Zeitig schaue ich im Atelier, während ich schreibe, auf das, was ich gestern gezeichnet habe. Eine weitere Variante meines Einschulungsportraits entstand mit verschiedenen Überlagerungen aus Zeichnungen der letzten Tage, die auf der Rolle 6 entstanden waren und nun beim Zusammenrollen durchscheinen. Ich fügte sie in die Flächen ein, die für die dunklen Areale der Rasterportraits vorgesehen sind. Mit der Umkehrung, also der Füllung der hellen Flächen, kann ich das nächste Portrait gestalten, um wieder Material für die Weiterarbeit bereit zu stellen.
Der Gleichgewichtstrainer für verschleierte muslimische Frauen ist schon mit seinem Main – Taunus – Opel eingetroffen und bereitet mit Kreide auf dem Asphalt die nächste Übungseinheit mit Rollern vor. Irgendwann sollen sie ja schwärmend auf Fahrräder steigen.
Gestern bekam ich den Erzählungsband „Die Söhne sterben vor den Vätern“ von Thomas Brasch in die Hand. In der letzten Zeit habe ich mich mit wenig Material von außen versorgt. Lediglich die erinnerungstheoretischen Texte von Aleida Assmann gesellten sich zu meiner Väter – Arbeit. Umso mehr zog mich die Atmosphäre dieser Erzählungen in die Zeit der ersten dreißig Jahre meines Lebens. Immer wieder geht es um das Verlassen dies DDR-Staatssystems. Die Wortwahl, die die Stofflichkeit, die Gerüche, den Ton beschreibt, führte mich hinab in den Keller dieser Erinnerungen. Kohl und Schuhcreme, Kartoffeln und Braunkohle, Bohnerwachs und elektrische Entladungen, Wodkadunst und Schweiß. Drohungen in Räumen mit grünen Ölsockeln und Staatsführerportraits darüber. Und all das im Licht der Naivität.