Jan Assmann hielt gestern einen Vortrag über die Exoduserzählung und damit über sein neues Buch, das ihre Wirkung auf Gesellschaften bis in unsere Gegenwart beschreibt. Immer wieder rückt das Thema Gewalt mit dem Hinweis, wie dünn die Decke der Zivilisation ist, in seinen Focus. Dabei geht von seiner Stimme, seinem Sprechrhythmus und von seinen Worten ein tieferer Eindruck aus, als wenn ich in seinen Büchern lese. Er ist halt auch ein guter Performer. Bestätigungen seiner Erkenntnisse liefert der Alltag auf der Straße und in den Nachrichten.
Als ich ihm vor ein paar Jahren, während er seinen schönen kleinen Inselband „Osiris – Mit den Toten reden“, in dem er aus altägyptischen Quellen etwas wie ein Theaterstück zusammenstellte, erzählte, dass seine Bücher aufgeschlagen in meinem Atelier liegen und viel Inspiration für meine Arbeit davon ausgeht, war er drauf und dran, das zu besichtigen. Wahrscheinlich hätte ich ihm die Transparentpapierrollen gezeigt, auf denen Teile meines Lebens wie in einem Totenbuch festgehalten sind.
Auch die Biografiereihe folgt einem Impuls, der Erinnerungstechniken, die in seinen Büchern beschrieben sind, aufnimmt.
Ein Nordwind kommt mit harten, kalten Lichtwechseln an. Sein westlicher Bruder hat nun alle Blätter von den Ästen gefegt und der Blick dringt wieder tief in die Gesträuche, was eine besondere Art von Konzentration fördert.