Uraufführung | Luxusdampfer

Hamburg, Hotel Reichshof, Glockenschlag, die summende Stadt, das nette, etwas heruntergekommene Haus, von dessen Rückfrontfenstern der oberen Geschosse das grüne Dach des Schauspielhauses zu sehen ist, in dem wir heute eine Uraufführung von Simons „Carmen Disruption“ in Barbaras Übersetzung sehen werden. Nübling hat inszeniert und alle sind da.

Der Frühstücksraum sieht aus wie der eines Luxusdampfers vor einhundert Jahren. Viele Drechseleien in Tropenholz, viel wild geaderter Marmor. In dem rührenden Prunk passt nichts zueinander, nicht das Lampenballett zu den Balkonen, nicht die Holztäfelungen zu den Bleiglasfenstern. Darum geht es auch nicht.

In der Lobby lag eine „Süddeutsche“ mit einem Interview mit Ai Weiwei. Er wird mir zu sehr nach seinen dissdentischen Denkweisen befragt, zu wenig nach seiner Kunst, die zwar mit ihnen verbunden ist, aber darüber hinausgeht.

Um die Ecke in einem Cafe haben wir Marisa getroffen und hatten dort ein sehr nettes Gespräch zusammen. Es ging um die Mäander, die der Weg eines Buchprojektes nimmt, dass sich mit einer bestimmten Vertreterin der Kostümbildnerei beschäftigt. Sie ist so freundlich und zugewandt, was mir sehr gut getan hat. Zufällig kamen auch Simon und Polly herein.

Auf der Zugfahrt hörte ich zweimal „Time Out of Mind“, lief mit den Ohrstöpseln in den Gängen umher, stand auf den Plattformen zwischen den Waggons, betrachtete die müden Reisenden, ihre Bildschirme und ihre Schlafhaltungen.