Eidechsenschlaf

In den weichen Schwemmsandboden auf einem großen brachliegenden Grundstück, das vor kurzem auf Blindgänger aus dem 2. Weltkrieg untersucht worden ist, werden nun tiefe Pylone gerammt. Schlagendes und rüttelndes Metall vervielfältigt seinen Klang an den Echowänden der nackten Neubauten rundherum. Unsere Steinzeitschicht wächst und wird immer schwerer zu entsorgen.

Hoch türmen sich Wolken über der feuchtwarmen Luft. Die Spannung zwischen der gleichmäßig temperierten Unterwelt der Schwermetalle und dem schnell finster auffliegenden Himmel wird stärker. In unsere gestrige Grillparty, zu der wir eingeladen waren troff und entlud sich auch ein Unwetter, das sich tagsüber aufgebaut hatte. Ich saß im Wintergarten und freute mich über das Trommeln des Regens. Es erinnerte mich an mein Atelier, das ich selbst gebaut hatte. Auch dort genoss ich die Sommergüsse, die vom selbst eingeglasten Dach abgehalten wurden. Auf der Terrasse gestern stand eine Marmorskulptur, die ich vor vielleicht zehn Jahren ohne jede Maschine hergestellt hatte. Nun begrüße ich sie, wenn ich sie sehe, indem ich über ihre etwas poröse, leicht geschwungene, nach oben zeigende, körperlich atmende Fläche streiche. Sie hat schon etwas Patina angesetzt, was dem großen Carraramarmorblock gut tut.

Nachdem ich gestern eingekauft, gekocht und meine Schüler in ihre Geschichten, und Techniken begleitet hatte, mit denen sie erzählen, fiel ich mit den Eidechsen in einen kurzen, tiefen Schlaf.