Getier

Für die nächste Zeit ist heute der letzte heiße Tag. Schon beim Anblick von winzigen wuselnden Ameisen werden die jungen Eidechsen nervös. Die Alten verstricken sich in Revierkämpfe. Gestern verbissen sich zwei ineinander und schleuderten sich, als wollten sie sich umbringen, um die eigene Achse, bis ich dazwischen ging. Die unterlegene flüchtete sofort in meinen Vertikalgarten, also in das aufgeschichtete und bewachsene Gesträuch, das das Gärtchen zum Platz zwischen den Häusern abgrenzt. Die andere, die zurück blieb, blinzelte mich an, fürchtete sich vor mir nicht, und in ihrem Blick meinte ich den Satz: „Was soll das!“, lesen zu können.

Dies ist auch der Morgen der Insekten, die sich umschwirren und sich an gefährlichen Stellen hinsetzen, wo sie leichte Beute sind.

Im sumpfigen Grund einer Floridapalme, baden die Meisen und schütteln sich danach im Gesträuch trocken. Auch Rotkehlchen, Spatzen, Amseln und ein Rabenpaar schätzen meine stehenden Gewässer.

Am Nachmittag modellierte ich ein paar vorgezeichnete Splitter des siebten Reliefs zu den Scherben zusammen, die irgendwann in etwa einem Jahr zum großen Doppelportrait der Väter zusammengesetzt werden können.

Heute fahre ich zur Lesung meiner Tochter, aus ihrem Roman „Leinsee“ nach Dreieich. Ich bin sehr gespannt und freue mich.