Produktion | Party | Verdichtung

Die Party ist die Produktion. Gestern begann ich feierlich, mit der Übertragung von Teilen der letzten Sequenz von der aktuellen Transparentpapierrolle, die Rolle 9. Kürzlich, als ich einige Notizen auf einer älteren Rolle sah, gingen mir wieder Textbearbeitungen durch den Kopf. Wörter, die sich durch das Zusammenrollen des Transparentpapiers, mit dem Durchzeichnen neu ordnen. Die Idee einer solchen Verdichtung habe ich bisher nur einmal kurz probiert.

Als ich gestern eine Collage zur Verarbeitung auf Rolle 9 ausdrucken wollte, musste ich feststellen, dass der Drucker defekt ist und nur noch die schwarzen Partien des Formates reproduziert. Das aber erzeugt einerseits eine Fragmentarisierung, wie ich sie mir in ihrer Radikalität nicht erlaubt hätte. Gleichzeitig habe ich aber erneut das gute Gefühl einer Verdichtung. Ich werde diese zufälligen Ergebnisse auf Rolle 9 weiter auf ihre Eignung für die Weiterarbeit prüfen.

Besonders dichte Momente bei der Erfindung von Arbeitsschritten, finden oft kurz vor einer „Zwangspause“, wie es Weihnachten ist, statt. Für Franz grundiere ich noch ein paar Pappmache-Rasterpunkte, damit er sie bemalen kann. Diese Zusammenarbeit hat sich in den letzten Tagen leider etwas in den Hintergrund begeben.

Versenkung | Abstand

Die Umrisszeichnung vom 9.1. 2009 von Rolle 5, übertrug ich auf Rolle 8, um dort die Verdichtung der letzten Gustavsburgplatz-Wanderung einzufügen. Im Wachen der Nacht hielt ich mich an diesen Linien fest. Sie haben, durch ihre sichtbar produktive Ausstrahlung, eine beruhigende Wirkung auf mich. Als Beleg für die meditative Versenkung in das Gesträuch aus Wanderungsspuren, stiftete sie das Zentrum für den gestrigen Rückzug, der den notwendigen Abstand zum Alltagsgeschehen herstellt, um es gelassener beobachten zu können.

Rolle 8 ist nun bis an ihr Ende angefüllt mit den Zitaten aus der Vergangenheit und deren Überlagerungen mit Erfindungen der Gegenwart. Rolle 9 liegt unangetastet und noch verpackt auf dem Grafikschrank, den ich vor 40 Jahren als Gesellenstück gebaut hatte.

In einer ostdeutschen Illustrierten, die mir mein Vater mitgegeben hatte, las ich einen kurzen Meinungsstreit über das große Wandbild „Lob des Kommunismus“ von Ronald Paris. Dabei geht es um den geschichtlichen Wert von Staatskunst der DDR. Man muss natürlich genauer hinschauen, was die Künstler ihren Auftraggebern unterschoben. In diesem Fall lehnte der Maler alle Änderungswünsche ab. Das war nicht unriskant.

Stabilität

Ein dunkler Tag, der dunkelste des Jahres. Aber wenn ich in den grauen Himmel hinaufschaue, dann ist immer noch genügend Licht, das durch meine Augen ins Innere dringt. Und die Gewissheit, dass es nun langsam wieder länger hell sein wird leuchtet ein wenig hinzu.

Die Nachrichten um die Mutation vom pandemischen Virus, haben mich gestern verunsichert. In dieser aufgeheizten Informationslage ist man immer wieder auf Expertenwissen angewiesen, um mit etwas mehr Mut und Gewissheit in den Tag zu gehen. Die Empfangsantennen sind empfindlich geworden, was nicht immer mit zunehmender Vernunft einhergeht. Es ist, als suchte ich in den Buchmalereien stabile Kompositionen, die auf mein Innenleben beruhigend einwirken sollen.

Stabilisierend würde auch ein wenig mehr Ordnung im Atelier wirken. Zumindest könnte ich dann auf Rolle 8 weiterzeichnen, was mir auch fast immer ein gutes Gefühl bereitet.

Motivtransport

Am 06.01. 2009 zeichnete ich ein flächiges Gebilde, aus figürlichen und floralen Umrissen, in die damals aktuelle Transparentpapierrolle. Es handelt sich offenbar um Nachklänge des Taj Mahal und seiner Steinintarsien, die wir zuvor auf unserer ersten Indienreise sahen. Diese Zeichnung übertrug ich, als zweite größere Motivgruppe, auf das Relief. Nun bin ich gespannt, wie sich die Portraitsplitter damit verbinden lassen.

Die Umsetzung des Vorhabens, die Collagen in die Reliefmalerei mit einzubeziehen, muss noch etwas warten. Auch die Assemblagen, über die ich gestern nachdachte, erwiesen sich als zu kompliziert. Ich gehe lieber den Weg, mehrschichtige Transparentpapiere mit verschiedenen Zeichnungsstrukturen anzufertigen. In tiefen Objektrahmen bilden sie tiefe Kulissenlandschaften.

Als wir gestern bei Pietro Pizza holten, erzählte ich ihm den Traum, in dem sein Restaurant auch ein Theaterprospektlager war. Es entspringt dem Erinnerungsraum der Seitenbühne des Heidelberger Stadttheaters, auf der sich ein Prospektpaternoster befand. Jetzt kann ich in meinen Tagebüchern lesend, in diese Zeit zurückschauen, z.B. in das Jahr 1989.

Zeitraumspannung

Verschiedene Figurenumrisse, unterschiedlicher Größen, 10 und 13 Jahre alt, finden nun ihren Platz auf dem neuen Relief. Der Größenunterschied schafft einen perspektivischen Raum, die Herstellungsdaten der Zeichnungen eröffnen einen zeitlichen und stilistischen Abstand. Der Strich auf den älteren Transparentpapierrollen ist sicherer und gleichzeitig naiver. Auf den ersten Blick erweckt das mehr Vertrauen. Durch den Transport in die Gegenwart bildet sich durch die Spannung, eine neue Dimension. Von der soll auf dem Relief etwas zu spüren sein.

Wolkenformationen, die wie Stimmungsschwankungen aufziehen, vernebeln die tief stehende Sonne, schlucken das Licht. Daraus entsteht das Morgen-Grauen. Davor sehen die Buchmalereien, mit ihren einschnürenden Schwüngen, leuchtender aus, als sie es wirklich sind. Sie gaukeln mir vor, dass ich mit ihrer Kraft den Tag bestreiten soll.

Mir geht die Möglichkeit durch den Kopf, Assemblagen aus dem Material herzustellen, das bei der Suche nach Möglichkeiten der Reliefbemalung anfällt. Transparentfiguren, Pappmachesplitter, Zeichnungen auf Schellack. Das zusammen, räumlich gestaffelt und komponiert, kann zu etwas anderem werden, als ich es bisher zusammenstellte.

Versuchsaufbau

Manchmal zeichne ich, während ich schreibe, mit dem Füller noch ein wenig in den gerade entstandenen Malereien herum. Meist geht es um Akzente zur Orientierung. Ein paar Punkte an den Ecken oder aneinandergereiht, ergeben Richtungen, ähnlich wie bei den GPS-Wanderungen.

Derzeit fühle ich mich in meiner Arbeit sehr wohl. Sie ist innerhalb der vielen Unplanbarkeiten, durch die Pandemie, mein Stabilisator. Vor allem die Entdeckungen auf Transparentpapier, die durch die Verdichtungen, die mit Feder und Tusche beim Durchzeichnen entstehen, die neuen Figuren, die in diesen Gesträuchen sichtbar werden, sind oft erst im Rückblick besonders. Wenn das alles mit den Buchmalereien in den Collagen zusammenkommt, dann erscheint mir das, wie eine chemische Reaktion, bei der Energie entsteht. Diesen Versuchsaufbau sollt ich erweitern und auch auf die Reliefbemalung anwenden.

Ich frage mich manchmal, wie lange die Arbeit an den Reliefs noch anhalten wird. In meiner Natur liegt es, an einer solchen selbst gestellten Aufgabe, ohne Unterbrechung kontinuierlich dranzubleiben, bis sie erfüllt ist. Da sind Aktionen, wie ein neues Handprintkonzept oder die Kooperation mit Franz, scheinbar hinderlich. Dabei sollte ich aber die Anregungen, die aus solchen Ablenkungen erwachsen, nicht unterschätzen.

Relief | Wanderungslinien | Collagen

Ich kam gestern doch noch zur Weiterarbeit am Relief, denn zwei Drittel der Schellackschicht habe ich aufgetragen. Die ersten zwei Figuren, die ich dann dort ansiedeln will, habe ich im Auge und bereitete sie schon eine Weile auf der Transparentpapierrolle vor.

Auf Rolle 8 ging ich bei der Verdichtung der Gustavsburgplatz-Wanderungslinien weiter. Das heißt, dass ich mehrfach die, auf der Rolle vorausgegangenen, Gesträuche in dem Umriss zeichnete. Die Überlagerung dieser Figuren untereinander, folgt erst noch. Etwas von dem jetzigen Zustand, findet sich in den Collagen von heute.

Und dann schichtete ich noch Zeichnungen auf Transparentpapierbögen auf die Pappe, auf der Franz zuvor eine collagierte Zeichnung hergestellt hatte. Meine Figuren sind ziemlich detailliert und fein gezeichnet. Ich bin gespannt, wie er nun damit umgeht.

Weiterweiterweiter

Insbesondere auf der Transparentpapierrolle findet sich das übliche Weiterweiterweiter. Sie sitzt sich im Zentrum der Zeichenforschung. Im Umriss einer Buchmalerei vom 12.11. dieses Jahres, verdichtete ich die Wanderungslinien, die Stahlkonstruktion und die zehn Jahre alten Figuren aus einer Buchmalerei, zu einem eng verflochtenen Gesträuch. Mittlerweile gibt es eine weitere Gustavsburgplatz-Wanderung vom vergangenen Donnerstag, mit der ich auf Rolle 8 weiterarbeiten kann. Noch wenige Meter, dann ist sie voll.

Die Buchmalereien stehen derzeit im großen Kontrast zu den Tuschezeichnungen auf dem Transparentpapier. In den Büchern finde ich eine zurückhaltende Zartheit. Und diese steht wieder im Kontrast zur Atmosphäre in der Stadt. Es ist, als wollte ich das Gleichgewicht herstellen: Empfindliches gegen die Verrohung.

Am Morgen saß eine winzige Maus in der Käfigfalle, die ich vor ein paar Tage zwischen den Pflanztöpfen aufgestellt habe. Bevor ich das Tierchen nach draußen an den Bahndamm brachte, betrachtete ich es eine Weile und machte ein Foto von ihm. Ich möchte mein Atelier für mich alleine haben. Die Eidechsen auf dem Gesims über dem Rolltor zählen nicht!

Stahlkonstruktionen | Buchmalereien | Wanderungslinien

Die Verflechtungen unterschiedlicher Strukturen ergeben, durch ihr Aufeinandertreffen, Möglichkeiten, neue Geschichten zu erfinden, die auf den so entstandenen Formen basieren. Auf Rolle 8 vertiefte ich mich gestern in die sich durchdringenden Linien der unterschiedlichen Situationen. Ich spüre dabei, wie Stahlkonstruktionen auf Wanderungslinien treffen, wie Figuren aus den Buchmalereien der verschiedenen Zeiten und Stile in gemeinsame Szenen geraten.

Mit den alten Buchmalereien setze ich mich immer intensiver auseinander. Mich reizen dabei die damals gefundenen Figuren besonders. Sie erzählen noch vom Theater, vielleicht sogar von bestimmten Darstellern, mit denen ich früher gearbeitet habe. Beim wiederholten Durchzeichnen auf Transparentpapier ändern sich die Formen langsam. Manche Ausstülpungen werden größer oder Einbuchtungen verkleinern sich, Linien werden begradigt, Bögen bekommen mehr Schwung. Aus der Ferne sehen sich diese Wiederholungen sehr ähnlich. Aus der Nähe sind sie verschieden.

Die drei Koordinaten, über die ich gestern schrieb, haben ja eigene Räume. Diese möchte ich auf Rolle 8 entwickeln. Zunächst werden Pasolini-Gedichte zusammengerollt und ihre Worte neu verbunden. Dann trifft die Stahlhülse der britischen Bombe auf die Schwemmsandschichten. Gestern machten wir eine neue Gustavsburgplatz-Wanderung, die wieder mit Tusche mehrfach überlagert und verdichtet werden kann.

Trios

Aus dem März 2010 übertrug ich die Umrisse von zwei Figuren einer Buchmalerei, die auch in den Collagen präsent sind, auf Rolle 8. Dort möchte ich sie mit den Strukturen füllen, mit denen ich in den letzten Tagen gearbeitet habe. Dabei geht es um den Flakturm in Wien mit einer Figur und der Stahlkonstruktion des Palastes der Republik, um die Wanderungslinien von Gustavsburgplatz und die Umrisszeichnung einer Buchmalerei des letzten Monats (11_12_2020_003), die ich schon mit Schichten der anderen Motive anfüllte.

„Clouds After Cranach“, eine Arbeit der Forsythecompany, kam mir beim Nachdenken über die drei Koordinaten, die ich gestern beschrieb, in den Sinn. Ich stelle mir eine Installation vor, die, basierend auf der Kartierung der Orte, verschiedene „Rizome-Räume“ mit gespannten Schnüren verbindet. In der Pizzeria „La Strada“ befindet sich der Pasolini-Text-Raum. Die Stelle, an der der Blindgänger entschärft worden ist, umfasst die Schwemmsandschichten und die Rüstungsproduktion der Bombe und die der Alfred Teves GmbH. Gustavsburgplatz ist der dritte Raum, der mit der Wanderungskartierung, den Fundstücken und den Frottagen davon angefüllt ist.

Das nächste Relief, das sich innerhalb des großen Doppelportraits direkt unter dem vorigen befindet, ist ausgeformt und trocknet nun. Mir ist noch nicht klar, wie ich es bemalen will. So folge ich der Intuition.

Rhizome

Die drei Koordinaten, über die ich gestern während des Videotreffens sprach, habe ich mir am Morgen als Teil der Rolle 8 vorgestellt. Demnach weisen die Punkte auf der Kartierung nicht nur Felder mit mehreren Schichten auf, sondern sind Räume mit verflochtenen Rhizomen. Die zusammengerollten Prospekte in den Regalen der Pizzeria „La Strada“, aus meinem Traum, sind mit Gedichten von Pasolini beschrieben. In diesem Zustand begegnen sich die Worte neu. Auf Transparentpapier lässt sich gut probieren, wie das aussehen kann.

Die geologischen Schichten, die der Blindgänger, wegen dem am Sonntag 13000 Menschen evakuiert wurden, durchdrungen hat, verwirbeln an den Rändern des Einschlagskraters. Wo wurde das Metall geformt, montiert und angefüllt? Welche Situationen begegneten sich und führten zu der Konstellation, die der Kampfmittelräumdienst dann entschärfte?

Zum dritten Punkt, dem Gustavsburgplatz, entstehen gerade Wanderungslinien, Materialsammlungen und Frottagen mit dem Schülerinnen und Schülern. Gern würde ich mit ihnen eine große Karte auf Transparentpapier zeichnen und sie mit dem Material anreichern, das wir erarbeitet haben. Morgen gehen wir erst einmal neue Linien.

Produktion ist die Party

Aus der Einbeziehung von Koordinaten aus der Atelierumgebung habe ich innerhalb eines Videotreffens versucht, die Künstlerkollegen etwas aus der Reserve zu locken. Zunächst ging es um einen Traum, in dessen räumlichem Zentrum die Pizzeria La Strada, 300 m östlich liegt. In seiner aufsteigenden Panik wurde mir klar, dass ich den Traum durch das Aufwachen beenden musste. Dann kam ich zur nächsten Koordinate, der des Bombenfundes 50 m südwestlich. Ich stellte mir die Splitterwirkung bei misslungener Entschärfung auf mein Atelier vor. 140 Tagebücher mit 30.000 Buchmalereien usw. fragmentiert. Das Väterportrait erneut zersplittert. Und die dritte Koordinate 200 m nordöstlich, der Gustavsburgplatz mit den Wanderungslinien, die ich alleine und mit den Schülerinnen und Schülern dort schrieb. Zu der kraftvollen Linienstruktur gehören die Transparentpapierblätter mit den Frottagen der Fundstücke und den Linien der Wanderungen.

All diese Schichten stapeln sich nach und nach hier im Atelier, werden gegenwärtig und ineinander verwoben sichtbar. An diesen Prozessen möchte ich manchmal gemeinsam mit dem Künstlerteam teilhaben.

Das Motto wäre:

Prioritär ist die Produktion und nicht die Party!

Oder: Die Produktion ist die Party.

Geschiebe

Etwa 50 m entfernt von meinem Atelier, sind die Bagger auf eine 5000 Kilogramm schwere englische Fliegerbombe gestoßen, die noch scharf war. Unsere Wohnung in der Frankenallee befindet sich knapp außerhalb des Evakuierungsareals, das für die Entschärfung ausgewiesen wurde. Schicht um Schicht wurde seit Monaten ausgehoben. Im Geschiebe der Geschichte hat sich der Sprengkörper bis in den Schwemmsand gebohrt. Ein Blindgänger blitzt als eingelagertes Ereignis im Generationengedächtnis auf.

Von Rolle 8 zeichnete ich Figuren auf einen Extrastreifen Transparentpapier, den ich für die bemalte Pappe von Franz benutzen möchte. Die Sichtung von Material, das in den vergangenen Jahrzehnten entstanden ist, führt zu einer inneren Dynamisierung. Das Zeichnen ist dann wie eine Meditation, die wieder beruhigt.

Beruhigt wurde gestern auch die Buchmalerei, die ich wegen der Bombenentschärfung zu Hause anfertigte. Auch hier greift eine autobiografische Orientierung, denn ich übertrage nach wie vor Farblinien per Handballenabdruck, die vor zehn Jahren entstanden sind, als Ausgangsrhythmen für die jetzt entstehenden Bilder. Ich las dabei, wie das Mantelmotiv des „Frankfurter Kraftfeldes“ durch einen Berlintraum entstanden ist, in dem Popstars in großen, wehenden, farbigen Mänteln am Himmel kreisten. Dazu die antithetischen Tierfiguren des Teppichs von Bayeux. Das ist die Energie für meine Weiterarbeit.

Symmetrie | 20 Jahre tägliche Scans

Meine Schülerinnen machen mir Spaß. Die muslimischen Mädchen kommen, nach kurzer Aufwärmzeit, sofort zum Ornament. Da kann man ihnen krass sperriges Material zur Frottage anbieten, sie entdecken zunächst seine Eignung für die Symmetrie. Ich lasse sie entwickeln, was ihnen damit einfällt und bin gespannt, ob sie irgendwann zum Gegenständlichen kommen. Der Versuch ihnen zu erklären, dass jedes Blatt seine Geschichte hat, mündete in die Addition der Gustavsburgplatz – Wanderungslinie zu den schönen Tusche-Schellackverläufen und in das Hinzufügen von Namen und Datum.

Gestern suchte ich nach geeigneten Abbildungen, die das Fundament illustrieren können, auf dem ich den neuen Handprint aufbauen will. Ich stieß dabei auf die Collagen von 2015 bis 2019. In ihnen wird deutlich, wie die Schichtungen funktionieren. Die Zöglingsportraits mit den Wanderungsspuren fügen sich hier in die tägliche Arbeit ein. Handprint Frankfurt und Frankfurter Kraftfeld sind weitere Projekte, die als Voraussetzung für die neue Arbeit funktionieren.

Heute setzte ich einen Handballenabdruck von 01_19_2010_001 in die aktuelle Buchmalerei. Innerhalb von einer Collage tritt diese Abbildung auf. Ich merke nun, wie wichtig die Scans sind, die ich seit 20 Jahren täglich von meinen 3 Malereien mache. Damit lässt sich jetzt gut arbeiten.

Wanderungslinienverdichtung gestern auf Rolle 8, und heute begann ich mit einem Handballenabdruck von 01_22_2010_001 nach 12_03_2020_002. Das führte zu kreisendem Gewölk in den Buchmalereien. Im Text des 10 Jahre alten Tagebuchs geht es um bestimmte Sequenzen auf Rolle 4. Ein Teil davon scannte ich gerade ein, um ihn in die heutigen Collagen einzufügen. Das war damals die Zeit der ersten Indienreisen und des Projektes „Frankfurter Kraftfeld“. Schon dort ging es um die Kontinuität zwischen der Transparentpapierrolle, den Buchmalereien und den aktuellen Projekten.

Am Nachmittag arbeitete ich an der Konzeption des neuen Handprints. Dort werde ich viele Schichten übereinander stapeln, wie ich es gestern schon erwähnte. Das alles aufzuschreiben und zu ordnen, erweitert das Ganze zunächst. Ich hoffe, dass es sich irgendwann wieder reduziert, dann aber dichter wird.

Gleich kommen meine Schüler. Ich werde mit ihren Frottagen und Tusche-Schellack-Läufen anfertigen. Dafür kommen unsere Fundstücke der Wanderung zur Anwendung. Die Wanderungslinien vom Gustavsburgplatz am 26.11. 2020 kommen hinzu.

Verdichtung von Wanderungslinien

Eine Vergrößerung der Aufzeichnung der 3. Wanderung auf dem Gustavsburgplatz, begann ich auf Rolle 8 zu verdichten. Beim Hin- und Herrollen entstanden etwa 7 Überlagerungsschichten. Den Schülern möchte ich damit zeigen, wie ernst ich diese kraftvollen Linien, die sie gewandert sind, nehme, und was man alles mit ihnen machen kann. Weitere Schichten kommen noch hinzu.

Am Morgen dachte ich daran, die Collagen, die die autobiografischen Motive beinhalten, mit in die Konzeption den neuen Handprints zu nehmen. Dieses Material, Selbstportraits als Sechsjähriger, Zöglingsportraits aus Gerode, Elblandschaften bis hin zum Palast der Republik, ist in großer Zahl vorhanden, schon verdichtet, und ich muss es nur erneut aufrufen und anders mit den neuen Fundstücken, die bei einer neuen Stadtwanderung dazukommen, zusammenstellen.

Die heutigen Buchmalereien gehen auf eine Malerei zurück, die ich 2010 in Khajuraho, in Indien, gemacht habe. Es entstehen daraus nun fremde Figuren, die ziemlich zurückhaltend sind, aber viel Zeit brauchen.

Geschichtet

Von der ersten Buchmalerei des 16.2. 2010 übertrug ich mit dem feuchten Handballen ihre Struktur auf 12_01_2020_002 von heute. Ohne Festlegungen, eher vage, ging ich langsam in die jetzigen Miniaturen. Die alte Malerei, von der ich ausging, entstand in Varanasi. Damals glaubte ich die religiösen Schichten zu spüren, die dort am Ufer des Ganges seit 2000 Jahren, durch die täglichen Rituale festgetreten wurden.

Auf Rolle 8 führte ich die Schichtungen der Wanderungslinien und der Umrisse der Buchmalereien weiter. Das ist, bis zu einem bestimmten Punkt, eine beruhigende Arbeit. Irgendwann schlägt das aber um. Möglichst davor sollte ich ein Ende finden, was mir nicht immer gelingt.

Dann begann ich eine Pappe mit einer Tuschzeichnung von Franz zu bearbeiten. Es fällt mir oft nicht leicht, mich von meinen eigenen Vorhaben zu lösen, um diese „Kolaborei“ weiter zu führen. Manches gelingt auch erst nach einer Weile. Es wäre gut, das Material, das ich für den neuen Handprint vorbereite, in diese Arbeit mit einzubeziehen. Ich habe das Ganze, so glaube ich, unterschätzt.