Müdigkeit

Die Buchmalereien tragen Müdigkeit in sich. Sie entstehen trotz des wenigen Schlafes. Am Morgen hilft mir mein Zahnarzt. Er erklärt viel von dem was er mit meinen Zähnen tut und wie ich mich danach verhalten soll.

Mich von meiner Arbeit hier zu trennen, fällt mir leicht. Mir ist dieser tägliche Arbeitszirkus, die Unabwendbarkeit dauernden Produktion, die Forderung nach der stetigen Erfindung neuer Konstellationen und Zusammenhänge, zu viel geworden.

Woher soll die Kraft dafür kommen? Habe mir Ingwertee gemacht. Es herrschen 17° im Atelier, ein paar letzte Mails und dann machen wir uns auf die erste Etappe unserer Reise bis nach Shimla. Dann in die Berge…

Buchmalereien

Mit den Gewindegängen einer Holzschraube setzte ich heute den Anfangsakzent meiner Buchmalereien. Diese Struktur, die einer Kreuzschraffur ähnelt, hob ich mit Gelbgrün, Indigo und Kobaltgrün hervor. Die hellen Linien der Gravur bleiben dann stehen und werden leuchtend sichtbar.

Dann entwickelte sich die Dynamik aus Handballenabdrücken, deren Umrisszeichnungen, aus Gravitationsschwüngen und wolkigen Konturauflösungen. Die Farbigkeit folgt dem Instinkt, der die Zusammenstellung der Töne schon voraussieht. Wichtig für das Ergebnis ist dann noch der Zusammenklang der drei Bilder.

Etwas mutiger könnte ich bei den Collagen werden, die den Malereien folgen. Dort kann ich, ähnlich wie mit den Handballenabdrücken in den Büchern, Bildelemente vervielfältigen und verändern. Das will ich nun gleich probieren.

Beschleunigung des Spiels

In den sich wiederholenden Umrissen innerhalb der 3 Buchmalereien eines jeden Tages, entdecke ich Mechanismen der alltäglichen Wahrnehmung der verschiedenen Umgebungen. Erinnerungen und Projektionen vermischen sich zu den Konstruktionen, die das Hirn collagiert. Die Zusammenhänge verschiedener Figuren, die zwillingshaft erscheinen, sind Erfindungen, Konstruktionen aus den Sinneseindrücken.

Immer öfter verliere ich während der Herstellung dieser kleinen Formate die Kontrolle über irgendeine Planung der Vorgänge, die zu den 3 zusammenhängenden Bildern führen. Geschöpfe, die menschlichen Figuren ähneln, entstehen von alleine. Das gleicht den Verläufen der Spiele, die mein Enkel Armin spielt. Auch die beschleunigen sich und führen zu einer Intensivierung, die Lautstärke und Einfallsreichtum steuert.

Der Monsun im Norden Indiens durchweicht die Verkehrsadern, auf denen wir uns in den Himalaja bewegen wollen. Das beeinflusst mein Nachdenken über die Dinge, die in das Reisegepäck wandern sollen. In der ganzen Zeit werden wir von ein und demselben Fahrer begleitet. Auf ihm lastet in der Situation, in der viele Straßen durch Erdrutsche verschüttet sein werden, eine große Verantwortung.

Besuch

Die Reliefs, die ich gestern mit Anne und Armin abgegossen habe, trockne ich nun mit einem Heizlüfter, weil das Pappmache, als wir es in die Form drückten, sehr nass war. Nun aber wird mein Enkel seinen Hirsch mit nach Hause nehmen können.

Nachdem wir gestern die Römerausstellung im Archäologischen Museum gesehen hatten, fahren wir heute zur Saalburg, einem rekonstruierten Römerlager am Limes im Taunus.

Gestern waren wir den ganzen Nachmittag im Atelier. Wir haben während unserer gemeinsamen Zeit kein Glück mit dem Wetter und müssen deswegen meistens in Innenräumen sein. Mit meinem Einbaum auf Rädern fuhr ich meinen Enkel über den regennassen Beton des Geländes. Mit Anne sprach ich über unsere Produktionsbedingungen beim Kunstschaffen und über meinen Nachlass.

Rabe und Hirsch

Bevor meine Tochter Anne mit ihrem Sohn Armin zu Besuch kam, versah ich die Kraftfeldform mit einer weiteren Schicht Schellack. Durch die häufige Benutzung wird ihre Struktur in Mitleidenschaft gezogen und kann etwas mehr Schutz gebrauchen. Mit Pappmache formten wir zwei Figuren, den Raben und den Hirsch ab, die nun trocknen und vielleicht morgen bemalt werden können.

Am Bahndamm holten wir Holz, mit dem wir ein Feuer entzündeten. Durch den Regen der letzten Wochen, war es ziemlich nass, wodurch wir einiges Geschick und viel Arbeit daran setzten mussten, um es in Gang zu bekommen. Später gab es Würste, Gemüse und Käse zum Grillen.

Im Atelier kann man sich natürlich prima beschäftigen. Es gibt eine Hobelbank, Holzbearbeitungswerkzeuge, Holz und genügend anderes Material, mit dem etwas anzufangen ist.

Reduktion

Nachdem es die ganze Nacht geregnet hatte, spielt nun wieder das Sonnenlicht im Garten und lenkt mich ab. Eigentlich bin ich, im Gegensatz zu meinen farbschwelgerischen Gedanken gestern, auf Reduktion aus. Wenige zartfarbige Flecken und deren Konturen sind zu kultivieren. Das tendiert wieder in Richtung Transparentpapierrolle, die ich mir aber erst nach der Reise zeichnend wieder vornehmen werde.

Das Pensum, das ich mir auferlegt habe, fordert mich so, dass ich mich öfter ausgelaugt fühle. Dann hoffe ich mit dem Beginn der Buchmalerei am Morgen, wieder Kraft tanken zu können. Das gelingt oft, aber die energetische Ausbeute schwankt.

Kurz vor größeren Reisen allerdings, gehen die in Gedanken schon zu den Abenteuern, die uns erwarten. Dann ist die Verbindung zu den Stoffen, an denen ich arbeite nicht mehr so eng. Eher bin ich schon im musikalischen Lärm der indischen Straßen, zwischen den Gerüchen der Küchen und Friseurbretterbuden.