Bob Dylan

Die voll besetzten Schnellbahnen rollen über den Bahndamm in die Stadt hinein. Irgendein Nebel hat am Morgen den Mond verdeckt. Bauarbeiter verlassen ihre Schlafcontainer, um gleich daneben in ihrem neuen Betonbaustellenmoloch zu verschwinden.

Das Dylankonzert vom Dienstag klingt noch in mir nach, die Texte sprechen noch mit mir und die Erinnerungen verfestigen sich und verflüssigen sich wieder. Sein Griff mit der schwächeren linken Hand in die Tasche des ornamentierten Jacketts, in der die Mundharmonika liegt, scheint die Kraft bündeln zu wollen, die in die Stimme fließt. Die klingt schnörkellos wie die Instrumente, die er anrührt, aufs Wesentliche konzentriert. Die Sprache mit ihrer Vielzahl von Betonungen wird uns vorgeführt, die Unterschiedlichkeit der Textbedeutungen hervorgehoben und wieder anders verändert. Ein Refrain wird so zu einer Folge von verschiedenen Bildern. Die Stimme hat im Verlauf des Abends eine Veränderung durchgemacht, als reiste sie noch einmal durch ihr eigenes Leben. Das düstere Rumpeln, Donnern und Zischen einer alten Straßenbahn wich am Ende bei der Interpretation des ältesten Songs des Abends dem nasalen Ton der Sechziger- und Siebzigerjahre und bekam ihre Jugend wieder zurück. Wenn auch nur für einen kurzen Moment.

Wenn Bob Dylan ans Mikrofon tritt, scheint er niemanden im Saal zu meinen. Das Geheimnis bleibt, wie er doch alle trifft und die Seelen der meisten ankratzt. All diese Dinge, die ich beim Zurückblättern in meinem Tagebuch schon aufgeschrieben sehen kann, haben sich irgdenwie bestätigt:

Eine Tour durch die Erinnerungen, die in die Zukunft projizieren kann.