Selbstfeier und Sturz

Bedrohlich sitzen Katzen aus Steingut auf den Dachfirsten der Roten Ziegeldächer des Dorfes an der Grenze des ehemaligen Russenschießplatzes. Wenn sich der thüringische Gestaltungswille Bahn bricht, kann er etwas sehr Düsteres bekommen. Die Wurzelgesichter aus dem Wald bewachen die Vorgärten, wie böse Trolle.

Gestern gondelten wir zu viert in einem Kleinwagen durch die wellige Landschaft nach Bad Frankenhausen, dem Ort einer historischen Schlacht, die die Niederlage der aufständischen Bauern besiegelte. Die blühenden Buschreihen, Felder und gerundeten kleinen Wäldchen waren eine Augenweide. In milchiges Licht getauchte und weichgezeichnete kleinteilige, wogende Hügel boten einen freien Blick auf den dünn besiedelten Teil Nordthüringens.

Jetzt in Frankfurt, fühle ich mich wie auf einer Insel. Ich bin aus der östlichen Fremdheit zurück und Barbara ist in Berlin. Vertrautheit ist hier

Die Panoramamalerei von Tübke hinterlässt bei mir einen hölzernen Geschmack. Die Manieriertheit des Stils offenbart sich in solcher Monumentalität deutlicher als in kleineren Zeichnungen, die erträglicher sind. Am spektakulärsten erscheint mir in diesem Zusammenhang das Datum der Fertigstellung, einen Monat vor dem Mauerfall. Wie auf dem Bild der großen Selbstfeier kommen Massen hervor aus ihren Löchern und bemächtigen sich des Raumes der Herrschaft.