Mitbewohnerin

Am Morgen bemühte ich mich um die Spinne, die in meiner vielgewundenen Goethepflanze ein perfektes, luftiges Netzdach gebaut hat. Ich pflückte ihr kleine Blattlausfliegen von den Unterseiten meiner Ahornblätter und setzte sie in das Fanggeflecht. Sie aber sitzt, träge von der gestrigen Mahlzeit, in ihrem goldenen Schnitt und rührt sich nicht. Selbst der Wassernebel. Mit dem ich die Luftwurzeln versorge, interessiert sie kaum.

Die Linien der zweiten Malerei von gestern übertrug ich auf die Transparentpapierrolle und füllte die Umrisse mit den geschwungenen Energielinien, mit den statischen schwarzen Feldern und den Verflechtungen der vorhergehenden Tage. Durch die veränderte Kompositionsstruktur erhoffe ich mir auch einen stärkeren Impuls für Rolle 9.

Die Schüler waren gestern laut und unkonzentriert. Wir schafften kaum etwas Nennenswertes. Außerdem sind sie zu spät gekommen. Den ganzen Ateliernachmittag hätten wir uns sparen können. Am Abend trafen wir uns mit dem Künstlerpaar Laila und Vinzenz zur Pizza.