Am Sonntagmorgen, als ich in die Straßenbahn stieg, um die Sprengung eines Hochhauses zu erleben, verschwanden die oberen Geschosse der Hochhäuser noch in den Wolken der Nacht, die sich nur zögerlich von der Dämmerung löste. Als ich mich dem Platz vor dem Messeturm langsam zu Fuß näherte, sah ich den Delinquenten zwischen den anderen Türmen noch aufragen. Ein gefleddertes Gebäude, fertig gemacht zur Hinrichtung. Ich hörte Geschichten von den unwirtlichen Verhältnissen in diesem Bau, dem kalten, zugigen Klima und den schlecht funktionierenden Aufzügen. Nie hatte das Gebäude so viel Aufmerksamkeit erfahren. In seinen letzten Minuten stand es hoch, aufrecht und einsam zwischen den vielen niedrigen Nachbarschaften. Um etwa drei Minuten verzögerte sich die Sprengung, die genau für zehn Uhr angekündigt war. Das war die Zeit der größten Anspannung. Erst als die Sprengfontänen an den Seiten heraustraten und die Struktur zu sinken begann, erreichte uns der gewaltige Donner des gezündeten Gelatinesprengstoffes. Atemberaubend war dann die Abwärtsbewegung der Materialmassen und eine Staubwolke von der halben Höhe des Gebäudes breitete sich über die nordöstlich angrenzende Stadt aus.
Erleichterung allenthalben. Wir Laien staunten über die Präzision, mit der man so viele Tonnen aufgetürmtes Material auf kleinem Raum zum Einsturz bringen kann. Die Sprengmeister lagen sich in den Armen ihrer gelben Jacken und gratulierten einander.
Am Nachmittag besuchten wir die Schutthalde, die exakt zwischen den aufgeworfenen Erdwällen der Sprengwanne gelandet war. Die offen gelegten Strukturen aus Stahlarmierungen, Beton, Leitungen aller Art erinnerte mich wieder an die Fotos von den Bombardierungen rund um die Ackermannwiese und an meine Trümmersequenz auf Rolle 6.