Gegen 4.30 Uhr am Morgen ging mir eine malerische Variante der Kinderportraits durch den Kopf, an denen ich derzeit auf Rolle 6 arbeite. Hinter meinen schläfrigen Augen stellte sich das Ganze eher als eine farbige Zeichnung auf Leinwand dar. Mit welchen Mitteln sie unterstützt werden könnte, wird sich noch zeigen.
Ich überlege mir, dafür meine alten Ölfarben aus Dresden zu nutzen, sie ordentlich zu verdünnen, um einige Lasureffekte zur Verfügung zu haben. Eigenartige und nette Aussicht: Staffelei, Abstand, Ruhe und Rückgriffe in alte Techniken. Dabei hole ich die Stimmungen herauf, die mich damals beherrscht haben.
Auf dem Beton in meinem Garten las ich gestern die letzten Erzählungen aus „Die Söhne sterben vor den Vätern“ von Thomas Brasch. Der Ton verdickt mein Blut und Kälte senkt sich herab auf meinen Körper, wenn ich die Worte lese, die mir meine „Zeit in der Produktion“ wieder nahe an mich heranrücken. Aber gleichzeitig keimt da auch diese Kraft des Aufbegehrens wieder auf und das verschafft mir Arbeitsenergie. Das Kindheitsthema erweitert sich in die Zeit, als ich das Eingesperrtsein erkannte. Es gab aber später den Ausweg eines Ausreiseantrages. Dieser Vorgang der Antragstellung spaltete die Menschen der Umgebung in solche, die einen als Verräter an der „Sache des Sozialismus“ betrachteten und in solche, die am liebsten auch gleich abhauen würden.
Die Reaktionen der offiziellen Stellen waren klar und deutlich. Indem der den Antrag vierteljährlich erneuerte wurde egal ob der vorhergehende bearbeitet oder abgelehnt war, bezeugte unbeugsame Beharrlichkeit. Das hatte manchmal Erfolg.