Die Schüler erschienen gestern zu unterschiedlichen Zeiten. Dadurch zog sich der Nachmittag mit ihnen etwas in die Länge. Mittags stand ich am Formentisch, um unsere Arbeit mit den kleinen Reliefs vorzubereiten. Wir bemalten eine Gruppe von 60 Exemplaren, indem wir die vertieften Linien mit Tusche ausfüllten.
Als erster, gegen 13 Uhr, kam ein afghanischer Junge, der schon dreimal da war. Unser Gespräch kreiste um seine Herkunft und darum, dass er seit etwa einem Jahr hier in Deutschland ist. Er begann von den Ereignissen beim Einmarsch der Taliban in Kabul zu erzählen. Er beschrieb Bombenanschläge, bei denen seine Mutter einen Splitter ins Gesicht bekam, Bombenanschläge auf seine Schule und auf das Büro seines Vaters. Die Familie mit 4 Kindern hat alles überlebt und flüchtete über den Flughafen der Stadt nach Europa. Im Verlauf des Berichts beschleunigte sich sein Sprachduktus. Bis die anderen Schüler eine Stunde später lärmend erschienen, hielt sein Bericht an. Beim Abschied fragte er, ob er am kommenden Donnerstag wieder früher kommen könne, um mit mir zu sprechen.
Mit einem sehr harten Bleistift erinnerte ich mich am Morgen an meine Zeichnungen von Gesträuchen in den Siebzigerjahren. Daraus entwickelte ich die heutigen Buchmalereien. Mit Schraffuren hebe ich manchmal die durchgedrückten Linien vom Vortag hervor, um ihre Richtungen aufzunehmen und fortzuführen.