unCaged

Scharf zeichnen sich die Spieglungen meiner Hände im finsteren Fenster. Die Linke hält das linke Blatt der aufgeschlagenen weißen Doppelseite des Tagebuches. Krishnababy hält mit seinem Gewicht einen Aufsatz mit dem Titel „John Cage und die zehntausend Dinge“ offen, in dem die Beziehung der Kompositionsarbeit zu fernöstlicher Meditationspraktik umrissen wird. Dabei fällt der Begriff „unCaged“, der meint, dass der Zuhörer nicht eingesperrt, ihm wohl aber zufallsgeschichtliche Klangkonstellationen diktiert werden. Da begegne ich wieder dem sowohl als auch der gestrigen Indienexperten.

Ich erinnere mich an ein unbedeutendes Relief, dessen Komposition ich mit Hilfe von I Ging Konstellationen entwarf.

Den fiktiven Akt des gemeinsamen Sprechens verschiedener Figuren, wie Buckminster Fuller, Mao als Kind und Robert Rauschenberg, spielt Krishnababy mit, indem er auf die eine oder andere Textstelle zeigt. Sie taucht als Ausgangspunkt der Beschäftigungen tagsüber ab und an wieder auf.

Die andere Hand, die sich spiegelt, nimmt die etwas schräge Haltung einer Schreibhand ein. Sie hält den Füller der Firma Waterman Paris und folgt dem Mysterium der Zeichenlinien, die sich systematisch zu einem Sinnzusammenhang finden. Hier erfüllt sich die Raumerschaffung des Leibes, von der Z. am Wochenende sprach geradezu illustrativ.

Gestern saß ich eine ganze Zeit in einem Warteraum mit krebskranken Menschen. Ich hatte dabei das Gefühl, dass ich mich in einer anderen Kultur befinde. Oft sitzen Paare beieinander und sprechen zusammen. Es herrscht eine andere, fast heitere leichtere Konzentration als anderswo, die von vielen Nebensächlichkeiten befreit zu sein scheint.

Ich setzte mich danach in ein kleines Cafe, trank einen Milchkaffee und gönnte mir einen Moment Ruhe. Dann kaufte ich noch etwas Packpapier für den Workshop und hatte das Gefühl von einem Feriennachmittag.