Etwa 50 m entfernt von meinem Atelier, sind die Bagger auf eine 5000 Kilogramm schwere englische Fliegerbombe gestoßen, die noch scharf war. Unsere Wohnung in der Frankenallee befindet sich knapp außerhalb des Evakuierungsareals, das für die Entschärfung ausgewiesen wurde. Schicht um Schicht wurde seit Monaten ausgehoben. Im Geschiebe der Geschichte hat sich der Sprengkörper bis in den Schwemmsand gebohrt. Ein Blindgänger blitzt als eingelagertes Ereignis im Generationengedächtnis auf.
Von Rolle 8 zeichnete ich Figuren auf einen Extrastreifen Transparentpapier, den ich für die bemalte Pappe von Franz benutzen möchte. Die Sichtung von Material, das in den vergangenen Jahrzehnten entstanden ist, führt zu einer inneren Dynamisierung. Das Zeichnen ist dann wie eine Meditation, die wieder beruhigt.
Beruhigt wurde gestern auch die Buchmalerei, die ich wegen der Bombenentschärfung zu Hause anfertigte. Auch hier greift eine autobiografische Orientierung, denn ich übertrage nach wie vor Farblinien per Handballenabdruck, die vor zehn Jahren entstanden sind, als Ausgangsrhythmen für die jetzt entstehenden Bilder. Ich las dabei, wie das Mantelmotiv des „Frankfurter Kraftfeldes“ durch einen Berlintraum entstanden ist, in dem Popstars in großen, wehenden, farbigen Mänteln am Himmel kreisten. Dazu die antithetischen Tierfiguren des Teppichs von Bayeux. Das ist die Energie für meine Weiterarbeit.