Kuppeln und Kanäle. Zwischen dem Nordwestufer und der Friedhofsinsel San Michele war eine temporäre Pontonbrücke gebaut worden, auf der wir über das Wasser spazierten. Die Perspektiven waren ungewohnt und reizvoll.

In den Wochenendtagen räumte ich nun fast alle Pflanzen auf meine Regalkonstruktion, die in jedem Jahr etwas anders aussieht. Diesmal gibt es eine pyramidale Symmetrie. Das hat etwas Barockes.

Kulissen

Das Gehen zwischen den improvisierten Kulissen für eine Schauspielprobe führt durch Lichtkegel, die Kreise auf einem Bühnenboden voller Klebebandmarkierungen projizieren. Wann bin ich vom imaginierten Zuschauerraum oder vom Regietisch aus zu sehen? Wann muss meine Mimik der geforderten Stimmung entsprechen, die ich im Schatten hinter einer Wand noch einmal ausprobieren kann. Hinter mir stehen bereitgestellte Wandkonstruktionen für den Umbau auf den nächsten Akt, dessen Text schon in meinem Kopf rumort?

Es gibt Bereitstellungsflächen für Kulissen und für Blöcke von Menschen, die gleich nach dem Warten, mit geübtem Fähnchenschwenken und der richtigen Mimik an einer Tribüne vorbeimarschieren werden. Sie sind die Darsteller und Darstellerinnen des Volkes. Ich fotografierte die Tribünen von hinten und pochte somit, argwöhnisch von uniformierten und nicht uniformierten Wächtern beobachtet, auf die Verschiebung meiner Perspektive.

Später arbeitete ich gerne mit den Räumen des Tanzes. Die Ensembles, mit denen ich zutun hatte wechselten, aber nicht die Fragestellungen des Spannungsaufbaus. Die Tanzzeichnungen unterfüttern die Gravitationsschwünge der heutigen Buchmalereien. Auf Rolle 8 kann ich die Perspektiven miteinander konfrontieren.