Wir kennen alle die helle Nachtwolke über dem Flughafen, die wie ein Kristall in den dunklen Raum zu wachsen scheint. Von dort aus erhellt sie als Kronleuchter die Stadt.
Die Hoffnung, die in den täglichen Zeichnungen ruht, macht mich durch ihren Schein erst sichtbar. Der Genuss, auf viel Material zurückgreifen zu können behütet die Erinnerungen, indem sie immer wieder aufgerufen werden. Morgens, wenn ich den Krähen mit dem Spiegel Lichtzeichen zumorse, ziehen siel gleichgültig schnell wieder ab. Manchmal aber äugen sie lange ausharrend vom Baum aus herüber.
Kurz vor Sonnenuntergang flog eine exakte V-Formation von Kanadagänsen tief über das Atelierdach in Richtung Main. Die akustischen Zeichen ihrer Orientierung kündigte sie schon Sekunden im Voraus wie mit fremdartigen Signalhörnern an. Dann gleich zeigte sich ihr unmissverständliches Zeichen, dem ich schnell gefolgt wäre, könnte ich mich rasend über die Dächer heben.
Ein Bild der kaum auslotbaren Depression bot sich mir Vorgestern auf meinem „Inspektionsgang“ in die Nacht. Ein haariger alter Mann lag auf dem Boden einer Küche und schlief im unbeschreiblichen Lärm der benachbarten DJ`s, der die Partygäste zu vertreiben schien. Die Frau, die ihn beobachtend zu bewachen schien starrte, unter dem unbestimmten Rot eines stumpfen Dauerwellenschopfes abwechselnd in einen flackernden Bildschirm und auf das Wesen am Küchenboden.
Gestern in der stillen Dunkelheit zog eine Fledermaus verschlungene Bahnen über unserer wärmenden Glut im Kohlebecken. Die Grillen verabschieden sich konzertant in den Winter und hinterlassen die Erinnerung an eine unbestimmbare Sehnsucht. Diesen Ausklang einer Jahreszeit kann ich nur, weil er mein Ohrgeräusch nicht übertönen kann, in den Augen meiner Frau sehen.
Heute noch einmal ein heller Morgen, in dessen Licht die Gärten schwelgen. Zwischen den Kondensstreifen, deren Muster sich langsam nach Osten verschiebt, leuchtet gleichmäßig metallen die ablaufende Zeit und degradiert alles unter sich zur Vorläufigkeit: die übergroßen Maschinen in ihrem lang gezogenen Donner über der Stadt, das tosende Blut in den Adern und die Spiegelungen in den großen Scheiben. Schaue ich nur ab und zu in den Himmel entdecke ich seine Bewegung wie im Zeitraffer. So ist es auch mit der Erinnerung.