Empfindungsmaterie

In früher Stunde am Schreibtisch registriert das Hirn zunächst nur die Anwesenheit des Körpers durch die Existenz von Schmerz. Schmerz definiert den spürbaren Raum. Das kann etwa eine wiederkehrende Verspannung oder etwas Druck sein, der von Außen zugefügt wird. Je spitzer der äußere Gegenstand, desto dichter das Raumempfinden. Ein Punkt konzentrierter Empfindungsmaterie.

Die Neuordnung der Regalinhalte habe ich etwas unterschätzt und will mich damit nicht beeilen, denn es kommt mir so viel Material zwischen die Finger, das ich schon längst vergessen hatte. So hob ich Hibiskusblüten auf, um deren Blätter irgendwann in Schelllack zwischen Transparentpapier zu legen. Ich könnte mir vorstellen, sie mit gerasterten Vergrößerungen der Porträts von Zwangsarbeitern zu kombinieren. Sie wurden bei Ihrer „Einstellung“ fotografiert. Trockene Hibiskusblüten sind wie verblasstes Blut. Außerdem erinnern sie mich an ein feines Damasttaschentuch, das ich während meiner Militärzeit bei meinen Sachen hatte. Ich holte es manchmal aus meinem Spind, um mich der Existenz der anderen Welt zu versichern, die sich jenseits des Geruchs nach Waffenöl, Bohnerwachs, Leder und Schweiß befand. Ich litt unter der Grobheit allen Materials, des Umgangstones und unter dem Stumpfsinn in der Masse des Regiments.

Am Ende eines Gesprächs über digitale Bildbearbeitung zeigte ich Roland meine täglichen Collagen, wie sie auseinander hervorgehen und woraus sie sich ansonsten zusammenfügen.

Termine in dieser Woche noch mit Frau Budde zum „Schattenboxen“ und mit Helga. Wir haben zu klären, an welcher Stelle unserer Arbeit wir uns befinden.