Heraklesfigur

Außerhalb des Ateliers verändert sich die Arbeit an den Buchmalereien. Aus der Umgebung fehlen am wesentlichsten die Reliefformen, mit denen ich die Frottagen mache, von denen das zeichnerische Gerüst der kleinen Formate bestimmt wird. Dann kommen aber auch das spezielle Licht, die Pflanzen und die Musik hinzu, die einen Einfluss auf das Fließen, Kreisen und auf die anderen Gesten haben.

So bin ich also froh, wieder hier zu sein, um mich auf meine gewohnte Produktivität einlassen zu können.

Im Zusammenhang mit der Tanzfigur, deren Oberkörper in die Architektur- und Scherbengesträuche wächst, fällt mir der Heraklestext (Herakles II oder die Hydra) von Heiner Müller ein. Und da denke ich insbesondere an die Schlacht und die versehentlichen Schläge gegen die Eigensubstanz, die ihm während der Beschleunigung unterlaufen. So hätte ich erstmals eine Figur, die ich in die Szene einsetzen kann, und einen Text, der mir beim Väterthema helfen wird.

Gerade habe ich die Collage mit der Nummer 200 in diesem Jahr gemacht. Das ist weniger als in anderen Jahren.

Verstrickung

Das Zusammenfügen der Tanzfiguren mit den Scherbenstrukturen der Väterarbeit und den Architekturfragmenten des Berlin Loops, erzeugt eine angenehme Unruhe in mir, eine gewisse Hochstimmung. Ohne genau zu wissen, woher das kommt, spüre ich doch, dass mich dieser Vorgang sehr interessiert. Die gezeichneten Strukturen innerhalb der Buchmalereien, die von den Frottagen der Reliefformen ausgehen und sich in Malerei verwandeln, haben auch damit zutun. So stelle ich mir nun ein Reliefexemplar des großen Doppelportraits vor, das sich genau mit diesem Thema beschäftigt. Das lässt sich ganz gut auf Rolle 8 entwickeln und dann in die Malerei übertragen, glaube ich zumindest.

Die Zersplitterung des Doppelportraits, der Aufbau und die die Fragmentierung der Architektur des Palastes der Republik in der Mitte von Berlin und die Loslösung eines Tanzensemblemitgliedes aus dem Zusammenhang der agierenden Company, das sind die Schichten, aus denen immer neue Bilder hervorgebracht werden sollen. Wenn die Oberkörper in die Gesträuche hineinwachsen, fallen die Interaktionen mit den anderen Tänzern weg und die Figur wendet sich nach innen. Die Liniengebilde sind dann die Mandala-Architektur, auf die sie sich meditierend einlässt. Diese Entfernung von der Truppe und das gleichzeitige eindringen in die eigene Verstrickung, ist der Vorgang, dem ich nachspüren will.

Krähenraum

Auf Rolle 8 überlagerten sich gestern eine Figur aus der Forsythe Company Zeichnung mit der ich schon ein paar Tage arbeite, mit einer Struktur aus dem „Berlin Loop“ und einer Zeichnung, die ich aus der 2. Malerei vom 17.12. übertrug. Oben habe ich das in die Collage eingefügt.

Die Aufzeichnungen, die ich vor sechs Jahren machte, sind in kleiner Handschrift verfasst. Sie beschäftigen sich mit dem Alten Ägypten und mit globaler Beschleunigung:

Zeit ist Geld, aber Geld ist kein Raum.

Ich schrieb damals in meinem Arbeitszimmer in der Frankenallee, mit blick auf den alten Ahornbaum und seinen Bewohnern, den blinzelnden Krähen. Die tägliche Bildproduktion war im Atelier, also nicht direkt sichtbar. Auch die Buchmalereien waren davon abgekoppelt. Schöne Farbverläufe in verwischten Arealen.

Viele Bildideen aus den Texten sind, aus Mangel an Zeit, nicht umgesetzt worden.

Sonnenaufgang zwischen den Abrissruinen

Auf einer Fahrt nach Thüringen sah ich gestern Nebellandschaften, wie aus einem Klischeetraum. Darüber stand eine weiße Sonne, ein nur schwach leuchtender Planet in all dem hellen Grau. Nachmittags gegen 3 steht sie schon wieder tief.

Sonnenaufgang auf dem Weg ins Atelier, zwischen den Abrissruinen. Ich blieb stehen und ließ das Licht, durch die Augen, in mich hinein. Die Frau, die in der Restaurantspülküche arbeitet, überholte mich grußlos, blicklos, als wolle sie von der BILDFLÄCHE verschwinden.

Auch auf meinen Buchmalereien befinden sich Nebelbänke und verschlucken die Zeichen, die ich teilweise mit den Stiften wieder in den Vordergrund rücke. Diese Vorgänge folgen meinen Emotionen.

Im Familienkreis sitzt meine Väterarbeit als Figur auf einem der Stühle zwischen den angereisten Personen. Sie schaut mit mir herum und sucht nach den Ähnlichkeiten mit der verschollenen Großvaterfigur. Manches Lachen klingt, wie aus der entfernten Vergangenheit, am Tisch.

Tempo

Für die Buchmalereien ist es mitunter von Vorteil, wenn die Zeit etwas knapp ist. Ich komme schneller auf den Punkt, zum Wesentlichen. Ballast fällt weg, und leichter schwebt es sich besser. Manchmal denke ich während der Arbeit schon an ihre Weiterverwendung, als Scan für die tägliche Collage, die sich mit den Schichten der vergangenen Tage verbindet, eine perforierte Schicht hinzufügt. Ich stelle mir den Stapel von 2200 Collagen vor.

Anrufe reißen mich aus der Konzentration. Dann muss ich erstmal raus zum Luftschnappen, – Wieso eigentlich „schnappen“? – um mich wieder zu regenerieren.

Besuch von Carlo, dem Politkünstler. Wenn man betrachtet, was in der gegenwärtigen Politik an Entertainment geboten wird, war er vor Jahren schon weiter – ein Visionär! Auch er spricht neben mir, während ich arbeite, drauflos…

Die Abrissarbeiten in der Nachbarschaft schaffen mit großer Schnelligkeit Raum. Vorübergehend wird der Himmelsausschnitt, der das Wettertheater bietet, weiter. Über dem Staub, der aus dem Zivilisationsabraum emporsteigt, bilden sich die gefiederten Konstellationen für die Auguren. Manchmal halte ich inne und betrachte den Vogelflug. Für mich leiten sich allerdings keine Vorhersagen daraus ab.

Decollagen

Im Bottich schlingern die schwarzen Wellen von den einzeln in größeren Abständen fallenden Tropfen aus der durchhängenden Dachrinne, die voll ist mit Moos und anderem wucherndem Grün. Die Lichtwellen der Sonne treffen auf die staubigen Fenster und dann auf die schwebenden Abrissformen in den Buchmalereien.

Die architektonischen Decollagen fressen sich draußen mit gewaltvollem Schall in das Material industrieller und handwerklicher Zurichtung. Das Wort „Rücksicht“ bleibt still, versinkt im lehmig aufgeworfenen Grund. Dort schlummern dann seine Samen.

Die Scherbenmalerei bedient sich nun nicht mehr der fröhlich – effektvollen Lasurtechnik, sonder bewegt sich in einen zurückhaltenderen Gestus. Die Palette verknappt sich, wirkt erdener. Das tut wohl.

Farbnebelbänke

Manchmal entstehen innerhalb der Buchmalereien schwebende Objekte. Sie bestehen aus harten Linien vor Farbnebelbänken, die ich mit dem nassen Handballen hergestellt habe. Oft lasse ich die festen Linien verschwimmen, um dann wieder eine weitere weiche Schicht darüber zu legen und die übrig gebliebenen Striche wieder zu verfestigen. Das Spiel geht so lange, wie es das Papier aushält.

Manchmal entstehen dabei Zeichen einer abstrakten Schrift.

Aus einer der Formen habe ich die Skulptur, die ich aus einem kleinen Geäst und Pappmache hergestellt und mit einem Stück Relief verbunden hatte, entfernt. Dieses baumartige Gebilde trägt nun ein Schild, das aus Scherben besteht. Ich denke, es werden noch mindestens zwei solche Schilder hinzukommen, damit das Gebilde etwas ausgeglichener erscheint. Jetzt wohnt in ihm noch keine Folgerichtigkeit.

Der Regen der letzten Wochen gefällt mir so, dass ich ihn am liebsten einatmen würde. Regenwasser fange ich in Bottichen auf.

Die Abrisszangen durchtrennen mühelos mittlere T-Träger. Der erschreckende Klang, wenn sie auf den Betonboden auftreffen, gibt den Rhythmus der letzten Tage vor.

Vergessen

Noch einmal habe ich die Verbindung von einer Tuschzeichnung auf Transparentpapier mit einem Scherbenrelief aus Pappmache probiert. Ich beschichtete das Relief mit reichlich Schellack und legte die Zeichnung auf die flüssige Oberfläche. Sie zeigt den Kopf einer Tänzerfigur zusammen mit einer Struktur des Abrisses des Palastes der Republik. Die thematischen Verbindungen kläre ich nun handwerklich, indem ich diese Scherbe weiter bemale.

Auch die Buchmalereien helfen dabei. Die zeichnerischen Schichten sind auf die Reliefmalerei übertragbarer geworden, ihre Verbindung wird langsam enger. Es ist gut, mich manchmal auf die Bemalung einzelner Scherben zurückzuziehen. Das macht Experimente leichter.

Während ich an die Sonntage vor vierzig Jahren dachte, an denen es zum Frühstück Bohnenkaffee gab, stellte ich die Espressomaschine ohne Kaffee auf die Herdplatte.

Ich hatte ihn vergessen.

Abriss

Die Abrissarbeiten rund um das Tevesgelände haben eine scheinbar überspringend erodierende Wirkung. In die einfallenden Baracken auf unserem Gelände ziehen obdachlose Migranten ein. In die Räume des Internationalen Bundes wurde wieder eingebrochen. Die Tore, die auf das Gelände führen, sind alle nicht mehr abschließbar.

Gestern arbeitete ich an der Bemalung von einzelnen Scherben und will heute versuchen, Transparentpapierzeichnungen auf die Splitter zu collagieren. Schon einmal ist mir das Misslungen.

Es gelingt mir, nun etwas Abstand zur laufenden Produktion herzustellen. Dieser Vorgang schafft neue Ausblicke.

Ich stehe manchmal an den Bauzäunen der Nachbargelände im Osten und Westen und schaue den Greifern zu, die Raum schaffen für die neuen Architekturen. Ich sehe die Werte, die zerstört werden, die handwerklich hergestellten Häuser mit all ihren Sprossen, Beschlägen und Holzrahmen. Ein Jammer…

Sichtbeziehungen

Tanz und Architektur etabliert sich als Thema. Am Rande einer YOU&EYE -Begegnung im Dezernat sprach ich mit einer Choreografin über Tanz und Skulptur. Mein lang gehegter Wunsch, diese zwei Sprachen miteinander zu entwickeln.

Heut stand ich länger vor einem Schaufenster, in dem die Transparentpapierzeichnung architektonischer Studien über dem historischen Foto eines Bunkers lag. Innerhalb eines Grundrisses gab es viele Diagonallinien, die wie Sichtbeziehungen aussahen.

In den Formen trocknen die abgegossenen Reliefs, warten dann darauf, weiß grundiert zu werden. Aber mit der Malerei geht es erst im nächsten Jahr weiter. Vielleicht bemale ich jetzt noch ein paar Einzelscherben, als Ausstieg aus der Arbeit für dieses Jahr.

Wenn die kleine Baumskulptur mit den Scherbenflächen getrocknet ist, wäre das auch noch ein Objekt der Beschäftigung mit ein wenig Malerei. Das ist aber alles nicht so ernst.

Reigen mit Humboldtmaske

Statt mich etwas zurück zu ziehen, um  Abstand zu bekommen, entwickelte ich die Verquickungen der Tanzfiguren mit der Rückbauarchitektur weiter. Aus dem vagen Bühnenraum treten die Mitglieder der Forsythe Company in das Stahlgebälk des Palastes der Republik, wie oben in der Collage sichtbar. Der Reigen könnte mit der Wiedererrichtung des Hohenzollernschlosses fortgesetzt werden, alles verdeckt von der wandernden Humboldtmaske.

Am späten Nachmittag goss ich noch die Reliefs 1 und 2 ab. Mit dem Rest des Materials komplettierte ich die Skulptur aus Zweigen und Pappmache mit einer Fläche aus Scherben des 5. Reliefs. Ich stelle mir das Objekt auf einem Sockel vor, halb stehend, halb liegend, bemalt und von allen Seiten sichtbar.

Die heutigen Buchmalereien setzten das Auseinanderfliegen der Formen fort. Wie von einem Windstoß werden die Scherben verwirbelt.

Die Sonne veredelt die Transparentpapierzeichnungen. Eine fotografierte ich und verschickte sie.

Soundflächen

Die splittergefüllten Umrisse der Tanzfiguren und die Architekturfragmente des Berlin – Loop, fügen sich auf Rolle 8 zu einem Klang. Es ist als rauschten zwei Soundflächen aus weit auseinander liegenden Zeiträumen aufeinander zu, um sich in einer Kollision zu vermischen und dann neu zu ordnen. Bei diesen Tuschezeichnungen mit Rohrfeder, denke ich an Malereien von Jasper Jones, in denen er farbige Linienbündel nebeneinander setzte und in geometrische Muster goss.

Am Wochenende sahen wir zwei sehr unterschiedliche Abende in Schauspiel Frankfurt.

Zunächst, am Freitag in den Kammerspielen, eine Stückentwicklung mit dem Titel „1994 – FUTURO AL DENTE“. Meine Skepsis gegenüber dieser Teamarbeit hat sich wieder bestätigt. Trotz mancher temporeicher Blödelpassagen, über die ich wirklich lachen konnte, sackte der Spannungsbogen öfter in den Keller.

Ganz anders hingegen „Geschlossene Gesellschaft“ von Jean-Paul Sartre am Sonnabend auf der großen Bühne. Die Rückschau einer dreiköpfigen Besetzung aus der Hölle auf das Leben. Jede Figur findet nur sehr zögerlich zum Kern ihrer Geschichte. Die Mäander der verdrängenden Gedankenschleifen straffen sich in drei Monologen, die erst nach intensiver Nachfrage den Grund für den Höllenaufenthalt preisgeben.

Das Donnern der Abrissarbeiten brandet an die Atelierfenster. Eine finstere Resonanz aus den Metallcontainern.

3 Arbeitsstränge

Die letzten Frottagen für die Buchmalereien, habe ich mit einem Graphitblock angefertigt. Die Abbildung ist schärfer und gleichzeitig neutraler.

Während der Pausen zwischen der langsameren Arbeit, baut sich eine Spannung auf, vielleicht auch etwas Nervosität. Kaffekochen – Pflanzengießen – Wassergläser fallen um.

Der Weg ins Atelier, auf dem mir der Wind Tränen in die Augen treibt, ist kaum noch spürbar, vergeht schnell auch, wenn ich langsamer gehe. Die Zeit fühlt sich nebensächlicher an, und weil sie mit der Arbeitsleistung ein Paar bildet, verliert auch diese an Bedeutung.

Eine weitere, verdichtetere Dreiergruppe von Tanzfiguren entstand gestern, mit einer zusätzlichen Schellackschicht, nachmittags auf Rolle 8. Die Regelmäßigkeit mit der ich bei den drei Arbeitssträngen Buchmalereien Zeichnen auf der Transparentpapierrolle und Reliefmalereien bleibe, verleiht dem Tag Stabilität.

Berlinloop Tanzsequenz

Relief Nummer 8 ist fertig bemalt.

Auf Rolle 8 zeichnete ich an der Berlinloop – Tanz – Sequenz weiter. Etwas davon befindet sich in der Collage oben.

Ich möchte nicht aufgeben, das Material, das in den Überlagerungen auf Transparentpapier entsteht, direkt in die Malerei einzufügen. Gestern dachte ich dann an große preußischblaue Projektionen über die Rasterpunktscherben hinweg, die Gestalt des Doppelportraits beiseite lassend.

Wellen im Nebel, der Sound der Abrissgreifer, Überkopfkipper und der krachende Aufschlag der Innenausbauteile der Achtzigerjahre, die aus den, noch vorhandenen, Fenstern geworfen werden. Halden bilden sich am Fuß der sterbenden Gebäude. Verdichteter Zivilisationsabraum, in grüne Metallwannen, so groß wie Einfamilienhäuser, gepresst – Abtransport. Bald wird die Erde aufgerissen für die Fundamente, Abwasserrohre, Tiefgaragen. In die Baugruben wird das giftige Grundwasser unseres Geländes fließen. Der kontaminierte Sand, in den Schwemmlandzeiten langsam geschichtet und verfrachtet, wird so lange mit dem geschreddertem Abrissmaterial verschnitten, bis die Giftkonzentration den gesetzlichen Werten entspricht. Dann wird damit gebaut.

Erzählmethoden

Milchiges Winterlicht sickert von oben in den Raum und beginnt die Schatten der Pflanzen, die vor den Fenstern stehen, auf die große gespannte Leinwand zu werfen.

Um mich wieder auf die Malerei zu konzentrieren, habe ich Rolle 8, nach einer weiteren Umdrehung und einer erneut hinzugefügten Verdichtung, beiseite gelegt.

Poetische Methoden, die sich für gegenständliche Erzählmethoden eignen, sind beispielsweise in den gezeichneten Romanen zu finden, die sich so großer Beliebtheit erfreuen. An dieser Stelle hat sich ja offensichtlich in der gestalterischen Vielfalt viel getan. Inwiefern sich Teile davon auf die Reliefmalerei anwenden lassen, ohne sie zu verengen, will ich herausbekommen. Eine der abgeformten Scherben habe ich bereits mit Einzelmotiven auf ihren Splittern versehen. Wenn sie immer wieder ins Dunkel abtauchen, den Erinnerungen ähnlich werden, die sich dann aus sich selbst vervollständigen, habe ich eine Möglichkeit der Erzählung gefunden, wie sie mir mit den Vermischungen der Figuren vorschwebt. Ähnlich funktioniert das gerade auf Rolle 8 mit den Tanzfigurenumrissen.

Dann gibt es noch den Stil, den ich auf der großen Wandzeichnung im Rebstockimbiss ausprobierte, der sich mit den Splittern der Väterarbeit verbinden kann.

Nummer 8 | Nummer 8

Erst in ihrer Verarbeitung auf der Transparentpapierrolle mit der Nummer 8 kommen die reduzierten Ballettzeichnungen von 2003 zu einer größeren Entfaltung. Die Liniengeflechte, mit denen die Umrissfiguren angefüllt sind, stammen aus dem „Berlin-Loop“ und den, auf der Rolle vorausgegangenen, Tanzfiguren. So entsteht eine Prozession, wie an den ägyptischen Grabkammerwänden. Die kann nun immer weiterlaufen, sich verdichten und Personal hinzunehmen.

Im Zusammenhang mit dem „Handprint Wien“ entstanden, 2007 in der Freundgasse, Transparentpapierzeichnungen, in denen Grabmalereien eine Rolle spielen. Auch die Buchmalereien dieser Zeit sind sehr figürlich, teils mit feinen Tuschelinien gezeichnet.

Für heute aber legte ich mir das Relief, das auch die Nummer 8 trägt, auf den Tisch. Darauf existieren bereits die preußischblauen Gravitationsschwünge, die Graphitschraffur und die Schellackschicht auf den Scherben. Am Nachmittag nehme ich mir die Palette der vorausgegangenen Malereien zur Hand und male weiter.

In dem Buch „Dylan in Amerika“ von Sean Wilentz las ich über die Aufnahmesessions des Albums „Blonde on Blonde“ 1965 in Nashville. Eine Dokumentation von Teilen besitzen wir in einer schön editierten Bootlegausgabe. So konnte ich mich der Situation nähern und die Inspirationssituation betrachten.

Berliner Loop

Von hoher Warte aus einem Hotelzimmer, schaute ich auf Sicherheitsanlagen, Straßensperren, Wachleute und weiteres schweres Gerät von Zeltplanen überspannt, während im Wandbildschirm eine Kaminfeuerschleife lief. Hinter den Wänden und Absperrungen, der Berliner Weihnachtsmarkt.

Auf der Fahrt durch die finsteren Ostprovinzen, zeigten mir spärliche Lampen, Geländebewegungen des Zuges und schnell flackernde Leuchtspuren an, wo ich mich befand. Zwischen Eisenach und Erfurt, das Jugendland. Dom und Siveri, Gesträuche an den Gleisen Barockdächer, Backsteinwände der alten Reichsbahn.

Der Süden Berlins erwacht auch als Lichtererinnerung. Nur die langsamen Schienenstöße, die mit ihrem Rhythmus eine Ballettmusik für die Lampenfelder der großen Güterbahnhöfe spielten, klingen nicht mehr.

Andere Soundtracks außerhalb des Ateliers. Abrissmaschinen klingen wie Dinosaurier, dazwischen Dieselaggregate, Güterwaggons – Material für eine Komposition des Komprimierens.

Die Zeichnungen vom Freitag auf Rolle 8, erzählen meine Biografie im Spiegel des Ballettsaales der Forsythecompany. Baustrukturen des „Berliner Loops“ (Aufbau und Abriss des Palastes der Republik), Angstköpfe der antifaschistischen Revolutionsfilme und Tanzfiguren, die das alles in sich aufnehmen und verdichten.

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Resonanzboden

Mit den Fingerspitzen taste ich die Gipsstege der Formen des Väterreliefs ab, die mit Schellack abgesperrt sind. Sie trennen die Scherben voneinander, die mit Pappmaché abgegossen, getrocknet und bemalt werden.

Leinöl, Terpentin, Spiritus aus den Regalen. Ölfarbtuben, Paletten, eingetrocknete oder ölweiche Pinsel. Gestern war das Relief Nummer 5 fertig bemalt. Die Klänge aus den wenigen Grundfarben, auf die ich mich beschränkt habe, erfüllen mich auf angenehme Weise, rücken den Alltag hinter einen Filter.

So hat auch er, je mehr ich die Kompositionen spüre, die Möglichkeit zu leuchten.

In den Buchmalereien spielt das Farbenpiano. Bögen aus der Hand führen in den Klang. Resonanzboden ist der sich ausweitende Erinnerungsraum.

Abrissgreifer | Biotope

Durch die anhaltende Konzentration auf die Reliefmalerei, komme ich doch zu einer anderen Qualität, die mir die Arbeit leichter macht. Gleichzeitig gibt es aber eine Form von Beschleunigung, die zusammen mit der Kontinuität eine Gravitation entstehen lässt, die wie ein Strudel wirkt. Alles, was nicht mit der zentralen Bewegung zutun hat, bleibt an der Peripherie zurück. Dann ist es Zeit, auf die Bremse zu treten.

Ich höre Bill Evans als spielerisch-ruhigen Solisten.

Ich vernachlässige die Arbeit an Rolle 8. Eine Weiterentwicklung wäre mir an dieser Stelle wichtig.

Im Restaurant gegenüber sitzt ein Mauereidechsenexperte mit Vertretern der Abrissfirma, die auf Teves Ost Arbeitet, beim Kaffee. Die Erschütterungen stören den Winterschlaf der Echsen… Die riesigen Greifer der Rückbaumaschinen und die Gewalt der Verdichtungszerstörung, stehen den gewachsenen Biotopen gegenüber, die auf den Brachflächen entstanden sind.

Verdichtung folgt Verdichtung

Die Reliefteile des Doppelportraits der Väter, die bereits fertig bemalt sind, will ich vor die große gespannte Leinwand im Atelier hängen. Wenn sie an Schnüren hängen, die am oberen Holm des Rahmens befestigt sind, kann ich sie in übereinander anbringen, um ihren Zusammenklang zu überprüfen. Gegebenenfalls ist dann noch ein malerisches Eingreifen möglich.

Auf den Nachbargeländen sind nun Abrissarbeiten im Gange. Das schafft eine ambivalente Stimmung zwischen Destruktion und Verdichtung. Der Rückbau relativ moderner Gebäude, die Dekonstruktion inspiriert mich dazu, die Arbeit zum Abriss des Palastes der Republik in Berlin, mir noch einmal vorzunehmen. Oben habe ich Figurenumrisse, angefüllt mit dem Stahlgebälk des Baus, aus den Siebzigerjahren, eingefügt. Sie stammen aus dem Jahr 2007 von Rolle 5.

Die Malerei geht kontinuierlich voran. Daneben interessieren mich aber andere Vorgehensweisen, die die Transparentpapierarbeiten von den vorhandenen gezeichneten Rollen, mit einbeziehen. Gerne würde ich das Material noch einmal auf Transparentpapier übertragen und auf die weißen Flächen, zwischen den Rasterpunkten, kleben. Kleinere Collagen, im Experimentalstadium, führen mich dahin.

Die Verdichtung der Stadt folgt meiner zeichnerischen Arbeit und meine Arbeit folgt ihr…

Rollenarchiv

In den alten Transparentpapierrollen, die mittlerweile wie ein Archiv meiner Arbeitsphasen sind und weit deutlicher bildnerische Schritte zur Erweiterung der Themen zeigen als die Buchmalereien, befinden sich immer wieder überraschende Details, die ich vergessen hat.

So spielte eine skythische Hirschfigur, die in der Hüfte um 180° gedreht ist, eine Rolle bei Loop, auch Auf- und Rückbau des Palastes der Republik. Ich habe diese Drehmitarbeit mit der liegenden 8 des Unendlichkeitszeichens gegenüber und gleichzeitig das Stahlgerüst des Baus genauso gedreht.

Den Tanzfigurenumriss, den ich bin 20.11. dieses Jahres, füllte ich es mit den Stahlgeflechten der Rückbaubilder an. Beim Aufrollen des Papier erscheinens Kombinationen mit indischen Architekturversätzen oder solchen, die in Wien eine Rolle gespielt haben, als ich die „Handprint Wien lief“ lief.

Auch eine Packpapierzeichnung, die ich vom Dach des Rohbaus aus, in Richtung Westen anfertigte, findet sich zwischen verschiedenen Figuren. Die programmatische Blickrichtung der Skizze, versteckt damals ich in meinem Soldatenspind zwischen Buchseiten.

Ich stelle mir diese ganzen Bilder zwischen den Rasterpunkten des großen Doppelporträts, innerhalb der weißen Flächen, vor.

Abstrakte Biografie

Auf den Transparentpapierrollen 5 und 6 habe ich Überlagerungssequenzen gefunden, in denen ich mich mit Figurationen des Rückbaus des Palastes der Republik beschäftigt habe. Damals verband ich den Vorgang, den ich für mich selbst, weil ich am Bau des Gebäudes beteiligt war, als Loop bezeichnete, mit Tanzzeichnungen und mit dem Projekt „Frankfurter Kraftfeld“. Eine dieser Tanzzeichnungen tauchte jetzt wieder auf (Collage / 20.11.), allerdings angefüllt mit der Manjurishree-Sequenz und mit dem neuen Scherbengericht.

Dieses Material spielt eine Rolle für das Väterprojekt, das auf Rolle 8, in den Buchmalereien und in der Bemalung der Reliefs fortgeführt wird.

In diesem Zusammenhang ging mir der Begriff „Abstrakte Autobiografie“ durch den Kopf.

Von Vinzenz bekam ich eine GPS-Spur aus Brüssel geschickt. So zeichnet auch er gehend. Das gefällt mir.

Lenin | Design

Auf meinem Zeichentisch liegt das Programmheft zu dem Stück „Macbeth“, das wir, in der Übersetzung von Heiner Müller, letztens im Berliner Ensemble gesehen haben. Das Heft ist in dem Design gedruckt, das der Intendant aus Frankfurt mit in die brandenburgischen Sümpfe genommen hat. Der hiesige Intendant, der auf ihn in Frankfurt folgte, behielt das äußere Erscheinungsbild der Druckwerke bei. Somit doppelt sich für uns nun das Lektürebild. Die Darsteller sind ausgetauscht, und wachsen wieder schnell an die Abonnentenherzen.

Die jungen Menschen, die jeden Morgen mit den Algorithmen aufwachen, schreiben über die Rezeption von Heiner Müllers Texten, über die Kritik daran und sein Verhältnis zu Lenins Schriften.

Diese werden mit Lust zitiert, in langen Passagen. Ich habe die dicken Wälzer mit den roten Ledereinbänden nur selten aus den DDR – Bücherregalen herausgenommen. Jetzt finden sich diese Wörter neu zwischen dem radikalen Modeton im Frankfurter Design. Die Worte klingen auch anders.

Gestern malte ich wieder fleißig und lange und rätsele darüber, wie ich die Pappformate des Väterportraits zusammenmontiere. Das soll locker sein, mit etwas Abstand, an Schnüren hängend…

Unschärfen | Routine

Die Malerei am 6. Relief habe ich nun vorläufig beendet. Das heißt, dass ich später noch ein paar Akzente setzen werde. Vorher aber beginne ich mit dem nächsten. Eigentlich will ich nun schnell mit dem ersten Exemplar des, aus 16 Teilen bestehenden, Reliefs fertig werden, damit ich mich an die anderen Techniken und Stile begeben kann, die bei den nächsten Doppelportraits eine Rolle spielen sollen. Wenn dies vorübergehend Routine einfließen lässt, will ich das hinnehmen und schauen, was sich daraus noch entwickelt. Geduld ist angesagt.

Die Buchmalereien zeigen, dass Geduld auch Freude machen kann. Die schwimmenden Unschärfen treten wie Nebel zwischen die harten Kanten der Frottagen und ihrer Strichverstärkungen. Das möchte ich in die nächste Reliefmalerei einführen. Die Scherben können sich in Wolken auflösen. Das nächste Exemplar, die Nummer 7, eignet sich für dieses Vorgehen weniger, weil dieser Teil des Rasterpotraits nur aus wenigen Punkten besteht. Aber die 8, mit der ich weitermalen werde, bietet mehr Scherbenflächen, die in dieser Weise gestaltet werden können.

Gestern war unsere Gärtnerin Vanessa da. Wir beschäftigten uns mit den Kräutern und einer Pflanze, die ich seit zwei Jahren in meinem Gärtchen habe und noch nicht identifizieren konnte. Sie heißt Topinambur, hat hohe Stengel, gelbe Blüten und essbare Wurzelknollen, sagt die Expertin. Ich erntete ein paar Kilo und möchte sie gerne in meiner Küche verarbeiten.

Alchemie

Alchimistenküche – ein paar Blättchen vom indischen Schellack mit etwas Bienenwachs in ein kleines Glas mit Spiritus streuen, die Espressomaschine summt auf der Herdplatte und die Ölfarben für die Reliefmalerei versuche ich mit Schellack zu mischen, um dann kalte, helle, grünblaue Töne entgegen zu setzen.

Glenn Gould zeigt mir, wie man Spannungsbögen aufbaut und Räume mit Bewegungen, seiner Stimme und den Instrument schafft.

Mich erinnert das an die Mönche in Ladakh, ihre Handbewegungen, während der Zeremonien, ihre tiefen Stimmen und die Rhythmen der großen Trommeln.

Das Schamanische des Pianisten.

Gleich kommt die Gärtnerin, mit der wir etwas mehr Wildnis über den Beton und die Steine, die sich in den letzten hundert Jahren hier auf Teves West angesammelt haben, bringen wollen.

Malerei am Relief Nummer 6 des ersten großen Väterportaits gestern. Heute will ich daran weiterarbeiten. Ein neuer Rechner stahl mir gestern eine Menge Zeit, die ich eher dafür aufwenden wollte.

Gewalt beobachten

Gestern arbeitete ich lange am 6. Relief des großen Väterportraits. Dabei muss ich mich etwas disziplinieren, um dieses Exemplar in etwa dem Stil zu beenden, in dem ich es begonnen habe. Die Experimente gehen weiter und sind schon an anderen interessanten Arbeitsweisen angekommen, die mich aus der „nostalgischen“ Lasurmalerei herausführen werden.

Die Collagen, Überlagerungssequenzen und Rückgriffe auf älteres Material, bilden neue Gestaltungsräume für die Arbeit am nächsten Portraitexemplar.

Manchmal kann ich kleinere Wutausbrüche beobachten, die sich an meinen Installationen im freien Raum draußen vor dem Atelier, Platz verschaffen. Man könnte das als allgemeinen „normalen“ Vandalismus betrachten. Mir scheint aber, dass die Hinwendung zu gewalttätigen Verhaltensweisen, die in der Gesellschaft zu beobachten ist und verschiedene Gründe hat, nun bis in meine nähere Peripherie vordringt.

Die beobachtende Position ist luxuriös, kann nur aus einer stabilen Situation gelingen. Sie folgt aus beständiger Produktivität, die ich manchmal etwas abbremsen muss, um mich nicht zu überfordern.

Kombinierend verdichten

Einen verästelten Zweig begann ich vor einiger Zeit mit Pappmache zu ummanteln. Schicht um Schicht ist bisher getrocknet und bildete eine pflanzenartige Kleinskulptur. Am vergangenen Wochenende habe ich gerade Kanten und Flächen hinzugefügt, die einen Kontrast zu den fließenden Formen bilden. Nun können Reliefteile des Väterprojektes addiert werden.

Der Debütroman der holländischen Autorin Lize Spit „Und es schmilzt“ hatte in einer Bühnenfassung in den Kammerspielen Premiere. Ein anstrengender Abend nach einer anstrengenden Arbeitswoche. Die Reduktion eines Romanstoffes für die Bühne müsste einen Mehrwert an Textdichte erzeugen. Das geschieht meist nicht. Regie und Schauspielerleistungen waren dennoch geschlossen und reich an Qualitäten.

Die Umrissfiguren der Tanzzeichnungen von 2003 konfrontierte ich weiter mit dem neuen Scherbengericht. Es entsteht auf Rolle 8, wie auch die Sequenzen mit den Kombinationen aus Tanzfiguren und Splitterflächen.

Ansonsten beschäftigte ich mit den Aufnahmesessions von „Highway 61 Revisted“. Die Methoden der Songgestaltung kann ich auf meine Collagenarbeit übertragen und die Konfrontation unterschiedlicher Themen und Stile pflegen. Ich hörte 20 verschiedene Einspielungen von „Like a Rolling Stone“, als Walzer, als Blues und so weiter.

Scherben aus dem Aushub

Höhepunkt der vergangenen Arbeitswoche war die Tanzzeichnung deren Figurenumrisse ich mit den, auf Rolle 8 durchscheinenden Sequenzen der Alchifigur und des neuen Scherbengerichtes, anfüllte.

Heute kommen Schüler in mein Atelier, die mit den Strukturen meiner Väterarbeit eigene Experimente machen sollen, aber auch, am Ende der Arbeit, ein ganzes großes Portrait in eigener Regie fertig stellen sollen.

In diesem Zusammenhang gehen mir die Beziehungen durch den Kopf, die ich mit dem, was ich seit vielen Jahren hier im Atelier zeichne und meiner Umgebung, eingegangen bin. Zunächst gibt es das Arbeitstagebuch, das ein Angebot für alle ist, die mit mir zutun haben, sich näher mit meiner Arbeit zu beschäftigen. Ich spüre bei meinen Gesprächpartnern auch oft ein Wissen von meinen künstlerischen Vorgehensweisen, worüber ich mit ihnen nicht gesprochen habe. Es gibt auch Stadtführungen durch das Viertel, die in meinem Atelier Station machen. Hier halte ich einen Vortrag über mein aktuelles Projekt und vergewissere mich dadurch selber über den Stand der Dinge. Die Ausstellung von Scherben aus einem Aushub auf dem Tevesgelände im MAK, war der Aufbau einer Beziehung des Untergrundes meiner Arbeitsumgebung mit dem Scherbengericht des Väterprojektes.

Solche Zusammenhänge gibt es mit verschiedenen Arbeitsbereichen der Stadtgesellschaft, wie Naturschutz, Bildung, Theater und Architektur.

Straffung der Produktion

Das Anfüllen der Figurenumrisse der Zeichnung aus dem Ballettsaal der Forsythecompany, mit Teilen des neuen Scherbengerichtes und der Figurensequenz aus Alchi, ist gut gegangen. Fast ist die Zeichnung ein wenig zu schön geraten, was ich versucht habe, mit der Collage oben, zu korrigieren. Durch die Konfrontation mit der zweiten Buchmalerei von heute, die ich an einer Stelle perforiert habe, um einen milchigen Durchblick auf die gestrige Collage zu bekommen, ist das Ornamentale etwas gekippt.

Der Versuch hingegen, der sich auf die Idee vom 12.11. bezieht, eine weitere Zersplitterung auf sehr dünnes Papier zu zeichnen, um sie dann auf die entsprechende Partie einer Scherbe des Reliefs mit Schellack zu kleben, misslang. Das lag daran, dass sich die Landschaft des Reliefs unter der Zeichnung, zu wenig abhob.

Es wäre notwendig dieses erneute Scherbengericht noch einmal zu modellieren.

Ich bin gebeten, meine stadtteilbezogene Arbeit seit dem Beginn des vorigen Jahres darzustellen. Diese Anforderung geht aus dem § 9 meines Mitvertrages hervor. Das ist eine Bitte, der ich gerne nachkomme. Es gibt nichts, was ich so gerne mache, wie meine Arbeit ordnend und knapp zu beschreiben. Das hat meistens eine straffende Wirkung auf die Produktion.

Scherbengerichte | Tanzfiguren

Auf Rolle 8 begann die Ausführung dessen, was mir in der Nacht zuvor durch den Kopf gegangen war. Eine modellierte und abgeformte Scherbe des 5. Reliefs, also aus dem 2. Scherbengericht, war die Vorlage einer Frottage. Die Graphitlinien wurden durch eine Rohrfederzeichnung verstärkt und durch die Rollüberlagerungen, aus denen die durchscheinenden Linien in die Umrisse gezeichnet werden, verdichtet. Teile davon sind oben in die Collage eingefügt. Dann zeichnete ich eine zweite Scherbe dazu und bearbeitete sie genauso, was auch zu Rückwirkungen auf der ersten führte.

Zwischen dem vorausgegangenen Motiv aus Alchi und der ersten angefüllten Scherbe entstand eine Lücke, in die genau eine Tanzzeichnung aus dem Ballettsaal der Forsythecompany vom Jahr 2003 passte. Es handelt sich um eine Gruppe von Umrissfiguren, die nun mit einer Mischung aus der schon überlagerten Alchifigur und den Linienverdichtungen dieses erneuten Scherbengerichtes von gestern angefüllt werden.

Diese Serie von Tanzfiguren wird mir immer wichtiger. Sie sind wie die schwebenden Textteile der Dylansongs, die von irgendwoher erscheinen und unvermittelt zwischen der Erzählung stehen. Ich finde, dass eine solche Zeichnung eine gegenständliche Verankerung bildet und einen anderen Reiz, der die Wahrnehmung korrigieren kann.

Methoden

In der Nacht gingen mir Ideen, die Techniken der Sequenzen auf den Transparentpapierrollen und die der Buchmalereien auf die Reliefs zu übertragen. Dabei könnten Frottagen der Formen durch die Überlagerungszeichnungen mit Rohrfedern und Tusche verdichtet werden. Dann eignen sich einzelne Scherben, die dann noch zweimal zersplittert wurden, als Collagenteile, die dann mit einer Schellackschicht aufgeklebt werden. Das sollte ich an kleineren Scherben erst einmal probieren, um zu schauen, ob es sich für größere Flächen eignet.

Gestern habe ich noch lang in den Abend an Der Manjurishree-Sequenz auf Rolle 8 gearbeitet. Einen Ausschnitt habe ich oben in die Collage eingefügt.

Es ist allerdings auch möglich, von den Strukturen der Reliefunebenheiten auszugehen, um sie als Anhaltspunkt für Verdichtungen anzusehen.

Am Abend las ich noch ein wenig über Produktionsmethoden von Bob Dylan. Das hat mich neu inspiriert. Das Zusammenfügen von scheinbar zusammenhangslosen Gegenständen, kann ich als Instrument ernsthafter Suche nachvollziehen.

Biennale

Nach einer knappen Woche in Venedig, wo wir uns die Biennale angeschaut haben, sind mir die Tätigkeiten hier im Atelier angenehm nah und wohltuend. Erstmalig wurde mir der Zuckerguss in der Lagunenstadt etwas zu viel, was natürlich mit am Tourismus, d.h. an der Vermarktung der Stadt liegt. Auch die Kunstwerke erreichten mein wirkliches Interesse nur an wenigen Stellen. Ich muss schauen, wie der Besuch nachwirkt, ob sich das Erlebnis der großen Ausstellung auf meine Arbeit auswirkt.

Meine Buchmalereien erscheinen mir eher schwächer, als brauchten sie einen Veränderungsschub.

Sehr angenehm, wie auch beim vorigen Mal, war das Wohnen nahe dem großen Kanal, mit einem atemberaubenden Blick von der Dachterrasse über die Dächer, Kuppeln und Kanäle. Zwischen dem Nordwestufer und der Friedhofsinsel San Michele war eine temporäre Pontonbrücke gebaut worden, auf der wir über das Wasser spazierten. Die Perspektiven waren ungewohnt und reizvoll.

In den Wochenendtagen räumte ich nun fast alle Pflanzen auf meine Regalkonstruktion, die in jedem Jahr etwas anders aussieht. Diesmal gibt es eine pyramidale Symmetrie. Das hat etwas Barockes.

Kulissen

Das Gehen zwischen den improvisierten Kulissen für eine Schauspielprobe führt durch Lichtkegel, die Kreise auf einem Bühnenboden voller Klebebandmarkierungen projizieren. Wann bin ich vom imaginierten Zuschauerraum oder vom Regietisch aus zu sehen? Wann muss meine Mimik der geforderten Stimmung entsprechen, die ich im Schatten hinter einer Wand noch einmal ausprobieren kann. Hinter mir stehen bereitgestellte Wandkonstruktionen für den Umbau auf den nächsten Akt, dessen Text schon in meinem Kopf rumort?

Es gibt Bereitstellungsflächen für Kulissen und für Blöcke von Menschen, die gleich nach dem Warten, mit geübtem Fähnchenschwenken und der richtigen Mimik an einer Tribüne vorbeimarschieren werden. Sie sind die Darsteller und Darstellerinnen des Volkes. Ich fotografierte die Tribünen von hinten und pochte somit, argwöhnisch von uniformierten und nicht uniformierten Wächtern beobachtet, auf die Verschiebung meiner Perspektive.

Später arbeitete ich gerne mit den Räumen des Tanzes. Die Ensembles, mit denen ich zutun hatte wechselten, aber nicht die Fragestellungen des Spannungsaufbaus. Die Tanzzeichnungen unterfüttern die Gravitationsschwünge der heutigen Buchmalereien. Auf Rolle 8 kann ich die Perspektiven miteinander konfrontieren.

Verdichten

Von den Gravitationsschwüngen gehen die Suchbewegungen der Buchmalereien in die Frottagen über oder umgekehrt. Das Buch liegt mit der Schrift seiner letzten beschriebenen Seite auf der Gipsform des 5. Reliefs. Die kreisenden Bewegungen mit einem Aquarellstift, bringen die spitz zulaufenden Flächen zwischen den Stegen der Splitterformen auf dem weißen Blatt hervor, bevor sie in drei Kreisbewegungen den Schwung des Rohrgeflechtes eines Teppichausklopfers nachzeichnen. Schon bin ich wieder bei den Erinnerungen an den Kindheitsalltag in der ostdeutschen Provinz.

Die Beeinflussungen meiner Arbeit, die aus dieser Zeit stammen – sollten sie mich nun interessieren? Ist die Arbeit selbst nicht Forschung genug?

Ich bin um die Gedankenlosigkeit während der Buchmalereien am Morgen froh. Dennoch denke ich an das Buch „Kindheitsmuster“ und an die Aussage von Christa Wolf, dass sie es nach den Jahren ihren späteren Erfahrungen, noch einmal schreiben müsste.

Wir haben damals miteinander über die Wirkung von Kunst gesprochen! Von heute aus gesehen, ist das wirklich naiv gewesen, wie manche Blickperspektiven aus dem Osten es auch waren. Jetzt muss man verdichten, rücksichtslos.

Auswege

Gestern fand im Filmmuseum die vorerst letzte Veranstaltung zum 90. Geburtstag von Christa Wolf statt. Gezeigt wurde ein Film, der im Wesentlichen aus drei längeren Interviews, Filmausschnitten und Dokumentarmaterial zusammengefügt worden ist. Teileweise war ich emotional sehr berührt und fragte mich, was da in mir emporsteigt. Die ganzen Erinnerungen an die Siebzigerjahre in der DDR, an dieses Gefühl, bis zum Rentenalter in einem Korridor eingesperrt zu sein, der die Aneinanderreihung der sozialistischen Bruderländer umfasste, war eine Selbstverständlichkeit. Wie dieses Bewusstsein mich und meine Umgebung geprägt hat, welche Gefühle meine Jugend bestimmten, habe ich noch nicht zielgerichtet erforscht. Jetzt beginnt das mit dem Väterprojekt.

Das derzeitige Unterwegssein mit meinen Eltern, in den Landschaften unseres Familienlebens, fördert bedrückende Stimmungen an die Oberfläche.

Wir haben diese Landschaften damals langsam durchquert, mit der Waldbahn, zu Fuß oder im Bus. Das Zuhausesein und Unterwegssein waren keine sehr gegensätzlichen Prozesse. Es fehlten einfach Geschwindigkeit und Ausdehnung für Bewegung. Die statische Kontinuität förderte versteckte Fähigkeiten und sorgte für innere Gegensätze: Wut, Resignation, Aufbruch, Abschottung und Rückzug. Das alles unter einem bleiernen Deckel der staatlichen Allmacht. Meine Auswege waren die Kunst und die risikoreiche Ausreise in den Westen.

Schweigen

Gestern malte ich am 16. Relief und führe einen Farbklang über die Splitter. Ich weiß nun, vom Zusammenlegen der 8 Tafeln des ersten bemalten Doppelportraits, dass die Wirkung dieser intensiven Arbeit auch eine Intensität der Ausstrahlung hervorbringt. Diese Gewissheit ist wichtig für eine Weiterentwicklung dieser Zusammenklänge. Die Dissonanzen innerhalb der Buchmalereien orientieren aber auf eine kritische Auseinandersetzung mit diesen ersten Ergebnissen. Sie soll über diese tägliche Vergewisserung in den Büchern hinausgehen.

Im Atelier befinden sich Werkzeuge, die mich in andere mediale Richtungen führen können. Ich fühle mich aber in den skulpturalen und malerischen Regionen sicherer, traue mir da eine andere Tiefe zu. Vielleicht mache ich nebenher, zur Unterfütterung, digitale Ausflüge mit den 3d Drucker.

Heute steht eine Zusammenarbeit mit Schülern an einem Transparentpapierstreifen auf dem Programm. Dafür soll in den Räumen zwischen den alten, wilhelminischen Mauern eine Werkstattatmosphäre entstehen, in die die Kinder eintauchen können. Das habe ich nun schon öfter gemacht, bin aber bei weitem nicht routiniert genug, um es nebenher abzuhandeln. In solchen Situationen soll manchmal eine Gegenwelt entstehen, die Gefühlen im Zusammenhang mit Materialität, einen Entfaltungsraum schafft.

Und eigentlich will ich während dieser Arbeit nicht sprechen!

Abläufe | Sukkulenten | Orientierung

Die Buchmalereien funktionieren zunehmend ohne Nachdenken. Impulse für Linien, Farben, Frottagen, Übergänge und Kontraste erwachsen aus dem Unterbewussten. Die Bewegungen der Hände, die Abläufe handwerklicher Gesten, gehen den Erkenntnissen voraus. Der lenkende Faktor des Zufalls beschleunigt neue Herangehensweisen und zieht Erkenntnisse nach sich.

Wegen einer herannahenden Kaltfront trug ich gestern viele meiner kleineren Sukkulenten ins Atelier. Sie fanden auf dem hohen Gesims über dem rechten Rolltor Platz. Weil man die Töpfe dort nur unter Schwierigkeiten mit einer normalen Gießkanne wässern kann, musste ich eine Spezialanfertigung mit einer 60 cm langen Ausgießtülle konstruieren. Von einer Leiter aus kann man das Wasser nun zielgenau fließen lassen.

Gestern Abend beschäftigte ich mich mit den Raumstrukturen buddhistischer Klöster und ihrer Schreine. Die schwierigen Meditationsvorgänge, deren Ziel universeller Wahrnehmung in einer Leere, benötigen Orientierungskonstruktionen, deren Grundlage Mandalas sind. Wenn man sich als Besucher solcher Kulträume über die Grundlagen der Raumbedingungen klar ist, kann man die Malereien und Figuren weitergehend deuten. Für meine Arbeitspraxis kann das eine Bedeutung erlangen.

Ich stelle mir einen quadratischen Raum vor, in dem sich vier Väterdoppelportraits in der Mitte gegenüber hängen. Aus dieser Konstellation ergäben sich weitere Abfolgen von Bildpräsentationen des vorangegangenen Materials an den Wänden dahinter.

Vorstellbar

Die 16 Relieftafeln, aus denen das Väterdoppelportrait besteht, sind auf vier Scherbengerichte gegründet. Alle vier sind durch ein und dieselbe Figur von ineinander kreisenden Gravitationsschwüngen in Scherben zersprungen. Die so zerteilten Rasterpunkte und geschlossenen schwarzen Flächen, können also ebenfalls untereinander kombiniert werden, dass die Linienschwünge auch ineinander greifen, wenn die erste Tafel des ersten Scherbengerichtes mit der zweiten Tafel des dritten oder vierten nebeneinander gelegt werden. Die so entstehenden Kombinationsmöglichkeiten sind für einen weiteren, späteren Arbeitsschritt relevant. Denn dann können zusätzlich auch Tafeln der verschiedenen Exemplare ganzer, in einem bestimmten Stil gemalter Portraits zueinander finden und eine weitere Dimension eröffnen.

All das ist nur vorstellbar, wenn es in die Praxis umgesetzt wird. Das System hat jedenfalls das Potential zu einer weiterführenden, größeren räumlichen Arbeit, die sich auch mit den Raumsystemen eines Mandalas verbinden kann. Oder ist das eine Drehung zuviel?

Die Schellackschicht des 16. Reliefs, dieses ersten Exemplars, habe ich gestern, am Abend fertig gestellt. Heute beginne ich die Farbigkeit, wie auf den anderen Tafeln fortzuführen. Gleichzeitig möchte ich nun die Reliefs 1-8 vorbereiten. Das heißt, dass ich schauen muss, welche schon abgegossen sind, welche noch fehlen und somit hergestellt werden müssen.

Erscheinungsgewalt

Gestern grundierte ich das 16, Relief und legte die ersten Schichten auf ihm an. Das preußischblau der Gravitationslinien und die Graphitschicht auf allen Splittern bilden den ersten Arbeitsgang. Dann begann ich jede der erhabenen Flächen mit einem spitzen Pinsel und Schellack zu bearbeiten. Das führe ich, als dritten Schritt, in den nächsten Tagen fort.

Wenn ich nun die ersten 8 Malereien zusammenlege, zeigt sich ihre Entwicklung, die ich nicht zugunsten eines Zusammenklangs angleichen will. Gemeinsam entwickeln sie eine Art von Erscheinungsgewalt, wie es ein einzelnes der Formate bisher nicht erzeugen kann.

In die Collage oben habe ich, neben einem Fenster auf die „Manjurishree-Sequenz“ und einem Stück der zweiten Buchmalerei von heute, ein Fragment der Malerei, auf dem 15. Relief, dominant eingefügt.

Der Arbeitsvormittag war lang und ruhig. Die Malerei beginnt allgemein mit einer erneuten Konzentration zu funktionieren, einer anderen, als beim Modellieren der Reliefs. Die Herausforderung ist eine ganz neue. Die Entscheidungen die ständig zu treffen sind, schließen mannigfaltigere Möglichkeiten ein.

Abstand

Ein Gefühl, das vierzig Jahre geschlafen hatte, holte mich gestern wieder ein, als ich im Filmmuseum saß und den DEFA-Streifen „Till Eulenspiegel“ sah. Über die etwas naiven Botschaften, die sich kritisch mit der DDR-Gegenwart auseinandersetzten, konnte ich zwar nicht mehr so herzlich lachen, erinnerte mich aber an die Zeit, die ich mir Christa und Gerhard Wolf verbrachte.

Der Regisseur des Filmes, der auch das Script, nach einer größeren Vorlage der Wolfs geschrieben hatte, war zugegen und erzählte Geschichten aus der Kulturpolitik der DDR. Ich kam mir vor, wie ein Fossil.

Abends lese ich in einer Romanübersetzung von B., die zu großen Teilen in Shimla spielt. Von dort aus fuhren wir hinauf in die Dörfer und zu den Klöstern unter den ragenden weißen Berggipfeln.

Als ich zu den Texten von Christa Wolf arbeitete, konnte ich mir nicht vorstellen, in diese Gegenden des Himalaja zu gelangen, wusste nichts von den buddhistischen Tempeln, vom Klima und von den Menschen dort. Hätte ich es jetzt wieder mit diesem Material, wie „Kassandra“ oder „Medea“ zutun, wäre genügend Abstand da, um weiter zu blicken.

Die „Väterarbeit“ soll etwas davon leisten.

Weitere Zersplitterung

Würde ich in die gegenwärtige Arbeit eine Mandalastruktur einfügen, könnte dies ein Farbraumprogramm etablieren. Unter diesem Aspekt muss ich mir das Kloster Tabo noch einmal ansehen.

Farbkonstellationen entstehen aber auch ganz einfach, indem ich scheinbar konzeptionslos weiter arbeite. Die kleinräumlichen Beziehungen der Splitter untereinander, werden durch das Fließen der Farbauswahl entscheidend beeinflusst. Habe ich hierbei die Mandalastruktur im Hinterkopf und male dann einfach drauflos, wird sich hoffentlich etwas ergeben, das den Dekorationscharakter überspringt. Außerdem spielen jetzt schon die Collagen, die über den Texten stehen, eine weiterführende Rolle.

Dieses derzeitige Exemplar des Doppelportraits will ich aber in dem Stil zu Ende malen, in dem ich es begonnen habe. Dann aber muss etwas geschehen!

Mir ging die weitere Zerkleinerung der Splitter durch den Kopf. Dies wäre ein logischer und natürlicher Schritt. Das würde ich dann nur mit den drei Schichten: Graphit, Schellack und Tuschelinien machen, ganz ohne andere Farben.

Raumkonstellationen

Weil ich vor vielen Jahren für ein Bühnenbild, zu den „Ratten“ von Gerhard Hauptmann, eine alte abgewetzte Stahltür auf Sperrholz gemalt habe, die Momme Röhrbein und ich „Hey Joe“ tauften, war mein Zugriff auf die Inszenierung, die wir am Sonnabend im Frankfurter Schauspiel sahen, ein spezieller. Die Debatte, welche Geschichten auf deutschen Bühnen erzählt werden, die Einfärbung des Textes auf die gegenwärtigen Kulturdiskussionen, ging an mir vorbei. Entscheidend für mich ist nicht, dass man kulturell fremde Geschichten erzählt, sondern der künstlerische Zugriff, mit dem das getan wird.

Und außerdem ist es so, dass Kunst dort beginnt, wo sie wehtut.

Der Blues im deutschen Drama wird vom Aikidotrainer aus Offenbach gesungen.

Die Vertiefung in das Väterprojekt schafft gleichzeitig den Abstand zur eigenen Biografie, der notwendig ist, um sie nutzbar zu machen.

Mein Abstand zu den Malereien in den westtibetischen Klöstern muss sich hingegen zunächst verringern, damit sich ein Überblick etablieren kann, der eine Auswirkung auf meine eigene Arbeit ermöglicht. Dabei geht es nicht um die Motivik, sondern um Raumkonstellationen, die aus der Mandalageometrie erwachsen.

Landartmethode

Mit der Manjurishree – Sequenz auf Rolle 8 wird es nun langsam ernst. Die Überlagerungen der Figur aus dem Vairochana Schrein schließen sich mit den Eindrücken bei der Umrundung der Figurengruppe im anderen Gebäude des Klosters Alchi kurz. Deswegen heißt die Arbeit Manjurishree – Sequenz, auch wenn sie aus einer Figur zusammengesetzt ist, die aus einem benachbarten Gebäude stammt.

Die Schellackschicht auf dem Relief Nummer 15 ist nun fertig. Nun werden die Gravitationsschwünge Preußischblau eingefärbt. Dann wird die Malerei so fortgeführt, wie ich sie auf dem 12. Relief, das sich direkt oben an das 15. anschließt, begonnen habe.

An der Außenseite des Ateliergärtchens, flechte ich die langen Weidenzweige nach innen. Die so eingebogenen Ruten bilden skulpturale Formen, die ich im kommenden Jahr weiter gestalten kann. Das Wachstum und das Flechten ergänzen sich so zu einer Landartmethode. Außerdem haben die Geflechte viel mit den sich überlagernden Zeichnungen auf den Transparentpapierrollen zutun.

Ströme

Den geglätteten und grundierten Abguss des 15. Reliefs, des ersten Exemplars des Väterdoppelportraits, versah ich gestern Vormittag mit der ersten Malereischicht, der Graphitschraffur, die die Oberflächenstrukturen der Splitter noch einmal besonders hervorhebt, wie das Morgenlicht, das die Flächen streift, nur negativ. Dann folgte die Schellackschicht, durch die jeder einzelne Teil einen warmen Grundton und die Versiegelung des Graphits abbekam.

Nach dem Essen stieg ich auf den Altkönig, der sich, wie aus der Ferne zu sehen war, in Wolken hüllte. Bei meinem wärmenden Gang den steilen Hang hinauf, begann es zu regnen. Zunächst waren das eher Nebelnässen, doch schon bald verdichtete sich das herab rinnende Wasser zu dem stetigen Strom, der mich, trotz Regenkleidung, langsam durchtränkte. Es war wie beim Schwimmen, dessen Bewegungen ich und die Leichtigkeit meines Körpers genoss.

Wasserrinnsale, wie aus aufgedrehten Absperrhähnen, flossen die Baumstämme hinab. Ich versuchte diese Ströme zusammenzuzählen, um die Menge des sich sammelnden Wassers abzuschätzen, das sich nun in den Bächen sammeln würde…

Am Abend weitere Splitterabdeckungen mit Schellack.

Die Toten bleiben Jung | Manjurishree – Sequenz

Ein helles blaugelbes Licht leuchtet jetzt am Morgen auf meine Reliefplatten. Mit der weißen Grundierung, deren Feuchtigkeit die getrockneten Flächen leicht durchdringt, konnte ich das in sich verzogene Exemplar wieder glätten. So, wie das Licht jetzt jede Unebenheit gebirgig aufwirft, sollte dann auch die Graphitschraffur wirken.

Auf Rolle 8 arbeitete ich an der Überlagerungssequenz aus dem Manjurishree – Schrein in Alchi weiter. Ich nenne sie jetzt „Manjurishree – Sequenz“. Das unaufgeregte, kontinuierliche Vorgehen führt zu spannungsvollen Ergebnissen oder Zwischenschritten, die mir Spaß machen.

Gestern Abend hörte ich Carola, im Filmmuseum, bei ihren interessanten Ausführungen zu den beiden Dichterinnen Christa Wolf und Anna Seghers zu. Ich wusste, dass die ältere von der jüngeren verehrt wurde. Diese Zuwendung wirkte sich auch auf das Drehbuch zum Film „Die Toten bleiben jung“ aus, das nah am Romantext blieb. Und Carolas Focus auf die Frauenfiguren fügte dem Abend noch eine weitere Dimension hinzu.

Auch für mein Väterprojekt fügten sich Szenen aus dem gezeigten Film zusammen, die die Darsteller der preußischen Militärs noch aus eigener Anschauung kannten und umsetzen konnten. Harte, sadistische und zynische Erziehungsmethoden sollten später auch sozialistische Persönlichkeiten hervorbringen.

Symmetrien und Ungleichgewichte

Auf Rolle 8 zeichnete ich an der Sequenz weiter, die von einer Zeichnung herrührt, die ich im Kloster Alchi gemacht habe. Eine, auf einer Fabelgestalt reitende, Figur steht sich hier mehrfach antithetisch gegenüber und überlagert ihre Umrisslinien in der sich aufeinander zu laufenden, fortschreitenden Bewegung. So kommt es zu Symmetrien, die sich mit Ungleichgewichten vermischen.

Vor einem Chorkonzert in der schlichten Heilig Geist Kirche gestern Abend, probierte der Organist die Begleitpartitur, die alleine ohne Chor, wie von Olivier Messiaen klang. Jetzt höre ich ein Klavierkonzert von ihm, das sich mit der Alchi – Sequenz auf Rolle 8 verbindet. Das passt zusammen.

Auch die Buchmalereien verbinden sich eher mit Klängen des vorigen Jahrhunderts. Die Sehnsucht nach einer Struktur jenseits der digitalen Gestaltungsmöglichkeiten wächst.

Am Abend moderiert Carola einen Abend im Filmmuseum an, an dem es um das Drehbuch der DEFA – Produktion „Die Toten bleiben Jung“ nach Anna Seghers geht. An ihm arbeitete Christa Wolf mit, und aus Anlass ihres 90. Geburtstages wird eine Reihe mit Filmen gezeigt, an denen sie auf die eine oder andere Weise beteiligt war. Meine Rückschau innerhalb des Väterprojektes könnte davon profitieren. Also gehe ich hin.

Trolle

Auf dem Gipfelplateau des Altkönigs herrschte dichter Nebel. In dieser Wolke erschien plötzlich ein Troll in leichtem Laufschritt, mit spitzen Ellbogen an den angewinkelten Armen, klarer Stimme und roten Locken, glaube ich. „Ich laufe gern über dieses wellige Gelände“, sagte er, bei weitem nicht außer Atem und strahlend. So schnell. Wie sie da war, verschwand sie wieder bergab im dichten Grau.

Im Schauspiel sahen wir „Brand“, ein selten gespieltes Stück von Ibsen. In der weiblichen Hauptrolle war Jana Schulz zu sehen, eher ein zerbrechlicher Junge, als eine Braut. Es ging um Alles oder Nichts in diesem düsteren Abend im Nebel, der die Kälte des Tales illustrierte, in das nie ein Sonnenstrahl fällt. Und wieder tauchte ein Troll aus dem Gewaber auf, mit schriller Stimme diesmal und wieder sehr beweglich, wie am Altkönig auch.

Die Abgüsse der Reliefs, die ich in der letzten Woche angefertigt habe, trocknen sehr langsam. Einen habe ich nun in die Sonne gestellt, obwohl dann die Gefahr besteht, dass er sich etwas verzieht – meine Ungeduld! Aber ich möchte nun bald wieder weitermalen.

Innerhalb der ganzen Diskussionen um Digitalisierung, kulturelle Aneignung und diverse Identitäten, kommt mir die Arbeit am Väterprojekt immer anachronistischer vor, aber richtig.

Wirkung eines faunistischen Gutachtens

Für das Väterprojekt fertigte ich gestern einen weiteren Reliefabguss an. Die Trocknungszeiten nehmen viel Zeit in Anspruch, weswegen immer mehrere Exemplare in Arbeit sein sollten.

Heute am Altkönig im Taunus, werde ich an den Literatur-Nobelpreisträger dieses Jahres denken, dessen Liebe zu diesem Berg ihn mit meiner verbindet. Je länger ich ihn regelmäßig besteige, umso intensiver erlebe ich seine Besonderheiten, vor allem im oberen geschützten Teil.

Entgegen der Behauptung, dass unseren Teves – Mauereidechsen die „Scheißwiese“ mit ihren Bruthügeln aus Schotter „scheißegal“ ist, sonnten sich gestern drei Winzlinge der Brut dieses Sommers auf einem der kleinen, dunklen Steinhügel. Diese jungen Exemplare befanden sich etwas entfernt von ihren gefährlich kannibalischen Eltern, die die goldenen Oktoberstunden am gestrigen Nachmittag auf dem Kalkstein der Kräuterspirale verbrachten.

Somit haben die Schutzmaßnahmen, die das faunistische Gutachten von Andreas Malten, vom Senckenberg Forschungsinstitut, nach sich zog, eine anhaltend positive Wirkung. Dieser Erfolg wirkt sich nicht nur auf die Teveswiese aus, sondern auch auf den Schutz der anderen Refugien, die das Gutachten nachwies.

Orangerie

Gestern Nachmittag stellte ich Pappmache für einen Reliefabguss her. Dafür habe ich Rollen von grauer Abdeckpappe für Malerarbeiten aus recyceltem Material. Ich nahm mir die Form Nummer 15 vor, die sich in der Reihenfolge an die 5 Reliefs anschließt, die ich schon bemalt habe. Ich strebe an, dass die Arbeitsgänge des Abformens und der Malerei Hand in Hand gehen, damit keine Wartezeiten entstehen.

Das Licht wechselt. Ich habe das Gefühl, dass es wochenlang geregnet hat. Das wirkt sich auf das Wachstum der Wiese aus. Abertausend kleine Pflänzchen sprießen auf der wenigen durchtränkten Erde, die ich nicht identifizieren kann. Aber gerne gehe ich durch die nassen Halme und Blätter, die meine Schuhe benetzen. Ich sammle auch wieder Schottersteine für die Fluchtburgen der jungen Eidechsen, die im kommenden Juni schlüpfen werden.

Nun werde ich, wie in jedem Herbst, bald damit beginnen, die frostempfindlichen Succulenten, Palmen und Pelargonien hereinzuholen. Der fensternahe Bereich des Ateliers verwandelt sich dann in eine Orangerie. In diesem Jahr freue ich mich auf diese Arbeit.

Heilsamer Fehler

Nach dem langen Regen, der meiner Wiese sehr gut getan hat und dem damit verbundenen Grau, sind an diesem Morgen wieder Lichtwellen unterwegs, die fast waagerecht in mein Atelier branden. Sie lassen die Temperatur am Zeichentisch steigen und die Farben aufleuchten.

Mit der Malerei am 12. Relief, des ersten Exemplars des großen Väterdoppelportraits, bin ich gestern fast fertig geworden. Eine lebendige Farbigkeit stellte sich auch in den Buchmalereien ein.

Mir ging die GPS-Wanderung am Potsdamer Platz als Gestaltungsschicht auf den Reliefs durch den Kopf. Weil die Möglichkeiten solcher Schichtungen mannigfaltig sind, muss ich mich disziplinieren. Die Bezüge haben einen wesentlichen Einfluss auf die Dichte. Das Zwingende der Zusammenstellung muss aus den untersten Lagen der durchscheinenden Malerei hindurch scheinen. Es geht nicht um Schlüssigkeit, sondern um Spannung.

Auf Rolle 8 trainiere ich das nur mit Tusche, Graphit und Schellack. Gestern kippte ich aus Versehen ein Glas Tusche um. Etwas von der schwarzen Flüssigkeit erreichte die Lagen der Transparentpapierrolle. Sich wiederholende dunkle Wolken über der sich mehrfach schichtenden Reiterfigur, waren die Folge. Nun muss ich daraus etwas machen. Es fordert mich dazu heraus. Fehler sind heilsam.

Neben mir

Selten trete ich neben mich, wenn ich allein bin mit meinen Büchern, um mir beim Zeichnen, Malen, Wischen und Schreiben zuzuschauen. Mit der Malerei geht eine Unruhe einher, die ich, wenn ich mit den drei Formaten des Tages fertig bin, mit einer kleinen Pause besänftige. Ich stehe auf, gehe hinaus ins Gärtchen oder schaue, was auf der Wiese neu, ohne mein Zutun, von alleine wächst, sehe den polternden Güterwaggons zu, die mit ihren wilden Zeichen einer speziellen freien Malerei vorüber rollen.

Manchmal kehre ich dann, nach einem Gespräch mit einem Nachbarn, zurück und fülle die leeren Papierflächen zwischen den Buchmalereien mit den Worten, die meine inneren Bilder umkreisen.

Die Reliefmalerei beginnt mich nun ganz einzufangen. Ich genieße es, mich in den Farbspannungen verlieren zu können. Gestern habe ich sehr vorsichtig versucht, mit einer Rohrfeder und feinen Tuschelinien, den Figuren zu folgen, die neu auf den Splittern entstanden sind. Dann legte ich Öllasuren darüber, die auch noch eine weitere Schellackschicht vertragen. Eine Fortführung der Scherbengerichte.

Holzschnitte | Reliefmalereien

Im Städel sahen wir gestern die Holzschnitte von den drei „Bücke“ – Künstlern Kirchner, Heckel und Schmidt-Rottluff. Insbesondere zu den Arbeiten von Ernst Heckel hatte ich in meiner Jugendzeit eine innige Beziehung. Die ganze Holzschnittreihe zu „Deutschstunde“ von Siegfried Lenz, die ich 1977 angefertigt habe, lehnte sich daran an. Mit dieser Arbeit begann ich auch meine Herangehensweisen schriftlich in Tagebüchern zu reflektieren. Das Buch „Expressionistische Buchillustration“ von Lothar Lang besaß ich damals schon, und es inspirierte mich zu weiteren Holzschnittreihen, die dann später unter dem Eindruck von Grieshaber auch farbig wurden. Riesenformate entstanden. Diese sehr produktive Zeit wurde durch die Übersiedlung in den Westen zunächst unterbrochen.

In die täglichen Buchmalereien spielen nun, neben den Gravitationsschwüngen, wieder Frottagen von den Gipsformen des Väterprojektes eine Rolle. Wie in den Reliefmalereien, spiegelt sich nun auch hier die Farbigkeit, die aus den Malereien in den Klöstern zwischen den Himalajagipfeln und von den Schmucksteinen, die ich von dort mitbrachte, wieder.

Gestern zeichnete ich eine Reiterfigur auf einem Fabeltier, deren Skulptur ich in einem der Klöster sah und in mein Skizzenbuch übertrug, zweimal antithetisch auf die Transparentpapierrolle 8. Von da aus kann ich nun Überlagerungen anfertigen, die sich von den beiden Seiten, die etwa sechzig Zentimeter voneinander entfernt sind, aufeinander zu bewegen können.

Gäste | Gebetsfahnen | Schmuckfragmente

Draußen warteten Leute in der Kälte, damit ihnen jemand einen Raum aufschließt, um einen Deutschunterricht für Migranten abhalten zu können. Ich habe sie zu mir hereingelassen, weil sie froren, und ich unterhielt mich etwas mit ihnen. Viele Iranerinnen darunter, die wissbegierig und offen viele Fragen zu meinen Projekten stellten. Im Laufe der Zeit wurde das Atelier immer voller und ich fing an, Vorträge zu halten.

Draußen im Gärtchen hing ich eine Schnur mit tibetischen Gebetsfahnen auf. Gleich entsteht ein besseres Gefühl, Gelassenheit und Heiterkeit. Ich habe noch weitere solcher Schnüre im Hochland bei Tachi gekauft und werde sie sicherlich auch noch hier aufhängen.

Meine Gäste fühlten sich wohl bei mir. Als sie hereinkamen, ging ihnen das Herz auf, wie sie sagten. Diese Menschen und die Gebetsfahnen haben mir also einen guten Start in den Tag geschenkt.

Die Malereien orientieren sich im Detail nun stark an der Sammlung von den tibetischen Schmuckfragmenten. Die habe ich in Metall, Glas, Korallen, Topaz und Türkis sortiert. Die Farben gehen nun andere Beziehungen miteinander ein, bilden Zentren die Kräfte aussenden. Das soll sich auf die Malerei übertragen.

Arbeit und Raum

Zur Malerei legte ich mir gestern die Steine, Perlen und Knochenschmuck-Fragmente auf den Tisch, die ich aus Westtibet mitgebracht habe. Sie helfen mit beim Farbenfinden, lösen Situationen aus, auf die ich dann malerisch reagieren kann. Die Dynamik dieses Geschehens soll sich möglichst auf den Reliefs abbilden.

Das Erlebnis der alten Klostermalereien erzeugt in mir ein differenzierteres Bewusstsein von Arbeit und Raum. Ich setze eine feine Linie, mit einem Haar gezeichnet in Beziehung zu den Bergketten hinter den Mauern, auf die sie gezeichnet ist. Das wirkt sich auf mein Herangehen hier aus.

Dabei denke ich an die Gespräche mit Tashi, der in der tibetischen Landschaft aufgewachsen ist und ihre Schätze kennt. Die Form der Versenkung in lange Arbeitsvorgänge, wie ich sie in den Miniaturen auf den Klosterwänden zu sehen glaubte, begegnete mir selber innerhalb der Scherbengerichte, die in der Anfangsphase des Väterprojektes stattfanden. Aber auch das Modellieren und die jetzige Malerei, in den Büchern und auf den Reliefs, tragen Züge dieser Arbeitsweisen.

Tausend Jahre Abstand

Gestern führte ich am Abend die Bemalung der Reliefs fort. Das war mit keiner großen Anstrengung verbunden, es folgte nur einem Entschluss. Die Farben führten mich in eine schöne Ruhe und grenzten mich etwas von der Zersiedelung der Reisenachwirkungen ab. Dabei geht es noch nicht so sehr um das große Väterthema, sondern mehr um kleinteiligere Farbwirkungen innerhalb der Komposition.

Das Ende des Septembers läutet einen gewissen Stillstand ein. Noch blühen Sommerblumen auf meinen Beeten. Ich denke aber schon wieder daran, die frostempfindlichen Pflanzen, in nicht allzu ferner Zeit, in die Regale zu räumen, die ich dafür hinter die Fensterflächen des Ateliers stellen werde. Die Rolltore müssen, wie in jedem Herbst, abgedichtet werden, damit es nicht zu viel Wärmeverlust gibt.

Für Rolle 8 habe ich mir die nächste Zeichnung aus Alchi aufgeschlagen, die ich im Vairochana – Schrein gemacht habe. Eine Horn blasende Figur auf einem Fabelwesen mit Löwenklauen, Rüssel und langem, geschwungenen Schwanz. Sie passt eigentlich mehr zum Manjurischi – Schrein, in dessen Figurengruppe es von solchen bunten Figuren nur so wimmelt. Sie sind aus geflochtenen Strohkernen und Lehmüberzügen geformt, wie die neuen Figuren für den temporären Tempel in Delhi, vor dem Hotelfenster, nur tausend Jahre älter.

Kreisbögen

Weit ausladende Weidenzweige, die ich bei meinen Wegen durch das Ateliergärtchen immer wieder streifte, habe ich zurück gebogen und mit anderen Ästen verflochten. So entstehen Kreisbögenräume an den Rändern der Weidengewächse, deren Dynamik mich auch innerhalb der Buchmalereien beschäftigen.

Auf Rolle 8 habe ich mit den Figuren, die ich von den Wänden des Klosters Tabo im Spitital in mein Skizzenbuch übernahm, weitere Verwischungen angefertigt. Somit verstecken sich die Linien hinter neuen Strukturen, die aber immer noch mit ihnen zutun haben. Es ist, als entstünde etwas Weiterführendes.

Windig und regnerisch beginnt die neue Woche. Die Heizung springt im Atelier nicht an. Ich warte, bis die Sonne herauskommt, die die Säule des Thermometers in eine Bewegung nach oben versetzt. 19 Grad schon am Zeichentisch.

Die Bilder und Skulpturen der Himalajaklöster beschäftigen mich noch so, dass ich nicht an meine Väterarbeit herankomme.

Schutt

Gestrandet fühle ich mich, nach der Reise durch Spiti und Ladakh, hier nach wie vor. Die Atmosphären dort, waren zu intensiv, als dass ich schnell in meinen Arbeitsalltag zurückkehren könnte. Die verwischten Oberflächenfarben auf den Geröllhängen, leuchten noch hinter meinen Augen. Manchmal treten sie aus den täglichen Malereien hervor.

Die Korallen und Türkise auf dem Zeichentisch fordern mich zur sofortigen Rückkehr auf, als läge etwas Lebenswichtiges unter den Halden, das Dinge aus meinem Inneren durch die Schuttlagen herauffördern könnte.

Aber vielleicht können diese verschütteten Bilder aus den Verwischungen hervortreten, die ich vor vielen Jahren von den „Synaptischen Kartierungen“ in meine tägliche Malerei übernommen habe. Kompakte Farbfelder werden aufgefächert und geben darunter liegende Linien frei. Auf diese Figurationen kann ich mein Augenmerk lenken.

Ein Versuch, in die Arbeit zu kommen, war gestern, eine Zeichnung aus dem großen blauen Skizzenbuch, auf die Rolle 8 zu übertragen, um daraus eine Überlagerungssequenz zu zeichnen.

Die verschatteten Fotos aus den dunklen Kammern der Klöster, bergen ebenfalls Verschlüsselungen von Nachrichten aus der neu erlebten Welt.

Buchmalerei | Reiseliteratur | Kindsein

Innerhalb der Buchmalereien bin ich wieder bei den Gravitationsschwüngen angelangt. Fühle mich mit ihnen derzeit besser, als mit den Frottagen als Ausgangsmaterial.

Nun ist noch weitere Literatur zu unserer Reiseroute und den dazugehörigen Klöstern aufgetaucht. Peter van Han schrieb den Reisebericht „auf den Spuren Buddhas“, der an unserer Strecke entlang verläuft und hat auch einen weiteren Bildband, in dem das Kloster Tabo, wo wir 5 Tage verbrachten, im Mittelpunkt steht. Manche seiner Erlebnisse, die nun schon fast 25 Jahre her sind, decken sich mit unseren. Die eigenhändigen Straßenausbesserungsarbeiten bei Erdrutschen beispielsweise, bei denen man die Lücken an der Pistenkante zur Hangseite hin mit großen Steinen ausfüllen muss, mit denen man gleichzeitig die Geröllhalde, die die Straße versperrt etwas abträgt. So kann dann der Fahrer alleine, mit hoher Geschwindigkeit, das Hindernis überwinden.

Da die Anzahl der Kunstwerke, die wir innerhalb der über 20 Klöster sahen, unüberschaubar ist, sich auch die Räume, Malereien und Skulpturen miteinander vermischen, sind unsere eigenen Aufzeichnungen und die Bücher jetzt, nachdem wir alles gesehen haben, besonders hilfreich.

Gestern besuchte mich Vandad Neshati. Wir aßen zusammen im Startorante und hatten uns viel zu erzählen. Es ging um die Kunst des Übersetzens, um Philosophie, um Kochen und um das Kindsein.

Bleistiftzeichnungen

Gestern las ich in einem Reisebericht, der genau die Strecke zwischen Shimla und Leh beschrieb, die wir gerade zurückgelegt haben. Die Buchmalereien haben sich in dieser Zeit wieder verändert. Einerseits hatte ich die Gipsformen des Väterprojektes nicht zur Verfügung, von denen ich die Frottagen als Ausgangspunkt für die Malerei benutzte. Aber die Umgebung, ihre Farben und Gestalt, waren natürlich nicht ohne Wirkung geblieben.

In der Nacht dachte ich an die Verwendung der Bleistiftzeichnungen, die ich in den Klöstern Tabo und Alchi gemacht hatte. Gerne würde ich aus ihnen ein paar Überlagerungssequenzen machen, die am ehesten den Gesamteindruck der Klöster, ihrer Malereien und Skulpturen wiedergeben. Die Graphitfrottagen von den Formen gingen also über in die Zeichnungen der Motivgeflechte, die die Vermischung von schamanistischen und buddhistische Formenwelten innerhalb der Räume beschreiben.

Bei der Übertragung der Fotoserien auf Festplatten und andere Speichermedien, blitzten noch einmal die Stationen auf, nach denen ich das Bildmaterial nun ordnen will. Klöster und Straßen zwischen den steilen Hängen, Dörfer, Flüsse und damit verbundene Begegnungen sind die Landmarken, deren Kette unsere Reiseroute markiert.

Himalaja

Die vergangenen Wochen verbrachten wir im westtibetischen Himalaja auf der indischen Seite. Dort sahen wir über zwanzig buddhistische Klöster, die bis zu 1000 Jahre alte, die Wände vollständig bedeckende Malereien beherbergten. Daneben Skulpturen, die die Vermischungen zwischen dem Schamanismus aus den Bergen mit dem Gedankengut aus der indischen Ebene, besonders gut auf den Punkt brachten.

Die Bauten waren in unterschiedlich grandiose Landschaften eingebettet, zumeist auf Felsen, als ihre Fortsetzung gebaut. In Tabo und Alchi verbrachten wir jeweils eine knappe Woche, um uns in die Kunstwerke in Ruhe vertiefen zu können.

Daneben galt es mit der Höhe auszukommen, die uns bis in 5400 m über das Meer führte. Aber wegen einer langen Eingewöhnungszeit, konnten wir uns auch in großer Höhe gut bewegen.

Sehr beeindruckend waren für mich die Dörfer in etwa 4500 m Höhe, die sich dort autark behaupten. Anbauterrassen mit Gerste, Gemüse, Kräutern und Viehfutter für den Winter, das geerntet auf den Flachdächern der Lehmhäuser gelagert wurde, sichern ihnen das Auskommen. Die Leute dort machten einen ruhigen und freundlichen Eindruck.

Zeichen | Wald | Platzregen

Die zeichenhaften Figuren bekommen innerhalb der Buchmalereien einen anderen Stellenwert und werden auch eigenständiger. Somit kann ich sie weiter verwenden und woandershin transportieren, während sie mehrere Veränderungen erfahren. Sie sind geheimnisvoll und können nicht dechiffriert werden. Das verändert die Richtung der Malereien und schafft einen neuen Bereich der auszuweiten wäre.

Vorhin habe ich Erde in einen Eimer geschaufelt, die vom Regen ausgespült auf dem Knochensteinpflaster lag. Ich siebte sie und pflanzte kleine Hibiskussträucher in größere Töpfe um, die ich aus Samen gezogen hatte. Das Gärtchen wird langsam zu einer Landartwohnung. Ich kann nun all die Gewächse, die mir zugeflogen und bei mir groß geworden sind, mit der Gartenschere gestalten. Das habe ich jahrelang nicht gemacht, weil ich über jede Pflanze froh war, die in der Erde auf dem Beton wuchs. Nun schnitt ich beispielsweise Weidenruten ab und stellte sie zum Wurzeln in den Waschzuber mit den Seerosen. Mit ihnen kann ich dann neben der Wiese, zwischen dem Knochenpflaster einen Wald pflanzen, der die versiegelte Fläche aufsprengt. Auch in den Ritzen zwischen den großen Betonplatten wäre ein Platz dafür.

Am Sonntag sah ich verschiedene Ausstellungen in der Stadt, dazwischen Getränke in Restaurants, vorbeiziehende Touristengruppen und Platzregen.

Kooperation | Frottagen | 13. August

Heute geht es in das zweite Jahr des Projektes „YOU&EYE“. Gestern schrieb ich auf, an welchen Projekten ich in diesem Zusammenhang arbeiten möchte. Vielleicht ist das zentrale Anliegen Kooperation. Und zwar mit Tanz, Musik und Architektur.

Ich habe mir überlegt, die Malerei zugunsten einer Aufräumaktion etwas liegen zu lassen. Das verschafft mir Abstand und Raum, auch im Sinne von Platz zum Arbeiten.

In den Gärten herrscht eine feuchte Wachstumsatmosphäre, wie sie in den letzten Jahren selten geworden ist. Riesige schwarz-violett glänzende Käfer fliegen in die großen gelben Blüten meiner Sonnenblumen. Das inspirierte die heutige Buchmalerei direkt.

Sicherlich komme ich in den kommenden Tagen auch noch zu Frottagen auf Rolle 7, die in der letzten Zeit reduzierter ausfielen, was mich nicht ganz überzeugt. Eine Kombination mit der GPS-Aufzeichnung vom Potsdamer Platz am 13. August, könnte Abhilfe schaffen.

Potsdamer Platz

Zum Jahrestag des Mauerbaus, bin ich auf dem Potsdamer Platz ein Stück Handprint Berlin gelaufen. Das soll nun der erste Schritt zu einer Extrusion sein, die ich mit den Flächen des Rossmarktes und dieses Areals in Berlin anfertigen will. Zwischen den Hochhäusern hatte das GPS-Gerät keine guten Satellitenverbindungen, was die Aufzeichnung des Weges etwas ungenau macht. Ich frage mich, ob ich das am Rechner vorsichtig nacharbeiten soll, oder ob das eine Verfälschung wäre.

Mein Neffe hat mich begleitet und zeigte mir in der Universität der Künste eine Steinkugel, die er dort selbst vor Jahren aus einem Sandstein geschlagen hat. Sie hat einen Durchmesser von 60 cm. Wir sprachen darüber, sie durch die Stadt zu rollen und über die Spuren, die davon auf ihr zurückbleiben werden.

Anne erzählte von einem Vorhaben von ihr, das mir viel Respekt abverlangt. Irgendwie haben unsere Projekte etwas miteinander zutun. Und vielleicht inspirieren sie sich ja auch indirekt gegenseitig.

In einem Atelier der UdK verformte ich ein blaues Plastiksektglas mit einer Heißluftpistole. Das surrealistische Objekt bekommt nun einen Platz in meiner Souvenirsammlung im Atelier.

In Berlin haben sich die Buchmalereien durch die fehlenden Frottagen wieder verändert. Ich greife dann immer auf die Gravitationsschwünge aus dem Zusammenhang von „Schönschrift und Gewalt“ zurück und nehme sie dann als Ausgangsmaterial.

40 Quadratmeter

In den Buchmalereien setzte ich, mit dem Mittel des nassen Handballenstempels, Linien und Flächen innerhalb eines Formates mehrfach nebeneinander. Das transportiert die Technik der rhythmischen Vervielfältigung, wie ich sie am 06. 08. beschrieben habe, in die Malerei. Statt das Papier während der kreisenden Schraffur nach links zu ziehen, bewege ich den Handballen mit dem feucht und frisch aufgenommenen Motiv nach rechts über das Blatt.

Auf dem Relief Nummer 12 des 1. Väterportrait – Exemplars befinden sich nun die Schichten der Graphitschraffur und die des 1. Schellacküberzuges. Durch eine glattere Grundierung und dem Auftrag der Schellackschicht mit feinen Pinseln, anstatt mit einer Schaumgummirolle, wie beim vorhergehenden Relief, bekommt dieses Format einen exakteren Charakter. Damit schließt es an einige vorher entstandene Malereien an. Somit mischen sich nun innerhalb dieses ersten Exemplars die Stile subtil, nicht sehr auffällig. Manche sind bewegter und fleckiger, betonen mehr die unruhige Oberfläche der einzelnen Splitter, manche sind strenger und heben Farbflächen exakter hervor und voneinander ab.

Während eines Ganges durch mein Gärtchen begegneten mir eine Ringeltaube, fünf Eidechsen, eine Goldammer, ein Rotkehlchen und viele Wildbienen, die meine Blüten und die Wasserflächen besuchen. Wenn ich still auf meinem Korbsessel sitze, werde ich ein Teil von ihnen innerhalb dieser 40 Quadratmeter.

Big Orchestra | 10, 12, 3, 136 | Bergkristalle

Die Ausstellung „Big Orchestra“ in der Schirn Kunsthalle, ist eine vergnügliche Angelegenheit. Skulpturen zum Musizieren oder Gegenstände, die dazu herausfordern oder Klang, der Form wird. Alles wird in Performances vorgeführt. Auch eine Marimba aus gefundenem Metall ist zu sehen.

Die Stahlzungen der rotierenden Kehrmaschinenbürsten, die auf Gehwegen und Straßen verloren gingen, und von mir aufgesammelt wurden, warten noch auf ihren Einsatz als Tonquellen selbstgebauter Marimbas.

Das 10. Relief ist gestern fast fertig bemalt worden. Anschließen wird Nummer 12 grundiert.

Über meine heutigen Buchmalereien bin ich froh. Jetzt wartet noch die Aufgabe, eine der 3 Malereien in die 136. Collage dieses Jahres einzufügen.

Auf dem Altkönig, dem „schönsten Berg der Welt“, war es gestern feucht und kühl, die Wege schlammig und von den Forstmaschinen zermalmt, wodurch die Bergkristalle zutage treten.

Unsicherheiten

Die bemalten Reliefs schoben sich, während der Gewitter in der Nacht, vor meine Augen. Ich musste sie wie auf einem Display wegwischen, um schlafen zu können.

Malerei gestern – den ganzen Tag lang. Dann nahm ich mir im Gärtchen die zugeschnittenen Aststücken mit weichem Kern vor, um sie mit Handbohrern für Insekten auszuhöhlen.

Nach der langen Trockenheit war die Wiese überschwemmt. In diesem Sommer werden ihre Blüten ausbleiben. Aber vielleicht wird sie doch noch einmal ganz grün.

Wir schauen gespannt nach Kaschmir, das im Osten an Ladakh grenzt. Das Beschneiden der Autonomie des von Muslimen bewohnten Gebietes, durch die radikal hinduistische Regierung Indiens, schafft Unsicherheiten für Reisende. Auch wenn wir nicht vorhaben Ladakh in Richtung Kaschmir zu verlassen, interessieren uns die militärischen Aktivitäten in dieser Gegend.

Das Leuchten | Schauer | Rolle 7

Mit zwei Frottagen begann ich, an der Transparentpapierrolle Nummer 7 zu arbeiten. Während ich mit einem Graphitblock auf einer Stelle der Reliefform unter dem Papier kreiste, zog ich es langsam waagerecht nach Links. Dadurch entstand eine rhythmische Komposition in einer Zeile. Normalerweise habe ich, wegen des Gegensatzes, über eine solche „Erzählung“ eine Schellack-Tusche-Verwischung gelegt. Indem ich nun die Frottagen alleine stehen lasse, setzt sich die Tendenz zur Reduktion fort.

Die Bemalung der Reliefs allerdings, findet noch in einem anderen Modus statt. Da geht es üppig farbig zu. Die Reliefs 10 und 11 leuchten nebeneinander um die Wette.

Der Tag begann langsam. Vom Korbstuhl aus sah ich den Regenschauern zu, die auf den Beton und in meine Gärten fallen.

Am Abend bekam der Ahornbaum vor meinem Balkon wieder viele Gießkannen Wasser. Herr Müller meinte, er habe festgestellt, dass da noch mehr Bäume durstig sind. Daraufhin entgegnete ich, dass ich nur diesen einen Baum retten kann, aber dass die Leute, die mich sehen, meinem Beispiel ja folgen könnten.

Wanderungsspuren

Das 11. Relief ist nun fertig bemalt und mit dem 10., links neben ihm, habe ich begonnen. Gleich stellt sich wieder die innere Eile ein. Bis dann und dann könnte ich die erste Hälfte des großen Doppelportraits fertig haben.

Kleiner Austausch mit Vinzenz, der mir von einem künstlerischen Vorhaben erzählte, das auch mit Bewegung in Berlin zutun hat. Mich interessiert der Zusammenhang von Frottagen, Wegstrecken und Wanderungsspuren.

Ich möchte in der nächsten Woche eine GPS-Figur auf dem Potsdamer Platz gehen. Die benötige ich für die Extrusion des Fralin-Projektes. Vielleicht kann ich die dazugehörige Figur auf dem Rossmarkt hier in Frankfurt mit Schülern gehen.

Einen Ahornbaum auf der Frankenallee, direkt vor meinem Balkon habe ich in den vergangenen Tagen gegossen. Seit vielen Jahren pflege ich eine besondere Beziehung zu ihm. Bis vor fünf Jahren schrieb ich in seinem Anblick Tagebuch. Dann ist er stark beschnitten worden und ich beobachtete, wie er damit zurechtkam und neue Äste trieb.

Übung in Demut

Während der Buchmalereien am Morgen habe ich mich nun zusammengerissen und beendete die Arbeit dreimal vorzeitig, damit ich dem reduzierten Zustand näher komme, den ich auch für die Reliefmalerei entwickeln möchte. Manchmal fällt es mir schwer, diese Kompositionen für die digitalen Collagen im Rechner zu zerschneiden.

Die Reliefmalerei nährt sich mühsam. Den Lasurmalerei-Stil innerhalb dieses ersten Exemplars durchzuhalten, ist eine Übung in Demut.

Den Gartenschnitt, den der italienische Hausmeister am Zaun zum Nachbargrundstück abgelegt hat, habe ich mir am Morgen vorgenommen. Zunächst sammelte ich einige Blumensamen heraus und streute sie in die Schüssel, in der ich schon eine Weile alle möglichen Samen, die man im Frühjahr zusammen ausstreuen kann, aufhebe. Dann schnitt ich die hohlen Stengel auf eine Länge von etwa 15 cm und stellte sie in einen größeren schwarzen Plastikblumentopf. Wenn er voll ist, lege ich ihn als Bruthöhlenbau für Insekten in mein Gesträuch.

Seit gestern flatterte ein Distelfalter an meinen Atelierfenstern in etwa 4 Meter Höhe. So nahm ich eine Leiter und kletterte mit einem Glas zu ihm hinauf, fing ihn darin und drückte es während des Absteigens an meinen Bauch. Draußen entließ ich ihn zwischen dem Blumen.

Reduktion | Leuchten | Wildbienen

Beim Gehen ins Atelier, sucht mein Blick nach den verlorenen Stahlzungen der Kehrmaschinen, mit denen ich Kalimbas bauen will. Normalerweise finde ich eine am Tag. Gestern sammelte ich auf meinen diversen Wegen 12 ein. Ich ging öfter auf der Straße, sah in die Parklücken und unter die Autos. Die Gehwege auf meiner Strecke sind schon alle abgesucht.

Innerhalb der Buchmalereien versuche ich zu der Reduktion zurückzukehren, die mir von 5 und 6 Tagen gelang. Das fällt mir nicht leicht. Ich arbeite zu lange an einem Motiv.

Das 11. Relief ist sehr reich, kleinteilig und besitzt keine freien Flächen. Deswegen geht die Malerei schleppend voran. Jede Scherbe besteht aus bis zu 100 Splittern. Sie alle werden gesondert und aufmerksam behandelt. So entwickeln sich die Farbklänge der Scherben, die sich zu der ganzen Komposition zusammensetzen. Beim Versuch, ein Farbleuchten auf den Splitterinseln zu erzeugen, erinnere ich mich an die Arbeit vor 40 Jahren.

Zwischen den Steinen, die mein Gärtchen begrenzen, finden Wildbienen Unterschlupf. Wie Blattschneiderameisen tragen sie Blattstücke in ihre Bauten.

Die Mauersegler haben sich schon auf die Rückreise gemacht.

Abschwächung

Wieder Reliefmalerei Nummer 11. Die Nummer 10, deren Abguss etwas fehlerhaft war, habe ich weiß grundiert und die Fehlstellen mit der Grundierung etwas zugestrichen.

Die steten Fragestellungen innerhalb der Malerei langweilen mich manchmal. Die Kriterien von Gleichgewicht, Spannung und Vermeidung von Dekorativem, interessieren mich nicht mehr so brennend. Die Freude an der Lasurmalerei meiner Jugend, kommt nur abgeschwächt zurück.

Vielleicht sollte ich eine Pause machen.

Jetzt aber, trotz dieser Flaute weiterzumachen, könnte dahin führen, wieder etwas Neues zu entdecken. In dieser Hoffnung mache ich immer wieder weiter!

Die Sorge, dass ich für die nächsten Monate zu viele Projekte auf die Schiene gesetzt habe, könnte sich als nichtig erweisen, wenn mich die Abwechslung zwischen den verschiedenen Themen wach hält und sie sich einander ergänzen.

Dunkle Fläche

Innerhalb der Reliefmalerei gestern begann ich manche Vorgänge zu verkürzen. So trug ich beispielsweise die erste Schellackschicht mit einer Schaumgummiwalze auf. Dadurch entsteht eine fleckigere Struktur, wodurch die klar gezeichneten Linien an Präsenz verlieren.

Diese Tafel, die ich nun bearbeite, hat die Nummer 11 und sitzt in der oberen rechten Ecke des Gesamtformates. Es handelt sich um eine ganz dunkle Fläche mit nur einem kleinen hellen Punkt. Die Möglichkeiten malerisch zu agieren vermehren sich dadurch zunächst. Ich könnte die konzeptionelle Form der derzeitigen Buchmalereien, die heute allerdings schon wieder aufgeweicht wurde; dort auftreten lassen.

So arbeitete ich gestern bis in den Abend und kümmerte mich danach noch um die Gärtchen. Es ist die Zeit, in der alles, so es mit genügend Wasser versorgt ist, wuchert. Irgendwann, vor ein paar Jahren, schnitt ich eine Nische in einen großen Strauch eines Buschwindröschens, in die ich einen Stuhl stellte. Regelmäßig wächst sie etwas zu, und ich muss sie dann wieder freischneiden. Das Material zerkleinere ich mit der Gartenschere, wodurch es sich gut zum Kompostieren eignet. Danach kann man es in den Boden einarbeiten, der ja auf dem Beton knapp ist.

Stare | Maschinen | Konzeptmalerei

Eine kleine Schar aufmerksamer Stare besuchte in meinem Gärtchen den alten Waschzuber, um zwischen den Seerosen zu trinken.

Im Kunstverein sahen wir die Ausstellung „Empathische Systeme“. Die Strandbeests von dem Holländer Theo Jansen durfte man sogar bewegen. Es sind außerordentlich stabile Konstruktionen, die da vom Wind in Bewegung gesetzt werden, wie laufende Tiere.

Die Frage von Takayuki Todo, ob man emotionale Beziehungen zu Maschinen haben kann, beantwortet sich in der Begegnung mit einer humanoiden Konstruktion, die scheinbar mitfühlend auf unseren Blick reagiert. Schnell ist die Erkenntnis, dass es sich um eine Maschine handelt, unwichtig. Der Wunsch nach einer Verbindung tritt in den Vordergrund.

Yves Netzhammer überzeugte mich insbesondere mit seinen Zeichnungen, die er ausschließlich am Computer herstellt.

Die reduzierten Buchmalereien, die sich in eine konzeptionelle Richtung entwickeln, habe ich fortgeführt. Durch ihre Verbindung zu der Bemalung der Reliefs, gerate ich nun in den Zwiespalt, dieses erste vollständige Exemplar des Väterdoppelportraits, im begonnen Stil zu Ende zu malen, oder Einflüsse der neuen Arbeiten zuzulassen.

Das Konzeptionelle

Während der morgendlichen Buchmalerei verschaffte sich das Konzeptionelle einen Raum, dessen Ausweitung mich in neue Gefilde führen könnte. Dabei tritt das Dekorative, dem schnell eine zu große Rolle zukommt, mehr in den Hintergrund.

Das Konzept entsteht während der Arbeit. In der Collage oben, schiebt sich der dunkle Schweif eines kristallinen Meteors vor einen der Planeten des Scherbengerichts. Normalerweise hätte ich an dieser Stelle weitergearbeitet. Heute aber glaubte ich, das die Gesten der Frottage, des Handballenstempels und seinen Verwischungen schon genügten.

Das Konzept schwebte vage (der schönste Zustand des Arbeitens) und gewann erst durch das Schreiben Boden unter den Füßen.

Gestern stellte ich Pappmache her und formte das 10. Relief noch einmal ab, weil das vorangegangene Exemplar zu fehlerhaft war. Bei den derzeit herrschenden Temperaturen wird es wahrscheinlich schnell trocknen. Dann grundiere ich es mit kreisenden Bewegungen, die sich in den Graphitschraffuren abbilden werden. Dann beginnt die Malerei erneut.

Leuchten

Kein Gedanke an die Reliefs bei den Buchmalereien an diesem Morgen. Gestern aber arbeitete ich daran und komme langsam voran. Es kommt mir langsam vor, geht aber viel schneller als das Modellieren. Manchmal beginnt ein Leuchten.

Am Zeichentisch sank die Temperatur auf 30°C, nachdem ich das Rolltor und die Stahltür geöffnet hatte. Der leichte Luftzug streift die Stille über den Bildern.

Am Morgen setzte ich wieder das Gärtchen, das einen kühlen Korridor zwischen den Betonflächen und dem Atelier bildet, unter Wasser, was den lindernden Effekt verstärkt. Die zehn Meter Dschungel breiten sich zunehmend verflochten aus, spenden auch Sichtschatten.

Es wimmelt von Insekten in meinem Reich, von denen ich nie hörte und sah. Scheu sitzen die Ringeltauben am Rand des Geschehens und warten darauf, sich ungestört auf den oberen gerundeten Wulst der Zinkwanne zu setzen, um zwischen dem Lotus zu nippen.

Dschungelartig

Während der Buchmalereien denke ich schon an die Bemalung der Reliefs. Die einzelnen Splitter bekommen durchscheinende Farbklänge und jeder seine eigene Aufmerksamkeit. Das bezieht sich immer stärker auf die Buchmalereien, die sich ja mit denselben Strukturen befassen.

An den Wasserstellen in meinem Gärtchen herrscht viel Betrieb. Dort treffen sich Meisen, Spatzen und Gartenrotschwänzchen zum Baden, Ringeltauben und viele verschiedene Insekten zum Trinken.

Die jungen Eidechsen zeigen sich nun auch und sind sehr scheu und sehr schnell, damit sie von den Alten nicht gefressen werden.

Am Morgen stelle ich einen Wassernebel an verschiedene Stellen zwischen die Pflanzen, die sich dschungelartig verflechten.

Die Orientalinnen drehen draußen ihre Fahrradstundenrunden. Es ist heiß, und das ist anstrengend.

Gewaltdarstellung

Die Väterarbeit sollte ich mal Hans Zitko zeigen, der sich mit der Darstellung von Gewalt beschäftigt. Mir selbst ist es so, als hätte ich die Scherbengerichte in einen Prozess überführt, in dem sie umgedeutet werden können.

Ein Zeichen für diesen Vorgang, ist die Verwandlung der Splitter in eigene kleine, polierte Steine und die der Scherben in klingende Mosaiken.

Die Zeichen der Gewalt, die Rohrgeflechte, die sich in Gravitationsschwünge gewandelt haben, bilden die Struktur einer Loslösung durch Fliehkräfte.

Malereischichten

Die Collage ist heute aus einigen Schichten der letzten Tage zusammengesetzt. Weil ich unterwegs war, gingen die Buchmalereien von Vorgestern nicht auf eine Frottage einer Reliefform zurück, sondern auf Gravitationsschwünge, deren Schnittpunkte ich mit Linien verband. Die so entstandenen Flächen habe ich teilweise ausgeschnitten, um Durchblicke zu ermöglichen. Viele Versuche, die Malereien zu kombinieren verwarf ich. Probierte viel herum.

Die Orientalinnen lernen draußen in der Sonne das Radfahren. Alexander wartet auf eine Rechnung von mir und das Architekturmuseum auf eine Projektkonzeption. Aber immer drängen sich die Malereien, sowohl die in den Büchern, als auch die auf den Reliefs in der Vordergrund. Beide Formen der malerischen Auseinandersetzung gehen immer deutlicher Hand in Hand.

Das neunte Relief ist nun auch mit einer Schellackschicht untermalt. Heute Nachmittag beginne ich mit den anderen Farben.

Maß und Temperatur

Im Begriffsstudio las ich „am Strahl verflattert und versungen“. Das klingt nach „Tangled Up In Blue“.

Gestern malte ich am 9. Relief mit Preußischblau und Graphit. Heute weiter mit Schellack und dann kommen die Farben. Das geht alles sehr schnell, was mich immer noch erstaunt.

Ausgangspunkt für die heutigen Buchmalereien war eine Frottage aus dem Zentrum des Reliefs Nummer 8, die ich mit einem cadmiumgelben Stift machte. Die Linien blieben sehr verschwommen, weswegen ich sie mit den Farben und den Umrissen aus meinem Gefühl für Maß und Temperatur konkretisierte. Die folgenden zwei Formate entstanden mit der Handballendrucktechnik, mit der die Elemente hin und her wandern und mit der Hautstruktur angereichert werden. Mit ihr transportierte ich dann auch die gefundenen Formen zurück in die erste Malerei. Ich verwischte und sprang mit den Farbstiften und den Augen herum.

Immer mal haben ich dabei schon die Collage vor Augen, die dann folgt und nun oben zu sehen ist.

Kristallines Grün

Am Altkönig fand ich gestern einen Stein mit vielen Bergkristalleinschlüssen. Das passiert manchmal, wenn ich querwaldein gehe, wie gestern beim Abstieg. Ich erweiterte meine wöchentliche Wanderung, weil mir das Gehen und die Landschaft so gut taten. Dabei folgte ich der Ausstülpung der alten Keltenmauer, die hangabwärts nach Süden eine Quelle einschloss, die heute noch fließen soll. Gestern fand ich keinen Wasserlauf. Vielleicht werde ich aber im Winter fündig.

Im Gärtchen wusch ich den Stein und stellte ihn zu den anderen, auf denen sich platt die Mauereidechsen sonnen. Er sticht glänzend heraus.

Die Kristalle des Steines scheinen auch in die Frottagen und Collagen vorzudringen und einige herausgeschnittene Flächen lassen mich in eine banale Farbigkeit durchblicken. Das lasse ich zu, manchmal aus Bequemlichkeit oder aus der Erwartung des veränderten Rückblicks darauf, in ein paar Jahren.

Ich pflücke Rucola aus meinen Pflanzkästen und kaue darauf herum, um meine Geschmacksfähigkeit zu spüren. Das hilft mir, in der Malerei ein schärferes Grün zu finden, das geruchlos ist. Die Schärfe schmeckt eher kristallin. Ein kaltes, dunkles PHTHALOGRÜN folgt daraus. Verwässert, gefriert es gar.

Am Nachmittag:

MALEREI

Metallzungen | Begriffsstudio

An diesem Morgen geht es bunt im Atelier zu. Die Buchmalereien finden zu einer übermütigen Farbigkeit. Auch auf den Reliefs nehmen satte Töne zu. Das alles geschieht aber dort mit Lasuren, die die Farben darunter einbinden und nicht abdecken.

Natürlich geht es nun mit der Malerei schneller voran, als es beim Modellieren der Fall war. Dass ich aber auch in dieser neuen Phase zu einer ruhigen Kontinuität kommen kann, wie in der vorangegangenen Zeit, scheint realistisch zu sein. Dennoch ängstigt es etwas, wenn ich daran denke, dass ich in den nächsten Jahren so lange damit beschäftigt sein werde. Ich frage mich ob es mich wirklich so lange interessieren wird.

Auf dem Weg in Atelier finde ich manchmal Metallzungen der rotierenden Kehrmaschinenbürsten. Sie bestehen aus vibrierendem Stahl, den ich mit Federn oder Gewichten bestückt in Holzspalten meines Gesträuchs stecken kann. Dort schwingen sie dann in verschiedenen Rhythmen im Wind.

Eine Entdeckung und ein Vergnügen für mich ist das Begriffsstudio von Monika Rinck. Gestern erstmalig gesehen…

Zusammenwirken unterschiedlicher Techniken

Im Sinne der gestern formulierten Malweise arbeitete ich weiter und stellte fest, dass sich dieses vorsichtige Herangehen erst einmal bewährt und ausbaubar bleibt. Wenn ich das Konzept aber wieder zurück in die Erstellung der Buchmalereien bringe, kommt es leicht zu einem Rückschritt.

Die verschiedenen Arbeitsweisen lassen sich natürlich mit den unterschiedlichen Materialien nicht direkt übernehmen. Die Vervielfältigung einer Linie oder Fläche mit dem feuchten Handballen, lässt sich nicht auf die Malerei mit Graphit, Schellack und Ölfarben übertragen. Aber wenn dieser Vorgang wichtig ist, muss ich eine Möglichkeit finden, ihn zu verändern, um ihn für diese Maltechnik anzupassen.

Die variantenreiche Vervielfältigung von Splitterformen kommt auch in den Transparentpierrollen vor, ist dort entstanden.

Das zweite Reliefformat habe ich nun viel disziplinierter angelegt, so dass sich eine Entwicklung und Veränderung zwischen den beiden zeigt. Auch das ist in seinem Zusammenwirken produktiv und spannungsvoll.

Malerei | Scherbengerichte | Rammstein

Auch am Wochenende habe ich weitergemalt. Noch fühlt es sich nicht an, wie Arbeit. Die farbigen Frottagen wachsen schon in eine Phase hinein, die den Spassparcour verlässt. Das „Wachstum“ der kleinsten Teile dieser Arbeit, kann auch schmerzlich werden, wie in einem ernsten Spiel.

Innerhalb der Malerei des Väterprojektes, tendiere ich derzeit zu einer vorsichtigen Behandlung der Splitter, die sie wie Edelsteine aussehen lassen soll. Vor dem Format sitzend wende ich mich diesen kleinen Erhebungen einzeln zu, als benötigten sie für ihre Entwicklung eine ähnliche Arbeitsweise, wie ich sie bei den 4 Scherbengerichten vor zwei Jahren angewandt habe. Da zeichnete ich jede Scherbe einzeln auf einen Transparentpapierbogen, umgab ihren Umriss mit Schellack und mit einem Tuschering. So entstanden etwa 600 Blätter.

Auf einer Sachsenhäuser Terrasse beobachteten wir am vergangenen Sonntag eine entfernte Lichtinstallation, die unter Beteiligung eines donnernden Sounds die Wolken von unten beleuchtete und wie ein heraufziehendes Gewitter wirkte. Auf dem Heimweg teilten wir uns die S-Bahn mit tausenden Rammsteinfans, die vom Waldstadion nach Hause strömten. Das nahm ich zum Anlass, mich mit der Band zu beschäftigen. Dabei konnte ich feststellen, wie sich die martialisch-faschistoide Inszenierung mit einer linken Haltung verbindet. Dieses Phänomen ist ja nicht neu. Innerhalb der Bühnenshow werden die untersten Register menschlicher Instinkte gezogen. Mit dieser Masche füllen sie Stadien in der ganzen Welt, diese Ossis.

Schlendern

Manchmal genügt es mir einen Songanfang im Kopf zu haben, der dann mit mir durch die ganze Stadt geht, über die Alleen und sogar durch die Gespräche hindurch. Die Rätsel die sich in den Worten finden, halten die Spannung über einen langen Zeitraum:

Where the winds hit heavy on the borderline“.

Ich schlenderte vom Arzt nach Hause und traf auf dem Wochenmarkt den Sänger der Double Dylans, dem ich vom Stuttgarter Konzert erzählte, traf vorher einen Mann der Kisten mit Erde aufstellte, damit die Leute in den Häusern, draußen auf dem Grünstreifen der Allee, Gärten haben können. Die ganze Zeit aber klingt es in meinem Kopf.

In den Start meiner Tagebucharbeit platzte heute eine Stadtführung. Sie fragten freundlich, ob sie mal reinschauen könnten. Ich erklärte ihnen, nun schon routiniert, das Väterprojekt und entließ sie dann wieder.

Nun konnte ich beginnen, meine Arbeit zu machen.

Girl From The North Country

If you travelling to the north country, fair“, diesen Songanfang und die Zeilen, die auf ihn folgen, singe ich schon viele Tage vor mich hin. Und auf dem Stuttgarter Schlossplatz sang gestern diese Zeile und den ganzen dazugehörigen Song Bob Dylan selbst. Er spielte viele große Songs seines Lebens in einer gut gelaunten Art, manchmal gar mit einem Lächeln im Gesicht. Aber dieses „Girl From The Northcountry“ hat mich in seiner leisen, gefühlvollen Art sehr tief berührt. Er zeigte viel mehr Emotion als in den Konzerten, die ich zuvor sah und war seinem Publikum zugetan. Es spielte ein erlöster Mensch, entfernt von den Kraftanstrengungen der Kämpfe.

Architektur an ihren Rändern

Architektur an ihren Rändern. Das Thema ist einzufassen, d.h. zu begrenzen.

Inhalte und Werkzeuge liegen nahe beieinander. So kann die Extrusion inhaltlich im Vordergrund erscheinen, aber verschiedene Themenfelder mit einschließen. Die Grundrisse oder Areale, die für das Wachsen einer extrudierten Form notwendig sind, können unterschiedlichen Arbeitsvorgängen entspringen. Die Flächen können aus den Scherben des Väterprojektes entstehen, oder aus verschiedenen umwanderten Stadtquartieren in Frankfurt und in Berlin. Und was dann das zentrale zu bearbeitende Thema sein wird, entwickelt sich aus der Arbeit.

Auch bei den musikalischen Impulsen, die in bildgebenden Programmen zu Räumen werden, scheint der Zusammenhang zwischen Sound und Form das entscheidende, zu erforschende Element zu sein. Auch die Idee, eine Skulptur abzutasten und in Sound zu übersetzen, kann eine Rolle spielen. Und der Klang einer Landschaft wird ein architektonisches Konzept begründen. Die musikalischen Häuser sind schon im Landmarkenprojekt aufgetreten.

Der Zusammenhang von Tanz und Architektur ist nicht neu, wurde schon häufiger aufgegriffen, auch hier in meinem Atelier. Das könnte durch die Zusammenarbeit mit Choreografie gefestigt werden. In „Motion Bank“, einem Forschungsprojekt der Forsythe Company, gab es Ansätze dafür, die aber in Hinsicht auf eine Notation von Tanz entwickelt worden sind. Auch Olafur Eliasson arbeitet mit Bewegung und Körpermaß.

Erzählungen der Motive

Das Ende der Modellierarbeit markiert immer noch eine Zäsur, die den alsbaldigen Neuanfang mit der Malerei hinausschiebt. Zwar ist die erste Tafel schon bemalt und die zweite begonnen, aber das ist noch weit entfernt von einer Kontinuität, auf die es nun wieder ankommt. Pappmacheausformung, Grundierung, Malerei – parallel dazu Ausformung des nächsten Reliefs, Grundierung …

Manchmal kristallisieren sich einzelne Formen aus den Frottagen der Buchmalereien heraus, die alleingestellt oder in einer ruhigeren Umgebung, ihre eigene Geschichte erzählen und so eine intensive Wirkung entfalten können. Eine Zickzacklinie, eine Raute oder ein fliegendes Dreieck.

Gestern Nachmittag hatte ich Besuch von Franz, der einfach mal zum Austausch gekommen ist. Wie sprachen über den Einfluss seiner Ausstellung auf die Weiterarbeit. Und das sieht bei uns grundverschieden aus. Während er seinen Kopf freibekommen will, um dann wieder neu anzufangen, arbeite ich eher mit der Nachwirkung eines Ausstellungserlebnisses. Besonders die Zeichnungen erfuhren durch die Umgebung eine Verstärkung der Wirkung ihrer Erzählungen. Die Malereimotive konnte man, in der Mitte des Raumes stehend, miteinander interagieren lassen.

Heute Besuch von den Kollegen des DAM.

Rundere Figurationen | abwesendes Gewölbe | Passionsspiele

Wenn ich einen Abdruck der Linien oder geschlossenen Formen mit meinem feuchten Handballen auf eine andere Buchmalerei übertrage, werden die geraden Striche manchmal gebogen. Durch den Körpereinsatz, die Bewegung der Haut, entstehen weichere und rundere Figurationen.

Am Sonntag sah ich im Spessart eine Kirchenruine romanischen Ursprungs. Der Ansatz einer Gewölberippe, in späterer Zeit hinzugesetzt, lässt vor Augen entstehen, wie die verfallene Vorhalle ausgesehen haben muss. Ein Fragment deckt die vollständige Raumform auf.

Ein Landstrich, der sich stolz seiner „Helden“ der Gegenreformation erinnert, strahlt bis heute diesen starken Katholizismus aus. Ich erinnere mich an einen Prozessionszug von Männern, vor Jahren, auf einer Straße eines Dorfes dieser Gegend, die mit hölzernen Klappern, die im Gleichschritt, immer wieder, in steter Wiederholung, chorisch: „Das ist das Ave Maria, Maria“ vor sich hin murmelten. Eine mittelalterlich anmutende Situation.

Auch Passionsspiele gibt es dort!

Fremdes Wetter

Der Himmel sieht manchmal bedrohlich aus, die Wolken dunkel und groß. Dann ist er gleich wieder glasklar. Aber der Wind kündigt etwas anderes an – fremdes Wetter!

Und manchmal höre ich sonntags die wenigen Zuschauer am Rand eines Fußballspieles schreien. Sie feuern ihre Spieler persönlich an. Das klingt rührend und ich muss jedes Mal schmunzeln.

Es ist noch früh am Nachmittag, aber ich habe die Gärtchen schon gewässert, auch das des Nachbarn. Er hat mich nicht ausdrücklich darum gebeten. Ich mache es trotzdem.

Gestern fand ich eine zertretene Mauereidechse. Ich habe sie aufgehoben und lasse sie nun trocknen. Dann mache ich ein Objekt damit.

Am Abend war Carola hier im Gärtchen. Wir sprachen unter anderem über die Texte von Judith Schalansky und versuchten zu ergründen, wie sie dazu kam, Erzählungen und Betrachtungen so verschiedener Machart in dem Band „Verzeichnis einiger Verlust“ zusammenzufügen und vor allem zu schreiben.

Franz | 14. Relief | Wiese

In einem Kunstraum in der Schulstraße in Sachsenhausen hatte Franz Konter gestern eine Ausstellungseröffnung. Die Formate, die ich zum größten Teil kannte, erschließen sich so großzügig gehängt, in ihrem Zusammenhang besser. Sie sind aber auch gefordert, müssen den Raum dominieren und beharrlich gegen ihn ankommen. Das tun sie – und am nachhaltigsten die Zeichnungen, wie ich finde.

Das erste Exemplar des 14. Reliefs, grundierte ich gestern und legte es zwischen zwei Gipsplatten zum Trocknen. Heute kann ich beginnen, die Graphitschicht aufzutragen, danach eine Schicht Schellack und dann beginnt die eigentliche Malerei, auf die ich mich schon freue. Die Figurationen, die ich oben einfügte, stammen von einer Frottage dieser 14. Form. Ich stelle fest, dass diese Muster ihr Eigenleben entwickeln und wichtiger werden, wenn ich die Thematik des Ganzen zusammengesetzten Doppelportraits suche.

Diese zwei ersten Formate, die ich ernsthaft „patiniere“, bilden einen Teil des Kinns und der Wange der Halbprofildarstellung.

Gestern forderte ich die Veranstalter des Musik- und Sportfestivals auf, sich ernsthaft um die geschundene Wiese zu kümmern, wie sie es versprochen hatten. Sie ist die ganze Woche nicht gewässert worden. Auch Grassamen und Erde wurden bisher nicht ausgestreut.

Lichtflecken | Herakles 2 oder die Hydra | Margeriten

Öfter kommen mir die Buchmalereien zu empfindlich vor, um die zu zerschneiden und in die Collagen des Arbeitstagebuchs einzufügen. Aber ich mache das, um Fenster in die gestrige Arbeit offen zu halten. So treffen sich fragwürdige Vorgehensweise von digitalen Übergängen und Schnitten in einem Format, die gleichzeitig die Suche nach einer Form der Reliefbemalung dokumentieren.

Gestern spürte ich unter einer Platane auf dem Gustavsburgplatz die Malerei von Max Liebermann auf meinem Körper. Lichtflecken drangen mit ihrer Wärme in meinen Körper ein. Die Situation wurde vom Wind, der die Blätter stetig bewegte, in einem gleichförmigen Muster stets geändert. Ich saß auf einem Rohrstuhl, dem ein Fuß fehlte. So benötigte die Lehne Halt am hellfleckigen Stamm des Baumes, den ich in meinem Rücken spürte. Das summende Pumpen von Wasser und Luft. Ich las auf meinem Smartphone Heiner Müllers „Herakles 2 oder die Hydra“ und dachte: „So schön kann der Sommer sein“.

Die Wiese, die von Bendfestival zertrampelt wurde, wird nun nicht mehr gewässert und anderweitig wieder instand gesetzt. An einer handtellergroßen Stelle gieße ich ein Büschel Margeriten, die auch abrasiert und zertreten worden sind, dass sie vielleicht in diesem Jahr noch mal blühen.

Nun sind alle Pappmachreliefs nummeriert und ich weiß, welche der zuletzt gegossenen Formen noch abgeformt werden müssen. Die Malerei macht auch Fortschritte.

Bewegung | Modedesign | Architektur

Ein Tag, ganz frei für die Arbeit!

Gestern begann ich, die bereits abgeformten Reliefs zu sichten und sie der Reihe nach zu ordnen. Und immer mal kann ich zwischendurch an der Malerei weiter arbeiten. Der Gedanke, dass ich die skulpturalen Werte der Reliefs einfach nur patiniere, hilft mir dabei, diesen Arbeitsgang inhaltlich losgelöst, leichter anzugehen. Außerdem macht es viel Spaß, der malerischen Erinnerung an die Anfänge in Dresden zu folgen.

Franziska Fandrich vom Dezernat besuchte mich gestern im Atelier. Ich stellte ihr meine Projekte vor und sprach darüber, wie ich mir die Weiterarbeit an „you&eye“ vorstelle. Kooperationen schweben mir vor zwischen Bewegung, Musik und Architektur und zwischen Modedesign und Skulptur.

Der Pappelstamm, der nun für die Bearbeitung des „Müttermaltels trocken genug zu sein scheint, ist stets unter meiner Beobachtung. Gestern entstand im Rechner erneut eine Extrusion. Ich übe das und nehme die Beschränkungen der Sharware in Kauf, um die Grundrisse, aus denen die Skulpturen wachsen, einfach zu halten. Das ist mindestens so spannend, wie die Malerei.

Relief Nummer 13 | Zappa | Potsdamer Platz

Beim Fortführen der Bemalung des Reliefs mit der Nummer 13, stritt ich zunächst mit einem Chromgelb gegen dieses preußische Blau. Die Übertreibungen, die mir dabei unterliefen, die ebenso in eine Langeweile münden können, milderte ich mit Rottönen ab. Ihre Vorwärtsbewegung führte zu einem Eigenleben, das die Spannung aufbauen kann, die notwendig wird, um die Reliefs in ihrem Zusammenklang zu erweitern.

In den heutigen Buchmalereien verarbeitete ich eine Frottage, die von einem Liniengeflecht der 13. Form stammt, mit der ich das Relief abgeformt habe, das ich derzeit bemale. Beide Malereivorgänge habe ich oben gegenübergestellt. Ich hoffe, dass es dazu kommt, dass diese Arbeitsweisen näher zueinander finden.

An diesem kühlen Morgen höre ich Gitarrensoli von Frank Zappa. Sie stehen mit ihrer metallischen Stofflichkeit jenseits der späteren Arbeit mit dem Ensemble Modern am „Yellow Shark“, was ich mir immer wieder anhören kann.

Wegen eines Nachmittagstermins, bin ich gestern nicht mehr zur weiteren Beschäftigung mit der Extrusion gekommen. Demnächst möchte ich den Umriss des Potsdamer Platzes laufen und mit einem GPS-Gerät aufzeichnen. Welche andere Frankfurter Fläche ich ihm entgegensetze, um beide mit einer ineinander laufenden Architektur zu verbinden, was extrudierend passiert, muss sich noch erweisen.

Karussell

Beim Anlegen des neuen Ordners für die Julidatei des Arbeitstagebuches las ich, womit ich mich am Anfang des vergangenen Monats beschäftigt habe und bin erstaunt, wie weit das von dem entfernt ist, was ich gerade mache. Der kontinuierliche Fluss des Nachdenkens über die Arbeit, lässt die Veränderungen der Perspektiven von Tag zu Tag nur sanft erscheinen. Schaue ich weiter zurück, so ändert sich das Bild abrupt.

Durch den Beginn der Malerei, bin ich nun von den architektonischen Überlegungen ganz abgekommen. Das ist schade, und ich würde es gerne wieder beleben. Ab und zu habe ich schon Extrusionen probiert und mich damit wieder etwas in die digitale Bildhauerei eingearbeitet. Wenn ich das neben der Malerei weiter betreibe, kann ich auch die anderen Themen weiter entwickeln. Zumal ich mich mit der Malerei etwas quäle!

Gestern saß ich in der Hitze des Tages auf einem meiner Gartensessel und sah, wie eine Eidechse auf einem Speichenrad, das ich, damit es sich im Wind dreht, waagerecht aufgehängt habe, Karussell fuhr. Manchmal begeben sie sich im Jagdfieber in Situationen, aus denen sie nur schwer wieder herausfinden.

Zum Abschuss bereit

Preußischblau hat einen banalen Anklang. Das ist eine laute Farbe, die gleichzeitig wenig erzählt, so strahlend geheimnislos auftritt, zum Abschuss bereit. Ich ziele mit Gelbtönen, Orange und Rosa, was dieses Strahlen etwas dimmt.

Aber, um einen richtigen Farbkampf entbrennen zu lassen, muss ich diese Überlegungen vergessen. Und dann kommen doch wieder Erzählinhalte hinzu, von denen ich mich mit den Tanglingblue entfernen wollte.

Es ist Sonntag. Am Morgen beschäftigte ich mich wieder etwas mit dem Spitital und mit Ladakh. Die Bilder an den Klosterwänden haben einen westlicheren Buchmalereianklang. Man erkennt griechische und vorislamisch-persische Einflüsse. Die Berggottheiten, die sich mit dem Buddhismus verbanden, sind wild und fremd. Sie sind zumeist als Tonfiguren geformt und sehr farbig bemalt. Viele Altäre bieten Arsenale hinduistischer Anklänge und schamanistischer Einflüsse.

Lisbeth Gruwez

In der vergangenen Woche sah ich einen Tanzabend im Mousonturm, der mir spontan sehr gefallen hatte. Lisbeth Gruwez, eine Tänzerin und Choreografin aus der belgischen Theatertradition, zeigte das Stück „Ist going worse and worse and worse, my friend“. Gesten und Tanzhaltungen entsprachen Wortfetzen, die wiederholt und unterschiedlich aneinandergereiht wurden. Jedes Wort, wird mit der entstehenden Geste langsam erfunden, dann aber auch wieder zerstört oder aufgefressen. Diese Worte entstammten einer Rede des ultrakonservativen amerikanischen Fernsehpredigers Jimmy Swaggart. Gruwez zeigt, wie die Worte langsam Besitz von ihren Zuhörern ergreifen. Das Ganze geht mit einer Musik zusammen, die sich vom Tanz ernährt aber ihn auch bestimmt. Ein Geben und Nehmen also.

Jetzt, ein paar Tage später hat sich meine Begeisterung etwas relativiert, weil die Langzeitwirkung des Abends etwas kürzer ausgefallen ist, als ich mir es dachte.

Gestern habe ich an der Malerei auf einem der Reliefs weiter gearbeitet. Preußisch Blau trug ich auf die Schwünge und dunklen Rasterflächen auf. Die nächste Schicht changiert vielleicht zwischen Rosa und Orange.

Tanglingblue

Ein paar Tage schwebte mir ein „Tanglingblue“ vor um etwas von den alten Geschichten des Väterprojektes auszuruhen. Vergessen und ein wenig wandern in der Gegenwart, wegen mir die Umrisse der Scherben aus den Scherbengerichten nachgehend in der Stadt, Rad schlagend mit der verkrümmten Wirbelsäule.

Gestern fotografierte ich eine fünfzehn Meter hohe, unwirklich rote Backsteinwand vor einem intensiven Blau des hohen Himmels.

Die Farbigkeiten des Schellacks und des Graphits sind wie eine Zwangsjacke. Wenn ich sie los bin, sind die Arme immer noch am Oberkörper eng angelegt. Dabei sind die Buchmalereien ja schon Befreiungsschläge.

Im Gärtchen schnitt ich den ärmlichen Holunder zurück, der viel mehr Erde brauchte. Ich habe aber nur die, die auf den Beton aufgeschüttet ist – so muss er klein bleiben, bis ich wieder etwas mehr Erde besorgt habe und sie ihm zu Füßen lege.

Fluchtareale

Weil die Tage so warm sind und mich die Nachwehen des Blend – Festivals ablenken, gelingen mir derzeit nur die Tätigkeiten rund um das Arbeitstagebuch und dessen bescheidene Weiterentwicklungen.

Aus den Frottagen entstehen ja zumeist durchaus stimmungsgeladene Malereien, die manchmal auch mit dem Inhalt der Texte zutun haben. So ist es jedenfalls derzeit.

Draußen vor dem Atelier steht auf der Fläche, wo zuvor unsere Wiese war, ein Laster mit Anhänger. An seiner Seite wühlt sich ein Gabelstapler durch die übrig gebliebene Erde, um die Zaunfelder des Ereignisses, wofür das Tevesgelände vermietet worden ist, aufzuladen. Wo nun eigentlich die Blüten der Kräuter die seltener werdenden Insekten anziehen sollten, liegt ein staubiges Brachfeld.

Die Gewalt eines rollenden Festivals, walzt auch die Bedenken von Ökoexperten nieder, die der Stadtnatur schützend beistehen wollten. Wäre die Wiese abgedeckt worden, wie es Andreas Malten in seinem Gutachten als notwendig bezeichnete, würden nun die jungen Mauereidechsen Fluchtareale und Verstecke finden, die sie außerhalb der Brutzonen benötigen, um die ersten Wochen ihres Lebens zu überstehen.

Plünderung

Die Verwüstungen der Veranstaltung, die für dieses Gelände überflüssig und schädlich gewesen ist, werden nun langsam beseitigt. Gänzlich beseitigt ist auch der Charakter der Wiese, die ich seit 15 Jahren vorsichtig entstehen ließ und gepflegt habe. Eine der neuen, gerade geschlüpften Mauereidechsen flüchtete sich schon in mein Atelier, weil die Fluchtflächen und Verstecke auf der Wiese nun fehlen. Dort schaut nun wieder der Schotter hervor, wie vor vielen Jahren. Ein Sinnbild für das gesamte, von wem auch immer vermietete und geplünderte Gelände, demütigend für alle, die sich um eine stetige, kontinuierliche und nachhaltige Entwicklung der Fläche kümmerten.

In den letzten Tagen traten Zeichen wie von Steinmetzen in die Buchmalereien ein. An weitere Konzentration, an die Fortführung der Väter-Arbeit war wegen der Beeinträchtigungen nicht zu denken.

Und die Konsolidierung des Geländes zieht sich hin. Wochenlange Vorbereitungen und nun die Aufräumarbeiten…

Labyrinth

Auf Rolle 6 probierte ich einige Strukturen, von denen Ich noch nicht wissen kann, wohin sie mich führen werden. Jedenfalls helfen sie mir, trotz des Festivalaufbaus in eine Konzentration zu kommen. Sie führt nach innen.

Wenn ich mir meine Erinnerungen als Räume mit Türen vorstelle, von denen aus ich weitere Erinnerungsräume betreten kann, entsteht die labyrinthartige Architektur, aus der ich nur mit dem Ariadnefaden, der in der Gegenwart festgebunden ist, wieder herausfinde.

Meine Eidechsen sammeln sich alle auf der Fläche meines kleinen Gärtchens. Die anderen Außenflächen sind belegt von den vielen Menschen und Materialien, den Bühnen, den Aufbauten und den Getränkestapeln, die die Grundfinanzierung des Events bilden werden. Schon jetzt liegen überall ausgetrunkene Schnapsflaschen, leere Drogentütchen und Jointreste herum.

Die benachbarte Ausbildungswerkstatt ist mit großen Holzwänden zugestellt. Die Lehrlinge sitzen im Dunkeln. Alle Arbeiten, die wir unternehmen, sind in Mitleidenschaft gezogen.