Gewalt

Sonntagnachmittag

Birkensamen fliegen wie Insekten durch das Sonnenlicht, führen leuchtend vor Schattenwänden im Westwind, einen wilden Tanz auf. Das sechzehnte Relief steht draußen in der Form zum Trocknen in diesem Gestöber.

Ich schaue mir traditionelle Skulpturen des tanzenden Shiva an. Etwas uninspiriert zeichnete ich gestern an der Wand, auf die ich auch ihn darstellen will. Zerstörerisch allerdings erwiesen sich gestern eher die Würfelspieler. Sie droschen den Lederbecher mit den Würfeln auf den Tisch und schrieen dazu durcheinander herum. Mir gelang es kaum, mich zu konzentrieren, und ich gab nach einer halben Stunde auf.

Die düsteren Collagen bedienen sich aus den Buchmalereien und dem Scherbengericht, als wollten sie die zerstörerische Gewalt abwehren, die mich umgibt: Lärm der Baustellen, Geschrei der Trinker und ein Verkehr wie Sturm.

Gestern Abend im Schauspiel sahen wir eine Karaokeveranstaltung. Je mieser die Gesangsvorführungen waren, umso frenetischer tobte der Applaus. Unwirklich würdelos war das Ganze. Die sich auf der Bühne entblödeten, wurden gnadenlos vorgeführt. Wir hatten das Gefühl, im falschen Film zu sein und verließen die Veranstaltung vorzeitig.