Gestern im Atelier hatte ich einen langen und ruhigen Nachmittag. Ich konnte mich ganz dem Waldmaterial hingeben, in Ruhe Transparentpapierschichten hintereinander anordnen. Auf ihnen sind zunächst immer noch die aufgezeichneten Wegabschnitte mit Tusche nachgezeichnet zu sehen. Dann kommen die Materialien, die auf einem Tisch liegen etwas sortiert dazu. Moose beispielsweise gehen gut mit ganz dünnen trockenen Gräsern zusammen.
Der Schellack löst die Tusche noch einmal an, verdunkelt sich dadurch partiell und schlierig. Diese Spuren machen das Fließen deutlich, das den Kontrapunkt zu den geraden Linien zwischen den Wegpunkten bildet. Ich bemerkte, dass die ganz kleinen Ästchen ähnlich wie die großen gebogen sind, mit denen ich im Wald meine Architekturen baue. Bis zum Abend habe ich einige Objekte mit feinen Strukturen collagiert, bin aber noch nicht so recht in die Dreidimensionalität vorgedrungen.
Die Bildstreifen des Arbeitstagebuches, die als Bildschirmschoner nacheinander geordnet aufleuchten, decken die Langsamkeit der Entwicklung der Motive auf, diesen unendlich vorsichtigen Prozess, der nichts überstürzen will.
Während des Laufens im Park, mit dem ich das Schreiben unterbrochen hatte, ging die Sonne zwischen den Bürotürmen auf. Die Zwillinge der neuen Europäischen Zentralbank strecken sich nun schon deutlich in den östlichen Stadthimmel.
Einen der kleinen Bergkristalle tauchte ich gestern in zähflüssigen Schelllack. Es stellte sich wieder diese eigenartige Spannung zwischen geradliniger Klarheit und eingefärbtem Fließen ein. Gestern dachte ich schon mal daran, Schelllack mit in den Wald zu nehmen, besondere Plätze damit zu markieren und sie immer wieder zu mit neuen Schichten zu versehen, wie die Heiligenfiguren in Indien die Schichten von Butter auf sich tragen.