Vom Ende einer Geschichte

Im Museum für Angewandte Kunst fand die letzte der siebenunddreißig Premieren dieser Spielzeit statt. Mit kindlichem Stolz erklärte uns der Intendant, dass demnach im Durchschnitt etwa alle 8 Tage eine Premiere raus kam.

Gestern also die Arbeit von unserer Freundin Lily Sykes, die einen Roman von Julian Barnes mit dem Titel „Vom Ende einer Geschichte“ dramatisiert hat. Es geht um die Lebenserinnerungen eines älteren Mannes und darum, wie sehr diese ein Ort von Umdeutungen sind, die wir zur Orientierung in der Gegenwart benötigen.

Dieses Phänomen interessiert mich besonders im Hinblick auf die Rolle, die die jeweiligen Gesellschaften den Zeitzeugen bestimmter wichtiger geschichtlicher Ereignisse zukommen lassen. Oft genug erscheinen sie als Mahner im Zusammenhang von drohenden Wiederholungen bedrohlicher Entwicklungen. Gleichzeitig fungieren sie als das Gewissen und Schuldkompensatoren kultureller Gemeinschaften.

Wir sahen ein Einpersonenstück, facettenreich und sensibel gespielt von Peter Schröder. Virtuos und gleichzeitig zurückhaltend schlüpft er in viele Rollen, spielt sie sehr verinnerlicht und seelenvoll.

Der museale Ort, für den das Stück inszeniert wurde, ist deswegen eine Herausforderung, weil das Farbspiel der Dämmerung in den lichtdurchfluteten Räumen und draußen zwischen den Bäumen so nuanciert ist, wie ein Bühnenlicht nie sein kann. Die Kulisse wird mit einer falschen Gestaltungsgeste sofort zur unechten Pappe und das Spiel leicht zu einem künstlichen Vorgang. Diese Gefahren wurden von Lily und dem Team, besonders aber von Darsteller bravourös umschifft.