Kunstfrei

Gestern hatte ich nach der morgendlichen Tagebucharbeit einen kunstfreien Tag, insofern das überhaupt möglich ist. Immerhin fand aber keine Produktion weiter statt, kein Weitermalen am Portrait und kein Transparentpapier. Stattdessen kümmerte ich mich um den Haushalt und den Einkauf, rasierte mich und ging zum Friseur. Etwas Gartenarbeit noch, bei der ich unseren Brombeerschnitt etwas zerkleinerte, um ihn besser verbrennen zu können.

In einem gestern gefundenen Korbsessel sitze ich vor dem Atelier in der Sonne. Das Brandungsgeräusch der Autobahn Nummer 5 wird vom Westwind herangetragen. Von Osten her schallt das Klopfen einer Dachdeckerfirma, die seit einer guten Woche meine akustische Erinnerung an Mumbai wach hält.

Die Ringeltauben im Mirabellenbaum versuchen einen Kanon bei ihrem Nest, eine Amsel trägt aus der entgegengesetzten Richtung, meinem rechten Tonkanal, zur Frühlingssoundinstallation bei, Gepiepse der Meisen wandert unruhig von hier nach da.

Die Arbeit an meinem Autobiografieprojekt erzeugt Erkenntnisse über die Art und Weise meiner Sozialisation. Gestern wurde ich gefragt, was in mir mit den Tränen hochkam, als wir bei Session Music meine Gitarre in das Auto legten. Meine Kindheit kam da hoch, meine Jugend in der das Wünschen und der Rock`n`Roll Ausdruck von schädlichem Egoismus waren.