Jeweils neun Zeichen des dritten Totenbuches zeichnete ich gestern auf drei verschiedene Transparentpapierblätter. So ergaben sich neun Konstellationen, von denen ich hoffe, dass sie die ersten Bausteine für die Brücken auf die Erinnerungsinseln bilden werden. Beim Anschauen der Zeichenüberlagerungen erwarte ich irgendwann, dass die Eilande aus dem Nebel des Vergessens hervortreten.
Ein weiterer Schritt dorthin ist das Extrudieren der einzelnen Flächen in einen Raum. Es entsteht also ein Gebäudemodell, ein Artefakt oder ein Bedeutungsvolumen, in das eine Erinnerung eingekapselt ist. Mit dem 3d Drucker handgreiflich erstellt, bilden sie die Metaphern im Reservoir des Erlebten, die Verdinglichung eines abstrakten Gedankenspiels.
Ein junges Regieteam unter der Leitung des dreißigjährigen Daniel Foerster hat mit dem „Totentanz“ von August Strindberg, die letzte Premiere der Spielzeit herausgebracht. Spiel, Kostüm und Maske erinnerten mich am Anfang an Arbeiten von Bob Wilson. Diese strengere Form zerfaserte dann aber später in eine Schmiermittelschlacht vorne auf der kleinen Bühne. Eine Sahnetorte zerbarst auf einem Gesicht, ein rohes Eigelb ging von Mund zu Mund und Augen liefen zerstochen aus. In der ersten Reihe fürchteten wir uns vor dem spritzenden Theaterblut, blieben dadurch aber in Distanz zur Handlung.
Unter dem Sternenhimmel einer späten blauen Stunde tranken wir, nach dem Beziehungsdrama in einer Ehehölle, auf dem Südbalkon kalten Rosè.