Auf dem Schrank

Stratocaster heißt das Modell einer elektrischen Gitarre von Fender, die ich mir gestern Im „Session Music“ in der Hanauer Landstraße umgehängt habe. Dank einer gründlichen Beratung meines Schwagers hatte ich leichtes Spiel, dieses Modell als zu mir gehörig schnell zu erkennen. Der Hals besteht aus gewachstem Buchenholz mit einer Palisanderauflage auf dem Griffbrett. Schon schreinerisch ein Gedicht. Der Körper ist schwarz lackiert und trägt ein weißes Schlagbrett, drei Tonabnehmer, einen Tremolohebel und Drehknöpfe, einen Schalter und so weiter… Dazu kommt ein Effektgerät, das verschiedene Verstärker in sich hat und ein Universum von Tonfärbungsmöglichkeiten.

Von der Beatleszeit an kamen mit elektrische Gitarren wie ein Zeichen der Freiheit vor. Mit ihnen verband sich der Blues, der auf raren Schallplatten gehütet wurde, weil er unserem Lebensgefühl so sehr entsprach. Hinter dem Eisernen Vorhang waren wir auf verlorenem Posten. Die elektrischen Gitarrenklänge von Sleepy John Estes holten uns da heraus, halfen diese Abgeschnittenheit durchzustehen. Und im Radio gelangen die Fluchten in den Westen schnell. Silbern schimmerte der Beatclub im Fernsehen. Da wollte ich hin. Und vielleicht bin ich in dem Moment, als wir das Instrument gestern auf dem Parkplatz des Musikgeschäftes in Olivers Auto legten, erst richtig angekommen. Das ging mir nahe.

Weil ich die „Strat“ erst zu meinem Geburtstag geschenkt bekomme, liegt sie nun auf dem Schlafzimmerschrank in einem Karton, und ich stehe davor wie ein Kind, das sich mit gutem Grund auf seinen Geburtstag freut.

In letzter Zeit höre ich wieder öfter Olivier Messian. Seine dem Raum abgehörten und übersetzten Klänge füllen manchmal vorsichtig mein Atelier. Ich stelle mir einen tiefen schlammigen Ton vor, in den ich die Bergkristalle hell hineinsprenkeln kann…