Materialität | Maniera

Die Zeichnungen von Gestern: 3 minimalistische Buchmalereien, ein Totenbuchblatt fertig und ein weiteres Totenbuchblatt begonnen. Bei der letzten Zeichnung unterlief mir ein Fehler. Ich zeichnete die linke untere Gesichtshälfte des Doppelportraits direkt auf den Bogen mit den Gravitationsschwüngen, anstatt ein weiteres Transparentpapier aufzulegen und darauf zu zeichnen. Nun will ich sehen, was sich aus diesem Fehler ergibt…

Auf einem Reststück Nessel, das ich von der Bespannung des Großen Formates abgeschnitten hatte, probierte ich die erste Technik, mit der ich die kleineren transparenten Blätter zeichne, die Frottage. Einen Muschelring legte ich unter den Stoff und rieb mit einem Graphitstift darüber, so dass sich die Muschel bewegte. Die Spur der abgebildeten Unebenheiten war ähnlich präzise und nah am Material, wie bei den kleineren Zeichnungen. Diese Direktheit des haptischen Eindrucks schafft eine andere Nähe, als es die Malerei auf grundierter Leinwand schaffen kann.

Die Materialität, die ich gestern in der Ausstellung „Maniera“ im Städelmuseum sah, hat nichts von dieser Unmittelbarkeit. Durch die Genauigkeit, mit der ein Seidenstoff gemalt ist, rückt er weiter von mir weg. Das Handwerk des Malers tritt hervor und bestimmt mein Schauen und Nachdenken. Andere Faktoren, wie die Architektur und das Farbprogramm der Wände, lenkten mich eher von den Bildern ab. Ich hatte zutun diese Präsenz zusammen mit den Bildern zu verarbeiten.

Der Maler Jacopo Pontomoro hinterließ ein Tagebuch, aus dem ein paar Seiten präsentiert wurden. Diese Verwandtschaft zu meiner täglichen Arbeit berührte mich am meisten.