Noch einmal sind wir in den Weinbergen am Roten Hang bei Nierstein unterwegs gewesen. Dort beginnt sich nun das Weinlaub zu verfärben. Ein Hochdruckgebiet machte den ganzen Raum warm und blau. Oft waren die Farben unwirklich. Wir versuchten uns in die Landschaftsmaler hinein zu versetzen, die angesichts der ineinander verschachtelten Hänge und Wirtschaftswege zu Kubisten werden müssten.
Auch von der Wasserfläche des Rheines aus wurde man von schräg unten beleuchtet und weiter erwärmt. Die Trauben, von denen viele noch an den Rebstöcken hängen, werden langsam bernsteinfarben. Das gesammelte und konzentrierte Licht des Sommers geht ins Bräunliche und die Süße, die dieser Farbe zugeordnet werden kann scheint die Zeit zu karamelisieren. Viele andere Spaziergänger schwelgten in diesem goldenen Oktober Trauben essend und in die weite des Stromes blickend, wie wir. An den Wegrändern liegen manchmal die verdrehten Reste alten Weinholzes, die an das Holz von bejahrten Olivenbäumen erinnert.
Gleich in der Nähe befindet sich die Autofähre, mit der man ins Hessische Ried von einem unspektakulären Rheinufer aus übersetzen kann. Somit haben wir nun einen einfacheren und kürzeren Autobahnweg in diese Gegend gefunden.
Am kommenden Freitag werden wir für eine kleine Woche ins Mittelmeer verreisen, um einen runden Geburtstag Barbara zu begehen. Ich muss daran denken, wie sich dieser Satz für mich vor vierzig Jahren angehört hätte. Das war noch vor dem Abitur. Alles schien festgefahren und zugenagelt zu sein. Ich war nur mit Widerstand beschäftigt und hatte dabei kaum Hoffnung auf Freiheit. Alle Strategien waren darauf ausgerichtet, das System, in dem ich lebte zu unterlaufen. Reste dieser Haltung sind immer noch im mir zurück geblieben. Im Auto diskutierten wir gestern über meinen Satz, dass Noten in der Schule nicht wichtig seien, und dass man nicht alle Spielregeln einer außer Rand und Band geratenen Eltern- und Lehrerschaft nicht mitmachen muss. Das denke ich mit Blick auf die Sachsenhäuser Bessermenschen – Gesellschaft.