Die kleine Bronzefigur von Krishnababy ist verhältnismäßig schwer. Deswegen eignet sie sich dafür, die aufgeschlagenen Seiten fest gebundener Bücher so zu fixieren, dass sie nicht wieder nach oben aufstehen können und verblättert werden. Gleichzeitig kann sie mit der linken Hand mit der sie sich aufstützt, auf die Textstelle zeigen, sie so markieren, die ich noch mal lesen möchte.
Heute Früh zeigt er auf Zeilen von Richard Klein in dem Bob-Dylan-Lesebuch „How Does It Feel“, das Klaus Theweleit herausgegeben hat. Und dieser Klein schreibt: „Singt Dylan alte Lieder,… singt er sie modern, nicht traditionell, nicht konservierend … in jedem Fall aber mit der Möglichkeit der Korrektur. Im Alten ist das Jetzt zu hören, im Jetzt das Alte. Vielleicht ist das die Formel für den Dylan von heute – und die „Never Ending Tour“ sein Versuch, mit Bewusstsein die Geschichte zu singen und singend fortzuschreiben.
Am Abend sah ich mir noch ein paar Konzertmitschnitte der letzten Monate an und fand die Zeilen bestätigt. Tatsächlich, wie auch in meiner Erinnerung, singt er „Blowing In The Wind“ in einer völlig neuen Weise. In der gesteigerten Aufmerksamkeit der begleitenden Band, glaube ich auch eine steige Bereitschaft zu sehen, die darauf zielt, eventuelle Variationen sofort aufzunehmen. In den verschiedenen Mitschnitten ist zu bemerken, dass er den Song aber immer fast gleich interpretiert. Die neuen Songs zeigen traditionelle Strukturen auf, sind der amerikanischen Musikgeschichte verpflichtet. Wenn das Wort „Wind“ am Ende des Konzertes lang gedehnt wird, erscheint wieder der nasale Ton, der den Sound der frühen Dylanzeit heraufbeschwört. In dieser Weise scheint es möglich zu sein, die Zeit außer Kraft zu setzen und Vergangenes mit Künftigem zu verschmelzen.