Gegen Abend besuchte mich Helga im Atelier. Sie zeigte mir Materialien über ein Kriegsgefangenenlager auf der Ackermannwiese unweit unseres Tevesgeländes. Dort wurden russische Soldaten gefangen gehalten, die auch bei Teves arbeiteten.
Wir gingen dann hinüber und schauten uns mit Tobias vom Ortsbeirat das Areal an. Schon seit langer Zeit sind dort Sportplätze angelegt, auf denen vor allem Fußball gespielt wird. Ein Weg zwischen den Häusern der Ebertsiedlung und diesem geschichtsträchtigen Grund wird nun von der Stadt umgestaltet.
Nun bin ich erst einmal unverbindlich aufgefordert, mir Gedanken zu einer Erinnerungsgestaltung zu machen. Zunächst habe ich diesen Zwischenraum als einen Ort des Zwiespalts empfunden. Ich frage mich, ob die Anwohner diesen Weg gemieden haben, weil er sie mit dem Elend der gefangenen feindlichen Soldaten konfrontierte. Ich erinnere mich an die Nachbarschaft der Russenkasernen in der DDR, an die Fremdheit, an die Schreie. Ich frage mich, wie sich die Blicke trafen.
Am Morgen gingen mir Konzepte durch den Kopf. Zunächst dachte ich an Suchgrabungen nach Barackenfundamenten und nach der Schuttschicht dieser Zeit. Dieses archäologische Vorgehen verflocht sich in meinem Kopf mit einer GPS-Wanderung, die die alten Grundrisse auf dem Sportareal erkundet. Die choreografische Struktur bildet einen direkten emotionalen Kommentar zu den darunter liegenden Schichten. Das zutage geförderte Material und das gewanderte Liniengeflecht bilden den Ausgangspunkt für skulpturale Objekte, die auf dem neu gestalteten Weg installiert werden könnten.