Mikroklima

Wie geplant, arbeitete ich auf Rolle 6 an den einzelnen geometrischen Figuren weiter, die sich aus den Mustern der vergrößerten Scherben des Väterdoppelportraits ergeben haben. Diese geometrischen Fragmente vervielfältigten und verdichten sich wieder durch die bekannten Überlagerungen. Dadurch baut sich Spannung auf. Wohin sie führen wird, ist unbekannt – kann dazu nichts denken, nur zeichnen.

In den Trocknungspausen, wenn die Tusche vor der nächsten Runde des Zusammenrollens des Transparentpapiers noch feucht ist, nutze ich die Zeit für die Gärtchen. Die Rosenhecken müssen immer wieder im Zaum gehalten werden, damit sie die Kletterkünste der Morning Glory im Götterbaum nicht bedrängen. Mit einer Teleskopheckenschere begegne ich diesen Tendenzen, indem ich die viele Meter langen, stacheligen Triebe zurückschneide. Manchmal hänge ich atlantische Fundstücke in die Gesträuche.

Die Buchmalereien werden von den starren Mustern der polygonalen Linienkonstruktionen befreit. Sie schaffen eine eigene Umgebung, die nicht landschaftlich, eher atmosphärisch und horizontlos erscheint. Mit lokalen Wetterlagen ist es vergleichbar, als schüfe ich ein Mikroklima auf den Buchseiten.