Eine Porträtausstellung aus Beständen der Städelsammlung. Mir begegnete Philip Glass in einer Radierung von Chuck Close wieder. Und als ich mir das Selbstporträt von Goya im Profil mit Zylinder anschaute, hallten Fragmente des Karnevalslärms vom gegenüberliegenden Mainufer durch die dicken Städelmauern. Weiter oben bei den Alten Meistern vor Vermeers Geografen war’s dann still. Wir nutzten die Zeit zwischen den Blockbustern, um in Ruhe schauen zu können und ohne in langen Schlangen warten zu müssen.
Am Vormittag rekapitulierte ich die Woche mit Vinzenz, Helga und den Kindern. Auch das Workshopgespräch beschäftigte mich noch einmal.
Abends ein Dokumentarfilm über die Arbeit oder das Leben von Ai Weiwei. Seine Dokumentation der fünftausend Namen aller Schüler, die während eines Erdbebens in schlecht gebauten chinesischen Schulen umgekommen sind, erinnerte mich an meine Arbeit in der DDR. Dort ging es um Erkrankungen rund um Industriestandorte und um in Industrieabgasen abgestorbene Wälder im Erzgebirge. Auch das war dem Staat ein Dorn im Auge und er ordnete so etwas unter feindlicher Propaganda ein.
Bilder der Blogs von Vinzenz: Menschen in gleichen Schlafanzügen in einem Supermarkt, Ai`s Katze am Fenster, deutscher Stempel zu Erfolgen bei der Erfüllung des Fünfjahresplanes von 1952 bis 1957, Selbstporträt mit Atemmaske auf einer trostlosen Straße.
Es ist, als färbten sich die Ringeltauben vor meinem Fenster in den grauen Bäumen im gefilterten Morgenlicht rot. Sie sitzen auf den Zweigen und betrachten die Bewegungen meiner weißen Blätter argwöhnisch, stets bereit zu erschrockenem Aufflattern.