Lohn für Mutige

Kurz entschlossen bin ich gestern in den Taunus gefahren. Und weil ich noch etliche Dinge unterwegs zu erledigen hatte, vergaß ich die Kamera und Wasser. Der Hang lag in dichtem Nebel. Die noch vorhandene Schneedecke war nass und schwer, jeder Schritt wie im Morast. So kam ich nur langsam vorwärts. Der von den Ästen herabgefallene, tauende Schnee machte mit seinen vielen kleinen Kratern die Spuren der Tiere im unteren Bereich unkenntlich. Am hellen Nachmittag herrschte eine bedrückende Finsternis. Manchmal, nur für Sekunden verlor ich die Orientierung – Herzklopfen und völlige Stille. Dunkel aufgeworfene Lachen des von den Wildschweinen auf der Suche nach etwas Fressbaren zerwühlten Bodens, keine Hirschkühe, keine Vögel. Die aufgebrochenen Wildschweinareale, bilden markante Räume, die ich, sofern sie meinen Weg berühren, nutzen kann. Die Bodenwunden können mit Moos oder Steinen geschlossen werden.

Der Schnee schmilzt auf dem Pfad teilweise schneller als in seiner direkten Umgebung. Dafür habe ich noch keine Erklärung. Wie kann der festgetretene Untergrund, der von meinem Gewicht etwas tiefer liegt als das allgemeine Niveau, wärmer sein. Steckt dort die ganze Energie der vielen Wanderungen? Weiter oben konnte ich verfolgen, wie sich häufig begangene Tierpfade meinem Weg näherten, ihm eine Weile folgten, um dann wieder eine andere Richtung einzuschlagen. Dadurch, dass ich die Kamera nicht mit hatte, sah ich viele Dinge neu, sah sie einfach länger an. Meine Wegzeichenfiguren standen dunkel und nass in dem gleichmäßig undurchdringlichen Raum aus Nebel und Schnee. Teilweise waren nun selbst für mich die Installationen meine einzigen Orientierungsmarken, die mich auf dem Weg hielten. Dicht neben meinen Kristallgruben schloss sich die Wühlspur eines Wildschweins an, als sei es von meinen Ausgrabungen inspiriert gewesen.

Nachdem ich die Spirale am oberen Ende gelaufen war, rutschte ich durch den Matsch bergab. Es gibt eine vage Unentschlossenheit, die auf Langsamkeit hinausläuft. Ich möchte, dass der Weg begangen wird, will ihn aber in keiner Weise beschildern. So werden nur die Mutigen belohnt.