Jone San Martin und „Clouds after Cranach 1+2“

Außer dem Tagebuch blieb ich der Arbeit gestern fern, gestern am Sonntag, der auch noch ein Wahltag war.

Während eines Spaziergangs gerieten wir in die Besucherströme der Internationalen Automobilausstellung. Die dazugehörige Blechlawine ergoss sich bis in den Park, in dem wir eigentlich spazieren gehen wollten. Wir kamen uns wie Fremdkörper vor. Die dicken Messebesucher rochen nach Anstrengung und abgestandener Luft. Ganze Blöcke davon ergossen sich aus den Shuttlebussen.

Am frühen Abend besuchten wir die Vorstellung „Clouds after Cranach 1+2“ von der Forsythe Company. Teil 1 war ein klassisches Forsythetanzstück. Immer wieder werden darin Szenen in unterschiedlichen Abläufen durchgespielt. Manche der Darsteller beginnen ihre Figuren plötzlich rückwärts zu spielen, mache Szenen frieren mitten in den Explosionen und wirbelnd Körpern ein. Durch diese Veränderungen im Raum kommt es zu immer neuen Konstellationen und Begegnungen. Den zweiten Teil bestreitet in erster Linie Jone San Martin zusammen mit David Kern und Amancio Gonzalez. Jone spielt die Mutter eines durch einen Raketenangriff getöteten Jungen. Dabei zeigt sie intensiv und genau diese langsam einsetzende Gewissheit, dieses Todes des eigenen Kindes, die sie eigentlich noch von sich fernhalten wollte. Dann aber dehnt und verdreht sich ihre Stimme in die zunehmende Intensität des unsagbaren Schmerzes.

Das Stück habe ich vor acht Jahren schon einmal gesehen. Damals, glaube ich, habe ich es begeistert beschrieben. Gestern sah ich vielleicht noch eine Schicht tiefer, was etwas vom Zauber nahm aber mehr Einsicht erlaubte.