Reinzeichnung | White

Eine Krähe schaute mir auf mein beleuchtetes Blatt und zupfte dabei an den Resten des Nestes vom vergangenen Jahr herum. Während sie die Äste hinauf hüpfte, sendete ich ihr Blinkzeichen zu. Sie blickte auf das Faszinosum der entstehenden Schrift, wie ich auf die entstehenden Zeichnungen in meinem Atelier.

Mühevolle Entwurfsarbeit am Frankfurter Kraftfeld. Die „Reinzeichnung“ mit all ihren exakten Abmessungen braucht viel behutsame Geduld. Ich entdeckte, dass ich die Dreiecke noch einmal dritteln könnte, um das kleinste Element des Ganzen zu umreißen. Ich arbeite viel genauer und sorgfältiger als bei Kraftfeld 2010. Die kommenden Arbeitsgänge entsprechen auch eher handwerklichen Herausforderungen.

Vorgestern sumpfte ich einen getrockneten Strang etwas grobsandigen Ton ein, den ich gestern zu einer gut handhabbaren Masse zerstampfte. Jetzt lagert sie griffbereit in einem Baueimer, wobei noch nicht klar ist, ob sich dieser Ton auch für meine feine Modellierarbeit eignet.

Beim Aufräumen im Atelier entdecke ich viele Tuschzeichnungen auf Transparentpapier, die mit Bleistiftstrichen und Schelllackfeldern angereichert sind. Oft sind es sehr kleine Formate, die die Zeit überdauerten, und die ich irgendwie wieder auffindbar einlagern sollte.

Oliver brachte am vergangenen Wochenende eine neue Platte von Jack White mit. Die habe ich mir im Atelier schon mehrmals angehört. Ich tue das aus der Perspektive meiner bildnerischen Arbeit, wie schon bei dem Brad Mehldau Konzert. White greift auf ein Arsenal musikalischer Mittel zurück, die ab Mitte des vergangenen Jahrhunderts in Amerika entstanden sind, oder an seine Gestade gespült wurden. Lyrische Episoden werden von trocken eingeschobenen Explosionen zerfetzt, und überraschende kleine Klangideen bereichern die Songs um die Fremdkörper, die benötigt werden um Spannung zu halten. Zitate, die banal erscheinen können, bekommen auf diese Weise eine Kraft zugewiesen, die der musikgeschichtlichen Spur eine tiefere Bedeutung verleiht, um in dieser Weise hell aufzuleuchten.