Am Morgen male ich drauflos. Körperlich reagiere ich auf Strukturen. Die Linien kommen aus dem Inneren. Denken stört dabei eher. Gestern war das noch stärker, weil dazu Musik von Wolfgang Rihm lief, die auch einem körperlichen Zustand zu entspringen schien. Ich meine weniger die Interpretation, als die Komposition. Die entstehenden Formen meiner Buchmalereien erinnern mich zumeist an etwas in der Ferne. So entsteht eine Spannung zwischen dem körperlich Nahen und der entfernten Erinnerung. Ich befinde mich dann auf einer Zeit-Energiespur. Eine andere Energie entsteht auf dem Weg der Suche. Das Material richtet sich nach diesen Linien aus, wie Kristalle, die sich nach physikalischen Mustern ordnen.
Ein solches Wachstum stelle ich mir für das Gitterobjekt vor, so es denn entstehen wird. Es kann von der Wand in den Raum wachsen, wie eine Pflanze. Die künstlerische Grundstruktur ist verinnerlicht, muss nicht mehr gedacht werden. Durch sie wächst dann eine vernetzte Kreislauflandschaft, erst auf Transparentpapier, dann mit Metallstäben.
Nach einer Pause werde ich nun wieder die Arbeit an Rolle 9 aufnehmen. Ich denke an den Zusammenhang von Linienverdichtungen in einem Umriss und an das Ausschneiden dieser Figur in der nächsten Arbeitsrunde. In dieser Leere lädt sich der Raum neu auf.