Geflecht

Das bildnerische Pensum gestern strapazierte. Die Buchmalereien nehmen neue konkretere Strukturen auf, die von der Wandzeichnung beeinflusst sind. In der Flut der gegenständlichen Formen, insbesondere Gesichter, entdecke ich eine lange vernachlässigte Freude am Erfinden von Charakteren. Vielleicht hat das mit einem Vorgang der Reinkarnation zutun, den ich beim Scherbengericht anstrebe. Seine neuen Splitter folgten einer Bestandsaufnahme der gesamten Nummerierung, die stimmig sein muss, wenn ich die Scherben wieder zusammensetzen will.

Am Abend zwei Stunden Wandzeichnung gegen den Lärm der Baustellen und der Trinker. Eine Herausforderung für das konzentrierte Zeichnen der ineinander greifenden Motive. Erstmals habe ich eine größere Figur mit Gesichtern eingekleidet. Dazwischen formte ich über Mittag noch ein Relief aus. Es wird den ganzen Tag benötigen, um zu trocknen. So kann ich mich, anstatt ein weiteres Exemplar anzufertigen, nun um das Einmontieren der Dreiecke in die Gitterkonstruktionen kümmern. Dafür fiel mir in der Nacht eine Lösung ein, die ich heute ausprobieren will.

Die Heldenbilder von Baselitz sprechen immer noch mit mir. Ihre sich auflösenden Konturen haben mit meinem bildnerischen Denken zutun.

Die Tagebücher sind eng mit meinem entstandenen Werk verbunden. Es wird durch sie katalogisiert und die einzelnen Arbeiten werden in einen Zusammenhang gebracht oder eingeordnet. Somit sind beide Stränge der Arbeit nicht getrennt voneinander zu sehen, verlieren Informationsgehalt und Wert, wenn sie getrennt werden.