Im KW, was die Abkürzung für Kunstwerk und ein Ausstellungszentrum für Gegenwartskunst ist, sahen wir eine umfangreiche Werkschau von Christoph Schlingensief. Gleich am Anfang stieg ich in den „Animatograph Edition Parsipark (Ragnarök)“ von 2003. Auf einer Drehbühne waren verschiedene Versatzstücke zu einem Enviroment montiert, das ein Labyrinth von Aufenthaltsorten miteinander verband, durch welches man wandeln konnte. In vielen Ecken schimmerten kleinere Bildschirme, waren voll geschriebene Hefte zu sehen, und alles wurde von Projektionen von außen durchdrungen. Die rotierende Plattform mit einem Durchmesser von etwa zehn Metern war noch von einem Kastenbau umgeben, der seinerseits wieder Bildschirme hielt und Projektionen auffing. Innerhalb des sich drehenden Baus konnte man einen Aussichtsturm besteigen, von dem aus man mit Ferngläsern auf das Szenario schauen konnte. Dort balgten sich in Soldatenuniformen gesteckte, projizierte Affen zwischen Honeckerbildern, Seeelefantenherden wälzten sich ständig durch die offenen Architekturen, in denen sich Nachrichten aus der anderen Sphäre unseres Alltags befanden. Auf Stühlen sitzend konnte man auf diesem Karussell mitfahren, um sich in die Kollisionen der Bilder zu vertiefen. Eigentlich hätte das schon gereicht. Man hätte mit diesen Bildern angefüllt hinausgehen können. Aber es warteten noch zwei Etagen mit Überforderungen flutender Sprache, sengender Bilder und medialen Bienenschwarmgesumms. Unzählige Filmdokumentationen lenkten gegenseitig voneinander ab. Interessant war der Bericht über den Bau des Operndorfes in Burkina Faso, an dessen Organisation und Entwurf der Künstler bis zu seinem frühen Tod im Alter von neunundvierzig Jahren arbeitete.
„Judas“, ein Stück von Lot Vekemans war in einem Gastspiel der Münchner Kammersiele im Deutschen Theater zu sehen. Übersetzt war es von unserer Freundin Eva Pieper und Christine Bais. In der Regie von Johan Simons spielte Steven Scharf in dem Einpersonenstück einen sehr intensiven Part. Eine Stunde lang sprach er mit dem Rücken zum Publikum, auf dem oberen Ende einer hohen Leiter sitzend, gegen eine Wand.