Im Gezweig über der Alle hüpfen die Eichelhäher durch die Stadt. Tatsächlich tragen sie dabei manchmal Eicheln zwischen ihren Schnäbeln, wer weiß wohin…
Unter der Regie von Thibaud Delpeut hatte gestern „Ajax“ von Sophokles Premiere. Achill wird als posttraumatischer Selbstmörder gezeigt. Nachdem er sich in den Mund schoss sind sein Leichnam und seine Waffen Streitobjekt zwischen Odysseus und Ajax. Interessant ist wie Sophokles den Wahnsinn des Helden vorführt, der, gesandt von Athene, ihn in den Tod treibt. Und keine Gesprächstherapie konnte das verhindern.
Das Ganze fand im Bockenheimer Depot statt auf dessen Holzhallenarchitektur ich mich schon den ganzen Tag gefreut hatte. Eine Schar kultivierter Menschen unter der hohen Balkenkonstruktion, dazu ein gut gearbeiteter, etwas rätselhafter Text – was will man mehr. Spielflächen waren unterschiedlich hoch gefüllte Wasserbehälter, mit deren spiegelnder Beleuchtung rechts und links eine Parallelhandlung in die Architektur projiziert wurde. Ein Klarinettist machte mit einem Effektgerät(!) den Lifesound zum Stück. Der Einsatz der handgemachten Musik in Stücken nimmt zu. Eine Sehnsucht der Theatermacher und ihres Publikums nach einer vordigitalen Zeit wird hörbar. Auch die Bratschistin im vorgestrigen Tanzstück unterstrich diesen Trend. Gleichzeitig aber werden die Stimmen der Schauspieler über Mikrofone verstärkt, als gäbe es keine Sprachausbildung mehr. Auf der Premierenfeier trafen wir Simon Werle, der das Stück neu übersetzt hat. Es entspann sich ein schönes Gespräch mit ihm, bis jemand hineinsprach und nicht mehr zu unterbrechen war.