Konstruktion von Erinnerung

Manchmal fallen die Buchmalereien in letzter Zeit etwas minimalistischer aus als sonst. Zeitig, nach vielleicht erst zwei Gesten aus dem Handgelenk aufzuhören, das gefällt mir zunehmend.

Durch die Überlagerungen und anschließenden Fragmentierungen der Rasterportraits stellt sich der Neubeginn einer persönlichen Konstruktion von Erinnerung ein. Gestern zeichnete ich erneut Felder der sich überlagernden Rasterpunkte auf ein weiteres Transparentpapier durch. Das Ergebnis enttäuschte mich zunächst. Das Unheimliche, das sich in der Kombination der Portraits von meinem Vater und mir einstellte, oder eine ähnlich starke Wirkung kam nicht zustande. Aber heute, als am Morgen mein erster Blick auf das neue Blatt fiel, entstand ein geradezu teuflisches Gesicht, mit dem Lächeln einer dritten konstruierten Person, die vorher nicht da war.

Diese Verzögerung meiner Wahrnehmung schreibe ich dem gestern folgenden Arbeitsgang zu. Ich nahm in einer körperlich anstrengenden und komplizierten Aktion das große Bild vom Rahmen. Währenddessen dachte ich auch an die zehn Jahre seiner Entstehung und die verschiedenen Arbeitsphasen, die sich immer noch abbilden. Nun liegt es zusammengerollt in einem Regal. Die neue Leinwand ist bereits provisorisch aufgespannt. Ich möchte mich aber nicht beeilen, gleich mit dem nächsten Vorhaben darauf loszulegen, sondern will die leere Fläche erstmal behalten.

Die Kunstschüler haben die neuen Umarmungsphotos geschickt, die die Grundlage für einen Zweig unserer Weiterarbeit bilden.