Gustavsburgplatz | Kolaborei

Die Gustavsburgplatz-Wanderung, die ich mit den Schülern machte, zeichnete ich mit Feder und Tusche auf Rolle 8. Unterschiedliche Vergrößerungen verschränkte ich mit Umrisszeichnungen aus den aktuellen Buchmalereien. Die gewanderten Linien sind schwungvoll, kräftig und expressiv. Nun können wir Frottagen von den Fundstücken machen und sie mit der Wanderungsstruktur collagieren.

Ich denke über autobiografisches Material nach, das ich mit einer größeren Handprintwanderung verbinden möchte. Mir sind die Portraits der Zöglinge in Gerode wichtig. Das Zusammenspiel des barocken Klosters mit dem stalinistischen Erziehungswesen führt direkt zu meiner Arbeit „Der Rock`n Roll höhlt einen Jungpionier aus“, die ich im Jahr 1995 für Keith Richards gemacht habe. Auch sie und die Tanzzeichnungen, die ganze Bühnenarbeit, die ich machte, sollen mit einfließen.

Die „Kolaborei“ mit Franz ist weiterhin fruchtbar. Er hat nun ein größeres Reliefteil bemalt, an dem ich weiterarbeiten möchte. Ich brachte ihm die Figurenreihung mit Synaptischer Kartierung auf Transparentpapier über seinem Elchgeweih zurück. Langsam entsteht eine Reihe von spannenden Arbeiten.

Bis in die finstere Nacht

Die Schüler gingen wilde Schleifen über den Gustavsburgplatz. Auf einen fest installierten Schachtisch legten wir unsere Fundstücke. Mehrmals ordneten wir sie neu und fotografierten es jeweils. Im Atelier zeigte ich ihnen, was man mit den flachen Gegenständen, Transparentpapier, Schellack und Graphit machen kann. Die Zeit mit ihnen, in der normalerweise meine Mittagspause stattfindet, geht schnell vorüber.

Am Morgen begann ich wieder mit einem Handballenabdruck. Diesmal von 02_15_2010_002 nach 11_27_2020_002. Oft ist es das zweite, das Mittlere Format, mit dem ich mich intensiver beschäftige. Dabei lese ich in dem alten Tagebuch und erfuhr, dass ich in Kolkata Videoschnipsel gemacht habe. Die will ich nun suchen und mir anschauen.

Gestern wurde ich mit dem 8. Relief fertig. Bis in die finstere Nacht zeichnete ich Ornamentales in die Splitterumrisse. Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis. Es hat viel Geduld gebraucht! Vielleicht mache ich nun eine kleine Pause und beschäftige mich mit der Franz-Frank-Kooperation.

Neuer Handprint

Das neue Handprintprojekt habe ich nun in der Weise vorgestellt, dass meine Biografie bei der Erarbeitung eines Werkes mit den Wanderungslinien und Fundstücken, eine entscheidende Rolle spielen soll. Somit hat sich das Vorhaben um ein Stück weiter konkretisiert, bei Bewahrung meiner absoluten Autonomie in der Gestaltung. Es sollen nun weitere Kontakte zu anderen Organisationen hergestellt werden, weil das Projekt in einem größeren Rahmen auftreten soll.

Mit Franz verabredete ich mich für den Freitag, um wieder Dinge auszutauschen, an denen wir gemeinsam arbeiten. Das strenge Geschehen der Kontinuität, das ich mir selbst auferlegt habe, wird dadurch etwas unterbrochen. Inspirationen laufen in andere Richtungen.

Nachdem ich das GPS-Gerät wieder so eingestellt habe, dass es Tracks aufnimmt, will ich die Wanderung um den Gustavsburgplatz, die ich mit meinen Schülern gemacht habe, noch einmal unternehmen und sie diesmal aufzeichnen. Dann kann ich ihnen den Ausdruck der Linie, im Vergleich zu einer Wanderung an derselben Stelle, die ich vor einigen Jahren gemacht habe, zeigen. Das Ziel ist die Vorbereitung des neuen Handprints, mit der Erkundung der Collagetechniken mit Transparentpapier, Fundstücken und den GPS-Linien.

Opferstätte

Einen neuen Handprint, also eine mehrmonatige Wanderung durch eine Stadt, in Form meines Handabdrucks, würde ich gerne mit meiner Biografie verbinden. Dann könnten, beispielsweise die Pionierportraits aus Gerode, eine neue Heimat finden. In dieser Weise würde ich Erinnerungsfragmente mit der Stadtkartierung verbinden. Der persönlichste Zugriff, der mir derzeit einfällt.

Voraussetzung für die heutigen Buchmalereien ist ein Handballenabdruck aus 02_12_2010_001. Ihn setzte ich wieder in die zweite Malerei und übertrug weitere gefundene Linien in die anderen beiden Formate. Ein Jungpionierportrait mit einem Stück Handprint Frankfurt, setzte ich in die heutigen Collagen ein. Außerdem kramte ich die Fundstücksammlung, die ich 2014 mit Frottagen, Schellack und Tuschezeichnungen schichtete, heraus.

Im Zusammenhang mit meinen Aufzeichnungen, die ich in Kolkata gemacht habe, lese ich von erkaltetem Teer und geronnenem Blut an der Opferstätte des Kali Tempels. Ich denke an das Stahlgebälk des, im Rückbau befindlichen Palastes der Republik, mit dessen Umrisszeichnung ich eine Flakturmsilhouette aus Wien anfüllte.

Kompaktere Form

In den Eintragungen des Tagebuches von 2010 lese ich von Reiseeindrücken in Kolkata und in den Sunderbans. In dieser Mangrovenlandschaft sind Malereien entstanden, von denen ich eine als Ausgangspunkt für meine heutigen Malereien nahm. Das ist übertragen und gezeichnet, wie ich meine, dass Erinnerungen funktionieren. Und die Bezeichnungen dieser Malereien beziehen sich auf die Daten ihres Entstehens. Der Zeitraum, der dazwischen liegt, ist ein Entwicklungs- und Experimentalraum. Am deutlichsten wird das in der dritten Collage von heute, in die ich den Scan der zehn Jahre alten Malerei mit verwendet habe.

Ein Spaziergang am Waldrand zwischen Schlossborn und Glashütten, eröffnete durch die herabgefallenen Blätter mehr Transparenz. Die Wiesenlandschaften, Kuhweiden und Pferdekoppels wurden sichtbar. Ein verwunschener Garten mit einer kleinen, geschwungenen Brücke über einen Bach, lüftete ein Stück seines Geheimnisses.

Dabei denke ich noch einmal an die Vorgänge, die während der Malerei ablaufen. Ich zog die vagen Linien des Handballenabdrucks nach, verwischte sie dann wieder, um sie erneut konkreter und kräftiger nachzuzeichnen. Die zarten Linien werden verstärkt. So festigt sich eine Form, wird kompakter.

Kolkata | Gewimmel | Schüler

Aus der Malerei, mit der Signatur 02_09_2010_003, übertrug ich, wie ich das auch in den letzten Tagen machte, einen Handballenabdruck in das aktuelle Tagebuch. Eine Bootsform und ein paar Linienstrukturen haben sich mit den Figuren, die aus den Gravitationsschwüngen entstanden sind, verbunden. Die Erinnerung führt in die Tage zurück, während derer diese Tagebucheintragungen entstanden sind. Auf der großen Eisenbrücke von Kalkutta, die nicht fotografiert werden durfte, schleppten Heerscharen von Trägern, Waren vom Bahnhof in die Stadt. Ein Stück entfernt von dort befand sich das Hauptquartier der Mutter-Theresa-Stiftung, kurz vor den Eingang zum großen Kalitempel.

Gestern widmete ich mich den Scherben und Splitter des 8. Reliefs des 2. großen Doppelportraits. Auf den Boden legte ich die Reihe von 4 Reliefs zusammen und stellte fest, dass die Tuschmalerei von Format zu Format wesentlich dichter geworden ist. Die Anzahl der Figuren beispielsweise, hat sich vervierfacht. Aus der Enge dieses Gewimmels möchte ich mich im nächsten Schritt befreien. Dabei helfen mir die aktuellen Buchmalereien. Wenn es gelingt, sie mit ihren Umrisszeichnungen durch die Reduktion zu noch einmal zu verdichten, dann kann es gelingen.

Mit meinen Schülern ging ich gestern, mit dem GPS-Gerät, einmal um den Gustavsburgplatz. Ich konnte ihnen nicht erklären, wofür das gut sein sollte, denn sie können kein Deutsch und es besteht die Verabredung, dass wir uns nur in dieser Sprache verständigen. Sie werden langsam lernen, wie die Sprache und die GPS-Linien funktionieren.

Kali | Reliefs | Gustavsburgplatz

Aus der Malerei, mit der Signatur 02_09_2010_003, übertrug ich, wie ich das auch in den letzten Tagen machte, einen Handballenabdruck in das aktuelle Tagebuch. Eine Bootsform und ein paar Linienstrukturen haben sich mit den Figuren, die aus den Gravitationsschwüngen entstanden sind, verbunden. Die Erinnerung führt in die Tage zurück, während derer diese Tagebucheintragungen entstanden sind. Auf der großen Eisenbrücke von Kalkutta, die nicht fotografiert werden durfte, schleppten Heerscharen von Trägern, Waren vom Bahnhof in die Stadt. Ein Stück entfernt von dort befand sich das Hauptquartier der Mutter-Theresa-Stiftung, kurz vor den Eingang zum großen Kalitempel.

Gestern widmete ich mich den Scherben und Splittern des 8. Reliefs des 2. großen Doppelportraits. Auf den Boden legte ich die Reihe von 4 Reliefs zusammen und stellte fest, dass die Tuschmalerei von Format zu Format wesentlich dichter geworden ist. Die Anzahl der Figuren beispielsweise, hat sich vervierfacht. Aus der Enge dieses Gewimmels möchte ich mich im nächsten Schritt befreien. Dabei helfen mir die aktuellen Buchmalereien. Wenn es gelingt, sie mit ihren Umrisszeichnungen durch die Reduktion zu noch einmal zu verdichten, dann kann es gelingen.

Mit meinen Schülern ging ich gestern, mit dem GPS-Gerät, einmal um den Gustavsburgplatz. Ich konnte ihnen nicht erklären, wofür das gut sein sollte, denn sie können kein Deutsch und es besteht die Verabredung, dass wir uns nur in dieser Sprache verständigen. Sie werden langsam lernen, wie die Sprache und die GPS-Linien funktionieren.

Schmerzvermeidung

02_05_2008_003 ist die Kennung der Malerei, von der ich heute Morgen einen Handballenabdruck machte, der Voraussetzung für die folgenden Ergänzungen, Stabilisierungen und Verbindungen war. Sie entstand kurz vor unserer ersten Reise nach Indien, der dann noch viele folgen sollten.

Mich beschäftigt der Vorgang, welche Auswege aus einer Sackgasse möglich sind, ohne umzukehren. Die Beschaffenheit der Gegebenheiten, die das Weitergehen verhindern, müssen ja zunächst untersucht werde. Sind die Mauern, Felsen oder das Hamsterrad einzureißen oder zu übersteigen? Diese Anstrengungen sind der Lohn der Sturheit oder Bequemlichkeit, durch die man sich in eine solche Situation hineinmanövrieren kann. In diesem Zusammenhang interessieren mich besondere Blüten der gendergerechten Sprache. So gibt es eine Verlegerin, die der Meinung ist, dass der Satz: “Das Geht nicht.“, Menschen verletzen kann, die gelähmt sind, also nicht gehen können. Der Kern dieser Einschätzung kann Mitgefühl sein, und er führt zu einer angepassten Sprache, die sehr viel mehr Änderungen verlangt. Wie das klingt, kann Kunstanstrengungen ähneln. Welche Auswirkungen diese Schmerzvermeidung hätte, falls es zu einem Konsens größerer Gruppen führte, wäre eine spannende Spekulation.

Aus den Figuren, die ich für das derzeitig zu bemalende Relief in eine Reihe auf Transparentpapier zeichnete, machte ich eine Überlagerungssequenz. Sie soll von einer Synaptischen Kartierung überdeckt, und dann auf eine der Pappen, die Franz bemalte, geschichtet werden.

Figurenhülsen

Ausgangspunkt für die heutigen Buchmalereien ist der Handballenabdruck von 02_05_2008_002. Figurenhülsen, abstraktes Formenspiel, zeichenhaft vorschriftliche Gegenstandssuche. Das Ungeordnete findet einen Ausweg nach draußen auf das Papier. Dann ist es wieder eingeschlossen zwischen den Buchseiten. Aus der anderen Richtung, vom kreisenden Gravitationsgeschehen der gegenwart, treten Umrisse hervor, die denen aus den alten Malereien ähneln. Flusspferde mit Möbelfüßen, Tarnkappenbäume und gut verschnürte Mumien.

Franz kam gestern mit einem begonnenen Bild unter dem Arm zu Besuch in mein Atelier. Wir sprachen über unsere gemeinsame Arbeit, über Zeitschleifen und die Tiefe der angestrebten Bildfindungen. Die Unterbrechung meiner Reliefarbeit durch diese Kooperation, ist immer etwas mutwillig und nicht organisch. Das muss ich anders steuern.

Ich legte die Goldbergvariationen auf, die ich jeden Morgen in Wien gehört habe, um einen Nachklang der damaligen Arbeit hervorzuholen. Gestern zeichnete ich die letzten Figuren auf das aktuelle, das 8. Relief, wenn ich sie von oben zeilenweise herunterzähle. Dann begann ich die Körper mit Tusche auszufüllen, auf die Risse der Splitter achtend.

Übertragungen

Die Buchmalerei mit der Kennzeichnung 11_14_2020_002 vergrößerte ich etwas, um sie dann auszudrucken. Diese Abbildung legte ich unter das Transparentpapier der Rolle 8 und zeichnete die Umrisse der Farbflächen und Linien durch. Die Schönheit der Malerei geht größtenteils verloren. Darum geht es aber in diesem Moment nicht. Interessant sind für mich die Auswirkungen der Zeitschleifen, die durch die Handballenabdrücke und die damit verbundenen Motivtransporte aus der Vergangenheit in die gegenwärtige Arbeit, entstehen.

Die heutigen Kompositionen starteten mit einem Abdruck aus 01_17_2008_003. Dann habe ich es mit der Malerei zu weit getrieben und landete in einer kompositorischen Sackgasse, aus der ich nur heraus kam, indem ich die misslungenen Passagen mit einer dunklen kreisenden Linie, die ich mit dem Handballen vertrieb, zurücknahm. Das rettete das Bild, mit dem ich am Morgen begann.

Die Ausdrucke der Buchmalereien sehen nach der Vergrößerung der Motive, oft etwas verwaschen aus. Mit dem „Brushpen“, den ich am Wochenende wieder entdeckt hatte, schärfte ich ein paar Linien und Umrisse der Malerei, die ich auf Rolle 8 übertragen hatte. So gewann das Blatt, das ich nun in einem der Regale platzierte. Nun kann ich sehen, wie standhaft die Arbeit bleibt oder nicht. Wenn sie meinem Blick irgendwann nicht mehr standhält, dann stimmt etwas nicht.

Unter Beobachtung

Von 12_19_2007_02 übertrug ich Teile mit dem Handballenabdruck in die zweite Buchmalerei von heute, in 11_13_2020_02. Dieser Vorgang hinterlässt Wasserspuren auf dem alten Original, was mich aber kaum stört, weil dieser Arbeitsschritt sichtbar bleiben kann. Ich dachte sogar, dass es möglich sei, Teile der gegenwärtigen Malereien, wiederum per Handballendruck, in die alten einzufügen. Das wäre vielleicht ein Gewinn, weil mir manche Phasen der täglichen Miniaturmalerei etwas suspekt werden.

Erst mal aber geht es um die aktuelle Arbeit. Die Mischung der Figuren die dreizehn Jahre alt sind, mit denen die gerade entstanden sind, mit den Zeichen, die ich heute in den Gravitationsschwüngen gefunden habe, lebt von der zeitlichen und künstlerischen Entfernung. Irgendwann wird das in die Malerei auf den Reliefs fließen. Das aktuelle Relief versah ich heute mit einer Reihe von Figurenumrissen. Sie verteilen sich gleichmäßig, wie eine Schicht über die Fläche. Wenn ich damit fertig bin, kommt es zu den Abdunklungen der Scherben und Splitter der Rasterpunkte. Sie erzeugen die Unregelmäßigkeit, die die Gesamtkomposition dieses Reliefs benötigt.

Daneben habe ich die zweite Zeichnung von Franz unter Beobachtung. Damit ich mit der Pappe, auf der sie sitzt, was anfangen kann, muss ich sie so grundieren, dass die Zeichnung nicht beeinträchtigt wird. Dann erst wird es möglich sein, Transparentpapier zu schichten.

Rotation

Am Morgen nahm ich einen Handballenabdruck von der Buchmalerei 10_24_2007_02 und fügte ihn in das heutige zweite Format ein, stabilisierte die vage Erscheinung mit ein paar festen Linien, die nun in die anderen Formate übertragbar waren. Dann erst begann ich mit den Gravitationsschwüngen, die sonst am Anfang standen.

Durch die Konzentration auf die Zeitschleifen, scheint die Bedeutung der kreisenden Schwünge plötzlich abzunehmen. Die Übertragung der alten Buchmalereistrukturen und Figurenumrisszeichnungen in die Gegenwart der Reliefbemalung, presst die Schichten der Zeit zusammen. Auch die Rotation der Transparentpapierrolle, die die alten Motive verdichtet, hat mit diesen Zeitschleifen zutun.

Die neueren Überlegungen zu GPS-Wanderungsfiguren, fügen sich ebenfalls in diesen Themenkreis ein. Voneinander entfernte Orte kann man durch gemeinsame Bedeutungen miteinander verbinden. Die verschiedenen Ereignisse, die zu unterschiedlichen Zeiten an diesen Plätzen geschahen, werden durch den geografischen Trick der Überlagerung aufeinander bezogen.

Handprint Wien

Verschiedene Themen schichten sich jetzt. Normalerweise nehme ich das gerne zum Anlass für die täglichen Collagen. Aber die Sinnhaftigkeit dieser gesteuerten Vorgänge bedenkend, kommt es immer wieder zu notwendigen Reduktionen innerhalb dieser barocken Arbeitsweise.

Die Handprints Wien und Frankfurt vor Augen, kann ich den Terroranschlag in Wien vor einem paar Tagen, der etwa am Schwedenplatz seinen Anfang nahm, in der Gegend um die Börse in Frankfurt, zwischen den Zeige des Wurzeln- und des Ringfingers. Unternehme ich nun wieder eine Wanderung durch diese Gegend hier, denke ich an meine schnelle Gang vor dreizehn Jahren im Wiener 1. Bezirk. Eine Extrusionsskulptur, die zwischen den Umrissen dieser Areale wüchse, wäre möglich und folgerichtig.

In das Zentrum des Formates der zweiten Buchmalerei von heute, setzte ich einen Handballenabdruck der Buchmalerei mit der Signatur: 10_23_2007_03. Die fleckig-farbige Figuration stabilisierte ich mit ein paar nachgezogenen Linien. Der Lenkungsmechanismus dieser Vorgänge fokussiert mich auf die Denk-Zeit-Schleifen meiner Biografiearbeit. Das beeinflusst die Arbeit an den Transparentpapierrollen und am Väterdoppelportrait.

Erinnerungsvorgang

Die fragmentarischen Elemente aus den alten Buchmalereien, die ich mit dem feuchten Handballen in das gegenwärtige Arbeitstagebuch übertrage, lassen sich, zwischen den neuen Zeichen, mit erfundenen Linien vervollständigen. Das gleicht einem Erinnerungsvorgang. Hinzu kommen die Linien des Handballens, die unabgelenkt in völlig andere Richtungen weisen, als die des Motivelements, das übertragen wurde. Aus diesem Zusammenspiel entstehen neue Kombinationen, denen wieder andere Zeichen innewohnen. Konkretisiere ich diese, dann lassen sie sich mit dem Handballen vervielfältigen und weiterentwickeln.

Gestern zeichnete ich noch eine Figurengruppe in das aktuelle Relief. Die Arbeit geht nur ruckweise voran, weil mein Rechner streikte und repariert werden muss. Ich hoffe, dass sich wieder Kontinuität in der Malerei einstellt.

Ich lese in meinen Aufzeichnungen, die ich 2007 während der Arbeit am „Handprint Wien“ gemacht habe. Im Gegensatz zu der Transparentpapierrolle, die diese Arbeit begleitet hat, sind die Texte weniger ergiebig. Weil ich mit diesem Format gerne weiterarbeiten würde, will ich die Elemente, die die Wanderungen begleiten, in Zukunft sorgfältiger behandeln. Außerdem wäre es zu überlegen, weitere Werkgruppen aus Frottagen vom begangenen Boden, Fundstücken und Bodenfotografien zu entwickeln.

Zeitschleifen

Gestern und heute übertrug ich, mit meinen feuchten Handballen, Teile von dreizehn Jahren alten Buchmalereien in das aktuelle Tagebuch. Das kommt mir vor, wie ein Zeitschleifenritual. Auch die Einbeziehung alter GPS-Linien oder von Figurenumrissen aus Buchmalereien von 2007, kann ich in diesen Vorgang mit einem schließen. Diese Rückgriffe, die Teile wiederholen fragmentarisch die abgelaufene Zeit, verlängern sie in die Gegenwart.

Von dieser Warte aus bekommen die Gravitationsschwünge erweiterte Bedeutungsschichten. Sie zeigt die Rotation in einer stark gebogenen Raumzeit, in der man auf die Vergangenheit trifft. Die Zeichen, die ich in den kreisenden Linien finden, bekommen einen neuen Sinn. In der Stille des Ateliers kann ich jetzt andere Wahrnehmungsebenen finden, die zunächst von den gegenwärtigen Buchmalereien angebildet werden.

Jetzt erst, wo der derzeitige Präsident im Weißen Haus abgewählt worden ist, spüre ich, neben der Erleichterung, wie sehr mich diese Figur jahrelang runter gezogen hat. Durch die Medienpräsenz war ich diesem Anblick zu lange ausgesetzt. Das geht mir, wenn ich mir die Reaktionen auf den Wahlausgang anhöre, nicht alleine so.

Kompatibilitäten

Lange versucht ich gestern meine GPS-Dateien in einem Format zu konvertieren, das von der neuen Software gelesen kann. Ich will jetzt mit diesen Linien, die ich vor einiger Zeit gelaufen bin, weiterarbeiten.

Dann gab es noch Schwierigkeiten bei Kompatibilitäten anderer Art. Die Pappen, auf die Franz gezeichnet hat, saugen den Schellack auf, mit dem ich den Transparentpapierbogen aufkleben will, den ich in den letzten Tagen gestaltet habe. So werde ich den betreffenden Teil weiß grundieren, wars der Sichtbarkeit der Zeichnungen auch zuträglicher ist. Dieses Geholper störte meinen Arbeitsfluss in dieser Woche. Das Zusammenspiel von Speicherformaten oder Materialien, die ich zur analogen Arbeit benötige, hat sich ja in langer Zeit entwickelt und läuft von meist reibungslos.

Zwar geht mir das Theater um die US-Wahlen, dieses Entertainment für schlichte Gemüter, auf die Nerven, aber am Rande bekomme ich Informationen über das Amerika, das sonst nicht im Scheinwerferlicht steht. Diese aber, sind so ernüchternd, dass ich anfange zu verstehen, warum so viele Wähler eine gefährlichen Witzfigur hinterherlaufen.

Zeitschichten

Das Portrait meiner Mutter versah ich mit einer Tusche-Schellack-Schicht, einer „Synaptischen Kartierung“, ähnlich wie auf dem Blatt für die Kooperation mit Franz. Nun kommt noch die Frottage eines Rasterpunktes von der Form hinzu, die ich im letzten Monat abgeformt und bemalt habe. Es handelt sich um die Scherbe mit der Bezeichnung „Scherbengericht II / 118, 1.2. 2017“, die die ihrerseits wiederum aus etwa 70 Splittern besteht. Der Punkt befindet sich im Zentrum des Doppelportraits, etwa dort, wo die Lachfältchen neben dem linken Auge sind.

Einer Tagebuchcollage ähnlich, könnte ich noch die GPS-Linien von 2007, aus dem ersten Wiener Bezirk, hinzufügen. Schaue ich auf die Buchmalereien, die damals entstanden sind, handelt es sich vor um Übergänge von figürlichen und abstrakten Motiven. Eine interessante Phase, gut für eine weitere Schicht.

Das Getöse von der amerikanischen Politbühne, schiebt sich auf alle Screens und in viele Wortmeldungen. Ich versuche, möglichst wenige Informationen in mich eindringen zu lassen, weil das mich von meiner Arbeit zu sehr ablenkt. So bin ich hier in einer sonnigen Ruhe, höre die Abrissmaschinen aus der Ferne und meinen Kühlschrank aus der Nähe… Auch ansonsten keine Kontakte, wegen der Pandemie.

Zivil

Vor lauter Frustration über die Wahl in den USA, bin ich gleich nach den Buchmalereien, die wenig zur Schadensbegrenzung beitragen können, mit einer Gartenschere an den Bahndamm gegangen, um die Brombeersträucher zurück zu schneiden. Auch wenn ich denke, dass die künstlerische Arbeit ein hochhaltendes Merkmal der Zivilisation ist, die derzeit entscheidende zu Rückschlägen ertragen hat, ist die Gartenarbeit gut für die Seele.

Nach der Übertragung der Wanderungslinien, aus dem ersten Wiener Bezirk, auf Transparentpapier, die im November 2007 entstanden sind, zeichnete ich ein Rasterportrait meiner Mutter aus dem September 1961. Beide Motive will ich zusammengefügt mit Tusche und Schellack auf die Linien vom Franz schichten. Das wendet sich einem tagebuchartigen Arbeiten zu, wie ich es in den Büchern und auf den Rollen schon verfolge. Vielleicht überträgt sich diese Form auch konsequenter auf die Bemalung der Reliefs.

Die lange Videokonferenz gestern mit den Projektteilnehmern von „YOU&EYE“, war von wenig Temperament getragen. Ich rege mich dann zu diesen Gelegenheiten, manchmal öffentlich auf. Das ist meinem Temperament geschuldet. Ich will mich da auch nicht zurückhalten.

Handprint Wien

Noch bevor ich am Morgen mit den Buchmalereien begonnen habe, schaute ich in die Transparentpapierrolle vom Herbst 2007. Im Oktober und November dieses Jahres ging ich die GPS-Stadtwanderung „Handprint Wien“. In meinen Erinnerungen versuchte ich den Gehfaden, den ich rund um den Schwedenplatz ausgesponnen hat zu finden. Der liegt in der Beuge zwischen Zeige- und Mittelfinger, wo es gestern ein Terroranschlag gegeben hat. Damals war der Satellitenempfang in den engen Gassen nicht so gut, so dass mancher Weg nicht aufgezeichnet wurde.

Meine spontane Reaktion war, den Handprint Wien und den Handprint Frankfurt übereinander zu legen, um den Ort der Tat in das hiesige Stadtgebiet zu übertragen, dort dann die Wege der Terroristen zu gehen, um sich vorstellen zu können, das wäre hier passiert. Nur wenig südlich von dieser Stelle liegt am Mainufer das Rothschild-Palais.

Gestern übertrug ich die erste Zeichnung auf das aktuelle Relief. Weitere Figurengruppen stehen für die Auswahl auf Transparentpapier bereit. Franz hat zwei Figurationen auf zwei Pappen gezeichnet, damit ich sie vervollständigen oder kommentieren kann. Ich überlegte, ein paar Wegpunkte aus Wien mit einzubeziehen, sie auch mit Linien zu verbinden – ein konstruktiver Kontrast.

Zeichen | Theater

Flaches, kaltes Morgenlicht flackert durch die, vom Wind geschüttelten Weidenblätter ins Atelier. Es ist sehr mild. Die Ateliertemperatur gleicht sich der von draußen an, weil sich die Heizung abgeschaltet hat.

Die Buchmalereien haben sich verändert. Sie spüren die Zeichen auf, die sich in den Gravitationenschwüngen verbergen. Und die sind mit der Welt verbunden, deren Zustand sich auch schnell veränderte. Die Beschränkungen wirken sich auf die handelnden Figuren aus. Pausenclowns werden zu Diktatoren. Das Wahlvolk beschränkt sich in den Echokammern. Kultur wird auf allen Ebenen heruntergefahren. Das Lebbare entfernt sich. Man kann es im Inneren aufheben für danach.

Wir spazierten gestern durch die Nebelnässen am Taunusrand. Ein Apfelschimmel schaute uns an, als suche er nach Linderung in all dem Regen. Die Farben spielen aber großes Theater.