Die Wandlungen der Buchmalereien führen zu den Kräften, die innerhalb der Scherbengerichte walten und dahin, was aus ihnen erwächst. Die Energieversorgung durch die schwarzen Tuschekreise der einzelnen Blätter, fließt über die Bahnen der Binnenstruktur der Scherben hinaus in meine Erinnerungsgeflechte. Von dort aus entstehen die suchend kreisenden Gravitationslinien, und markieren den Anfang der morgendlichen Malerei.
Ich erinnere mich an das Aktzeichnen bei Frank Lehmann in Coswig bei Dresden. Dort zeichnete Ralf Kerbach, dessen Arbeit sich bis heute, soweit man das im Netz sehen kann, nicht sehr gewandelt hat, eine Figur und füllte sie mit einer Spirallinienstruktur, die er dann wieder übermalte. Dieser Vorgang war mir dann noch lange gegenwärtig und schafft bis heute mitunter eine eigene, versteckte Vielschichtigkeit der Blätter. Manchmal verdichten sich auch jetzt noch aus solchen Spiralen klarere Formen, mit denen ich dann weiterarbeiten kann. Nicht zuletzt sind die Gravitationsschwünge ein Echo davon, das ich jetzt bei Franz Konter wieder gefunden habe.
Im Schreibsekretär liegen nun über 100 Blätter des 3. Scherbengerichtes. Wenn ich die Blätter in dieses Schränkchen legen, rieche ich den Menschen, der zuvor daran gearbeitet hat – ein Zahlenschreiber, wie manche durchgedrückte Kugelschreiberlinien auf dem Furnier der aufklappbaren Schreibplatte verraten.
Das Schweben der derzeitigen Buchmalereien hat die Unentschiedenheit eines Gleichgewichts. Vielleicht ist die Suche nach der vagen Waage ihr Thema.