Junger Text | schneidendes Licht

In diesem Spätsommerwetter dringt mir die Sonne, so wenig gefiltert, am Morgen und Abend überm Horizont flache Strahlen aussendend, blendend direkt auf die Netzhaut. In jedem Jahr sind diese Tage auf ihre besondere Weise anstrengend.

Beim Hangabwärtsgehen am Nachmittag nach Westen schon war der Wechsel zwischen den tiefen Schatten unter den Tannen und dem frontalen Licht zwischen den Wipfeln schneidend. Seit sechs Wochen war ich wieder das erste Mal auf dem Pfad. Er hat die Zeit gut, fast wie gepflegt überdauert. Gelitten hat nur der große Rundbau am oberen Ende, der nun langsam in sich zusammensinkt. Meine Gegenmaßnahmen werden das nicht verhindern. Aber ich wollte an ihm weiter arbeiten, was ich nun auch tun werde. Ich bin gespannt, wie sich das den Herbst über entwickelt.

Alles musste gestern schnell gehen, weil die Lesung, zu der wir am Abend gehen wollten schon so zeitig begann. Helene Hegemann hat bei Hanser in ihrem zarten Alter schon den zweiten Roman herausgebracht. Aus diesem Text mit dem Titel „Jage zwei Tiger“ las sehr schön der Neuzugang zu unserem Frankfurter Schauspielensemble, Paula Hans. Eine junge Frau, gut passend zum in mehrfacher Hinsicht jungen Text. Hegemann ließ sich durch die Oberlehrerfragen von Oliver Reese nicht ins Bockshorn jagen, sondern beharrte charmant auf ihrem Stil und auf den hilfreichen Fehlern darin. Ihre entwaffnend charmante und offene Intelligenz verwies Reese in die besserwisserische Nörgelecke.