Schon vor einer Weile hatte ich mir vorgenommen, mir den Mauerstreifen genauer anzusehen. Vielleicht könnte ich ein paar kleinere Hände laufen und dabei die Sicht- und Schussfelder der Grenztruppen der Deutschen Demokratischen Republik in das zu bearbeitende Material mit einbeziehen. Ich stelle mir das Ausblühen dieser dreieckigen Felder vor, wie sie von spitzen Blättern zuwachsen und Erinnerungsbilder hervortreten.
Gestern begann ich mich mit dem „Ring“ von Wagner zu befassen. Gedanklich knüpfe ich an „Nibelungen“ von Hebbel in Dresden an. Das Holzschnittbuch, das ich vor achtundzwanzig Jahren dazu gemacht hatte, wies schon die Rollbildstruktur auf, die ich heute in verschiedener Weise benutze. Beobachtungstürme, Todesstreifen, fliegende Popstars, die brennende Halle schließen sich zu einem Erinnerungsstreifen ohne einen Timecode zusammen. Transparentpapierrollen, Figurensequenzen, Regale voller Tagebücher – all das sind Erinnerungsstreifen. Die neuen Geschichten befinden sich in den Lücken, weiße Flächen, die durch die Erfindung von Brückengeschichten aufgefüllt werden oder ein einfaches Schweigen erzeugen. Zwischen den Bildern auf den Rollen lagern die Geschichten, Gesten und Linienbündel, die noch nicht erzählt, getanzt oder gezeichnet worden sind..