Auf Rolle 6 habe ich mit einer neuen Totenbuchsequenz begonnen. Auf ein Stück Transparentpapier zeichnete ich zunächst eine Wolke von Gravitationsschwüngen. Mit diesen Linien zerschnitt ich dann die Rasterpunkte der Portraitmischung von meinem Vater und mir, indem ich sie darüber legte und die Kombination dieser Schichten, die Scherben also, auf Rolle 6 übertrug. Im weiteren Verlauf der Rolle verdoppelte ich das Ergebnis, indem ich es noch mal fortlaufen ließ, und konnte so durch mehrmaliges Hin- und Herrollen und immer erneutem Durchzeichnen, die Sequenz am Nachmittag starten. Oben legte ich einen Ausschnitt davon über die gestrige Collage.
Durch den Beginn der Beschäftigung mit den Texten von Aleida Assmann, rücken neue Dimensionen der Erinnerungsaufbereitung in mein Blickfeld. Die neuen technischen Möglichkeiten erlauben andere Zugriffe auf die archivierten Daten. Somit erscheinen mir beispielsweise dreidimensionale Darstellungen der Totenbücher als eine neue Art und Weise, diese Arbeit weiter zu führen. Die einzelnen Scherben könnten gestapelte Querschnitte von Strängen sein, die Figurationen bilden, die ich ausdrucken kann.
Außerdem denke ich an die Veränderungen der Erinnerungskulturen zwischen den Generationen. Wenn ich nach den Vätern innerhalb eines einheitlichen nationalkulturellen Gebildes in einer überschaubaren geografischen Situation suche, befinden sich meine Schüler innerhalb von multikulturellen Patchwork – Familienstammbäumen mit weit verstreuten Herkünften. Wir werden nicht umhin kommen, innerhalb unseres Biografieprojektes nach neuen Techniken zu suchen, um unsere Erinnerungen sichtbar zu machen.