Pergamon-Metamorphose

Blasse Farben des Himmels: ein Rosa, ein helles Grau, über dem eine türkisfarbene Lasur liegt. Sehr schwarz davor die Baumskelette, besetzt von den Bewohnern der Lüfte. Im mäßigen Ostwind pendelt an einem Faden noch ein Blatt. Eine Krähe blickt weit über allen gleitend hin und her. Ihr Schnabel zeigt die Sehrichtungen an. Je höher die Sonne steigt, desto tiefer scheinen die Schatten Gegenstände zu verschlingen. Die Gegenläufigkeit irritiert mich und ich zweifle an meiner Wahrnehmung.

Im Atelier richtete ich gestern die nächste Experimentalschleife ein, die mit der Such nach dem geeigneten Abformungsverfahren zutun hatte. Die neue Masse drückte ich nur in eine Ecke der Form, um eventuelle Schäden in Grenzen halten zu können.

Nach einer ganzen Woche ist das nun der erste Morgen, an dem ich wieder an meinem Schreibtisch sitze. In Ruhe kann mein Denken mit dem Licht erwachen und die Geräusche können nach zugelassenen und auszublendenden akustisch wandernden Horizontalen sortiert werden.

In einem der Feuilletons der letzten Tage berichtete Herrmann Parzinger über den Zustand der archäologischen Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Deutschland. Die Grabungsgeschichte wird demnach von den Türken verdreht und die internationalen Teams werden behindert und brüskiert, während historische Stätten geflutet werden. Erdogan meinte bei der Eröffnung eines neuen Botschaftsgebäudes in Berlin, dass Türken auch Kant, Hegel und Goethe verstehen sollten. Vor einem Jahr noch sagte er in einer Wahlveranstaltung in Berlin, dass die türkische Sprache für Türken in Deutschland sehr wichtig sei. Er redet das, was die Zuhörer hören wollen und das, was ihm gerade nützt. Damit missachtet er seine Zuhörer. Auf dem Tevesgelände entdecke ich immer mehr Plakate in rein türkischer Sprache. Es gibt kaum einen Integrationswillen. Ethnische Abgrenzung nimmt zu. Gespräche zwischen uns werden nicht gesucht. Die Identität rückt wieder nach Anatolien. Aber die Rettungsgrabungen und die Aufklärung sind dort gescheitert.

Ich habe die Projektidee nach den Resten des Pergamonaltars in Gestalt des Kalks zu suchen, der aus den Skulpturen gebrannt worden ist. Die Gebäude, die dort errichtet worden sind, sind Zeugnisse einer besonderen Metamorphose.