Priorität

Montag, Atelier.

Rasante Buchmalereien gestern. Danach modellierte ich Splitter, in die ich die Scherben des Väterdoppelportraits zerspringen ließ. Es sind pro Scherbe durchschnittlich etwa 50 Splitter. Und die Anzahl der Scherben beträgt 600.

Als William Kentridge annahm, dass seine Zeichnungen lediglich für die Schublade entstanden, überkam ihn Verzweiflung. Wo liegt seine Priorität – bei sich oder dem Publikum? Läge sie klar bei ihm selbst, hätte es die Verzweiflung sicher nicht gegeben.

Die neue Tanzcompany zeigte gestern ihren neuen Abend. Zunächst hatten sie „Workwithinwork“, ein Stück von William Forsythe aus den Neunzigerjahren einstudiert. Sofern aber die geistige und körperliche Ausbildung durch den Meister fehlt, kann ein solches Vorhaben nicht gelingen. Immer werde ich die Bewegungen an denen der Forsythecompany mit ihren Individuen messen. So wird aber der Kern, nach dem er gesucht hat, nicht entfernt berührt oder in Sicht gebracht, bei aller Sportlichkeit und Eleganz!

Schwerer aber wiegt der Sturz in die Belanglosigkeit des zweiten Teiles. Die großartig beweglichen Körper der jungen Leute werden allenfalls zu seichter Unterhaltung geführt. Und ein Publikum gibt es dafür immer. Der neue Ballettchef ist leider kein ernst zu nehmender Künstler!