Die Aufführungspraxis nachgetanzter Choreografien der Forsythe Company war, im Zusammenhang mit den Übersetzungen von Tanztexten, Thema von Tagebucheinträgen vor genau zehn Jahren. So sah ich eine Aufzeichnung des Balletts der Semperoper Dresden und war, wegen der Optik, etwas befremdet. Das tanztechnische Vokabular, aus dem diese Wiederholung zusammengesetzt war, erschien mir im Vergleich zur Tanzsprache, die dem Frankfurter Ensemble innewohnte, nicht ausreichend, den Geist des Werkes originalgetreu wiederzuspiegeln. Dennoch begrüßte ich das Experiment.
Gestern beschäftigte mich, dass ein niederländischer Verlag die Übersetzung eines Gedichts der schwarzen Autorin Amanda Gorman zurückzog, weil sich eine Modekolumnistin kritisch äußerte, dass der Text von einer Weißen übertragen wurde. Die literarische Qualität spielt also nicht die entscheidende Rolle, sondern die ethnische Herkunft und die Angst vor der verbalen Gewalt des Internets. Wieder bin ich befremdet. Diesmal aus anderer Perspektive.
Die Öffnung der Kunstwerke für Interpretationen aus verschiedenen Blickwinkeln, lässt ihre universale Qualität erscheinen. Dazu gehören Übertragungen in andere Sprachen, durch Menschen mit anderen Erfahrungshorizonten. Das bereichert kulturelles Leben.