Bachs „Partita Nr.2“ gab dem Tanzstücke von Anne Theresa De Keersmaekers, der belgischen Tänzerin und Choreografin, den Namen. Im Black, in Völliger Finsternis, wurde das Stück für Violine von Amadine Beyer in der Mitte der Bühne, direkt vor mir gespielt. Schon das war tänzerisch beschwingt, mit einer Hingabe, die sich auf mich übertrug. Durch die Dunkelheit konzentrierte sich die Aufmerksamkeit nur auf die Musik. Im Abgang der Musikerin, nach einem abrupten Ende des Spiels setzte Licht ein. Ein einzelner, automatisch schwenkbarer Scheinwerfer, warf ein kaltes Lichtrechteck an die Wand, das von Links nach Rechts, langsam wie ein Stundenzeiger über die Bühnenwände glitt. Zu einem Pas de deux zu der gerade gehörten Musik kamen Keersmaekers und Boris Charmatz auf die Bühne. Und nun folgte etwas, das bei mir die Assoziationen von Luther, Eisschnelllauf und Gret Palucca hervorrief. Was getanzt wurde, war ein folgerichtiger Kommentar zum kontrapunktischen Stück, das vorher zu hören war. Die Bewegungen im stillen Raum reagierten mit einer selbstverständlichen und schönen Art aufeinander, ohne dass irgendetwas Glanzvolles hervorstach. Glanz lag auf dem Gesamtabend. Dieser mittlere Teil fand ohne Musikklang statt. Die Musik fand sich nur im Tanz. Orientierung gaben lediglich auf den Bühnenboden gezeichnete Kreidekreise, deren Bahnen ineinander geschlungen die Wege der Tänzer aufzeigten. Im dritten Teil, der durch ein kurzes Black abgeteilt war, fanden nun das Musikstück mit der Violinistin und die Tänzer mit ihren Pas de deux zusammen. Alle drei wiederholten einfach das, was wir vorher schon gesehen oder gehört hatten, nur diesmal zusammen. Dadurch wurde deutlich, wie genau vorher die Musik ohne Klang getanzt wurde. Im Zusammenspiel wurde der Höhepunkt des Dreiklangs erreicht.