Nachkriegskindheit

Ein Telefonat mit meinem Vater mündete gestern in Erzählungen aus seiner Nachkriegskindheit. Er sprach über die Abwesenheit seines trinkenden Stiefvaters und darüber, dass er mit seiner Schwester währenddessen Lebensmittel organisiert hat. Straßengangs aus den zerbombten Vierteln Berlins, Güterwaggons voller Kartoffeln und Zuckerrüben, alles, was nicht niet- und nagelfest war, wurde bei Altwarenhändlern oder auf dem Schwarzmarkt versetzt für Essen. Sicherlich hatte diese Welt eine abenteuerliche, spielerische Seite. Andererseits prägte die Gnadenlosigkeit dieser Mangelwelt den Alltag. Seine Schwester verbarg stets ihre Herkunft. Auch mit ihren Kindern sprach sie nicht über die Lebensumstände dieser Zeit, derer sie sich bestimmt geschämt hätte.

Die Liebe der Großmutter zu dem fahrenden Handwerker Oskar, der sich bald wieder, nachdem er zwei Kinder mit ihr gezeugt, aus dem Staub gemacht hatte und die „Versorgungsehe“ mit Paul, dem trinkenden, oft abwesenden Buchhalter, mit dem sie zwei weitere Söhne zeugte, sind Eckdaten einer nach Familienhalt suchenden Existenz.

Den Sonntag verbrachten wir im Gärtchen, lesend, Tonscherben zerschlagend, pflanzend und trödelnd. Das Refugium wird zu einem Rückzugsraum.

Über der Kuppel der Eidechsenhemisphäre taumelt ein großes, schwarzes Insekt auf der Suche nach Futter und einer Höhle für die Nachkommenschaft.